als Mitglied des Unterrichtsrathes bei der Errichtung unserer Kunstgewerbeschule die Grundlinien ihres Statuts entwarf, die sich voll bewährten und noch heute der drei fach vergrösserten Anstalt geblieben sind. Wenige Jahre darnach trat ihm ein Mann zur Seite, der kühner noch in Betretung neuer Bahnen, sicherer auch, bestimmter, klarer in seinen Kunstzielen, ihm die Führerrolle abnahm und, wenn einer der Archi tekten, anregend und bahnbrechend der Wiener Baukunst ihre Wege vorgezeichnet hat. Ich meine Hansen. Aber damals, in jener Epoche der Befreiung und der Vorbereitung, bevor noch die Stadterweiterung ein unabsehbares Feld baulicher Thätigkeit eröffnete, waren jene Männer sammt ihren mitstrebenden und mitarbeitenden Genossen selber noch suchend und schwankend. Keiner von ihnen, der nicht in verschiedenen Stilen sich versuchte und nicht im Laufe der Jahre, noch nachdem er ein Meister geworden, in sich einen Wandel durchgemacht hätte. Und wie man in Deutschland alle Stilarten schon zwei Decennien hindurch nebeneinander bearbeitet hatte, so erstanden auch in Wien und Oesterreich die verschiedenartigsten Stile, Byzantinismus, romanischer Stil, Gothik, Renaissance, selbst Orientalismus, alle nur mit dem einen gemeinsamen Charakterzug eines Hauches der Romantik. Um loszukommen von der bisherigen Leerheit und Trockenheit, war es vielleicht ganz natürlich, dass sich zuerst ein Streben nach einer Art poetischen Eindrucks, nach pittoresker Erscheinung einstellte, statt nach Reinheit und Schönheit der architektonischen Formen. Es fehlte nicht an grossen Aufgaben und sie wurden in grossem Sinne concipirt, aber allen diesen Gebäuden der fünfziger Jahre hängt der Fehler romantisch-malerischen Charakters an — wenn das ein Fehler ist —; reiner Stil und reine architektonische Form ist bei ihnen noch nicht zum Durchbruch gekommen. In dieser ringenden, strebenden, versuchenden Zeit war Heinrich Ferstel zum Meister geworden. Jung und glänzend in den Kreis der Erwählten eingetreten, war es ihm beschieden, noch an dieser vorbereitenden Epoche der grossen Wiener Archi tektur als der ersten einer theilzunehmen. Im Jahre 1847 hatte Ferstel die Technik absolvirt und trat, wie damals der Gang der Studien war, in die Architekturschule der Wiener Akademie ein. W ährend der Jahre 1848 und 1849, da die Aeltern nach Prag übersiedelten, entstand zwar eine Unterbrechung, aber noch im Jahre 1849 wurde die Akademie aufs neue bezogen. Lehrer wie Siccardsburg und Van der Nüll, beide begeistert und geistvoll, lebens frisch und schaffensfreudig, waren wohl geeignet, nicht bloss Talente zu erwecken und auszubilden, sondern auch mit Begeisterung für grosse Aufgaben zu erfüllen. Con- structeure, Ornamentisten, vollkommene Zeichner von ausserordentlicher Fertigkeit, 4