historischen Bautradition, die seit der Stadterweiterung von 1866 und besonders seit Anfang der siebziger Jahre Wien mit monumentalen Bau werken geschmückt hat. Man war damals noch blind genug, in ihm nicht den Revolutionär zu erkennen. Das wurde erst anders, als er im Jahre 1894 mit den Plänen für die Wiener Stadtbahn begann, die er 1897 vollen dete. Wagners größte Zeit beginnt. Hier aber setzt gleichzeitig das Drama ein, darin Wagner zu einem Heroen der Kunst emporwächst. Noch ahnt man es damals nicht, man befindet sich erst in der Exposition. In demselben Jahre 1894 erhält er die Professur an der Wiener Akade mie der bildenden Künste als Nachfolger Hasenauers, des letzten in der Reihe der großen älteren Meister. Außerdem empfängt er den Titel eines k. k. Oberbaurates. Das Lehramt, der Bau der Stadtbahn, der ihn zu einer entscheidenden Auseinandersetzung mit dem Ingenieurgeist unserer Zeit zwingt, dienen seiner inneren Klärung und Wandlung. Der revolutionäre Geist in ihm wird selbstherrlich und diktiert Gesetze. Er erkennt das große Ziel, das vor ihm liegt. Aus dem Stilarchitekten wird der erste moderne Bau künstler, der eine ganze Umwälzung der Anschauungen hervorruft und ein neues Bauzeitalter einleitet. Nun erfolgt Schlag auf Schlag; es entstehen in ziemlich rascher Folge das Nadelwehr in Nußdorf, die Häuser in der Wienzeile 38—40, die Post sparkassa, die Kirche am Steinhof, die Häuser in der Döblergasse 2 und 4, undi9i2/i9i3 seine neueVilla in Hütteldorf. Vor allem aber gehen eine Unzahl Projekte aus seiner Werkstatt hervor, die die Bewunderung der Kenner und den Entrüstungssturm der Reak tionäre erregen. In vier stattlichen Bänden sind eine Anzahl Skizzen, Projekte und ausgeführte Bauwerke gesammelt, die von der genialen Schaffenskraft und der Kühnheit seiner Ideen dauerndes Zeugnis geben. 28 große Konkurrenzarbeiten liegen vor, darunter 24 preisgekrönte. Es sind Weltkonkurrenzen dabei, wie der Friedenspalast im Haag. Das Meiste und Beste war aber für Wien gedacht; ich hebe in dieser knappen Auf zählung vorläufig die Projekte für das Kriegsministerium, für das Tech- 23