*4 Wie diese eben so sehr auf Befriedigung der Anforderungen Einzelner, als auch auf Befriedigung von Massenbedürfnissen gerichtet ist, so muss sie auch eine grosse Anzahl gut geschulter Zeichner und auch solcher Zeichner zur Verfügung haben, welche im Stande sind, sowohl auf be stimmte Anforderungen des Stiles, als auch auf das Technische der ein zelnen Fabricationszweige einzugehen. Die Zeichnungen müssen nicht blos an und für sich schön, sondern sie müssen auch ausführbar sein; für den Fabrikanten, den Grossindustriellen ist jene Zeichnung die beste, welche Schönheit mit Ausführbarkeit verbindet. Soll irgend ein Fabrications- zweig in Schwung kommen, einen erhöhten Absatz durch eine stilgerech tere Zeichnung, eine gelungene Farbenzusammenstellung erreichen, so muss eine genügende Zahl fachmännisch und tüchtig gebildeter Zeichner vorhanden sein. Diese fehlten der gesammten deutschen Industrie nicht minder als der österreichischen, und fehlen theilweise noch bis auf den heutigen Tag. Man half sich entweder dadurch, dass man illustrirte Zeitungen und Kataloge ausbeutete, wie die Stuttgarter »Gewerbehalle«, die Münchener »Kunstgewerbliche Zeitung«, die »L’Art pour tout«, die illustrirten Brock- haus’schen Weltausstellungskataloge oder andere, mit Zeichnungen ver sehene Special-Publicationen — man half sich in der Regel in einer nicht sehr glücklichen Art. Denn auch das Uebertragen oder Bearbeiten einer schon vorhandenen Zeichnung setzt ein gewisses künstlerisches Verständ nis voraus. In dieser Benützung von artistischen Publicationen kam den Bedürfnissen jener Industriellen, denen es entweder an Geld oder gutem Willen fehlt, kunstgebildete Zeichner in Anspruch zu nehmen, die unge nügende Musterschutz - Gesetzgebung zu Statten; sie konnten weidlich plündern, wo sie etwas Gutes fanden, ohne in Gefahr zu gerathen, wegen dieses geistigen Diebstahls mit den Gerichten in unangenehme Berührung zu kommen. Bei dieser Art von Gebahrung wurde die gesammte Industrie in einer steigenden Progression von Frankreich abhängig; dort gab es unter dem. Schutze einer guten Gesetzgebung bereits geschulte Zeichner und Ateliers für Musterzeichnungen; auch der artistisch-literarische Markt wird von Frankreich aus viel mehr mit brauchbareren Publicationen versehen als es von England, Italien und Deutschland aus geschieht. Viele der intelligenteren Grossindustriellen waren förmlich genöthigt in Paris seihst Zeichner für ihre Zwecke zu beschäftigen, wie die Shawl- und Spitzem fabnkanten etc. Auch die sog. Musterlager wirken in dieser Beziehung häufig eher schädlich als nützlich, insbesondere dann, wenn den Leitern die Einsicht in die Bedingungen eines kunstgewerblichen Betriebes abgeht. Sie leiten häufig mehr an, Fremdes geschickt oder ungeschickt zu benützen, als selbstständig zu denken und zu schaffen. Und für ein grosses Pub licum ist es ja doch am Ende nur darum zu thun, dass Etwas eine fran zösische, oder englische oder überhaupt fremdländische Facon habe, —