Mufikalifche Inflrumente. 3 welche aus 7 bis 10 mit Wachs verbundenen, aus Schilfrohr gefchnittenen Pfeifen von veifchiedener Länge befland. Einen weiteren Fortfehritt bezeichnet die Sack pfeife, bei der bereits die mit Tonlöchern verfehenen Pfeifen durch einen angebrachten Windfchlauch geblafen wurden. Denken wir uns eine Anzahl folcher Pfeifen flatt eines Schlauches oder Sackes auf einen Windkaflen geflellt, in welchen man, anfänglich wenigftens, durch ein Rohr die Luft hineinblies und zugleich mittelft beweglicher Schieber die Pfeifen nach Belieben auch einzeln zur Anfprache bringen konnte, fo hätten wir damit ein entfprechendes Bild unteres Inflrumentes auf feiner erften Entwicklungsflufe. Ein fernerer und zwar fehr bedeutender Fort- fchritt, welcher einen längeren Bildungsprocefs vorausfetzt, war die Erfindung einer Einrichtung, durch welche die Luft durch den Druck des Waffers den Pfeifen zugeführt wurde. Der Kirchenvater Tertullian fchreibt diefelbe ohne flichhaltigen Grund dem Archimedes zu. Eine folche hydraulifche Orgel baute oder verbefferte fchon etwa 180 Jahre vor Chriftus Ktefibius. Diefe Inflrumente zeichneten fich keineswegs durch eine imponirende Gröfse aus, wie man nach einer Schilderung des genannten Kirchen vaters fchliefsen kann, fie waren vielmehr klein und tragbar und wegen ihres Klanges bei den Römern fehr beliebt vermochten indefs die ältere Windorgel nicht zu verdrängen. Zu folchen gehörten jene beiden Orgeln, welche fich nach dem Briefe des Hieronymus an den Dardanus im Tempel zu Jerufalem befanden. Die kleinere unter ihnen, Mafchrokita mit 7 Pfeifen, wurde vom Spieler mit dem Munde duich einen Schlauch oder ein Rohr angeblafen, während er felbfl auf einer vorn angebrachten Taftatur fpielte. Ein ähnliches Beifpiel von Spielart bot der Zithertifch des Bäckermeiflers Böhm in der Ausftellung, nur dafs hier die Pfeifen durch Zungen erfefzt find. Die gröfsere Orgel Magrapha oder Ugafh foll dagegen 2 Blafebälge und 15 Pfeifen gehabt haben. Ihie höhere künfllerifche Ausbildung hat die Orgel erft in dem Schoofse der chriftlichen Kirche erhalten; fie ifl hier allmälig zu dem Inflrumente heran- gewachfen, welches heutigen Tages den Hauptfehmuck unterer Kirchen bildet und mehr als jedes andere Ton-Werkzeug mit unterem religiöfen Empfindungs- wefen verbunden ifl. Die Einführung derfelben in die Kirchen des Abendlandes wird nach einer fehr unverbürgten Nachricht des Platina dem Papfle Vitalian in dei zweiten Hälfte des VII. Jahrhundertes zugefchrieben. Als Pipin den römifchen Ritus in Frankreich einführte, erhielt er von dem byzantinifchen Kaifer Kopronimos in Konflantinopel zur Unterflützung des Gefanges eine grofse Orgel mit bleiernen Pfeifen zum Gefchenk, welche er in der Kirche zu Comptegne aufftellen liefs. Nach dem Mufler derfelben liefs Carl der Grofse 812 eine Orgel in dem Dom zu Aachen bauen, die erfle in Deutfchland, wie es heifst, welche ohne Beihilfe des Y\ affers, wie bisher, nur mittelft Blasbälge allein gefpielt werden konnte. Seit der zweiten Plälfte des IX. Jahrhunderts war die Kunft, Orgeln zu bauen, in Deutfch land fo verbreitet, dafs Papft Johann VIII. den Bifchof von Freifing anging, nach Rom einen Orgelbauer zu fchicken. Von hier aus verbreitete fie fich dann durch Italien und nach Frankreich hin. Im X. Jahrhundert hatte die Orgel, namentlich in England, bereits bemerkenswerthe Fortfehritte gethan. Denn nach der Erzählung des Benediktiners Wolflan befand fich 951 in Winchefter eine Oigel, welche nicht weniger als 400 Pfeifen, für die damalige Zeit eine beträcht liche Anzahl, befafs; freilich war das Werk noch fehr primitiver Art, denn nicht weniger als 26 Bälge gehörten dazu, die Pfeifen ertönen zu laffen und diefe 26 Bälge verlangten 70 rüflige Männer, um in Bewegung gefetzt zu werden. Die Kunft, das Pfeifenwerk in Regifter zu fcheiden, war noch nicht erfun den. Die Orgel hatte zehn Taften und auf jede Tafle kamen vierzig Pfeifen, die fämmtlich beim Niederdruck ertönten. Zwei Organiflen theilten fich in diefe zehn 1 allen und ein jeder von ihnen regierte fein „eigenes Alphabet.“ Die Claviatur umfafste auf den Orgeln 11 bis 13 Taflen in diatonifcher Folge ohne Halbtöne, felbfl das b und ^ ifl noch nicht unterfchieden; ein kunftvolleres Syftem der