3 4 umfassende Bänder, vortretende Glieder, krönende Gesimse zur Ornamen- tation dar. Es fragt sich nun, wo und wann ist diesen künstlerischen An forderungen zugleich mit voller Wahrung des Zweckes und des Dienstes am besten Rechnung getragen? Wo haben wir uns nach Vorbildern um zusehen, die uns heute zum gleichen Ziele leiten könnten? So weit wir die Kunst des Alterthums kennen, so war damals gerade das in Rede stehende Geräth sehr wenig gebraucht und daher auch wohl künstlerisch und praktisch sehr wenig ausgebildet. Es würden uns daher völlig die Vorbilder fehlen, wollten wir etwa auf Grundlage antiker Kunst unser Hausgeräth dieser Art zu erneuern trachten. In Wirklichkeit ist das Genre der Kasten und Schränke eine Arbeit des Mittelalters, das an ihnen herumgemodelt, geformt und ornamentirt hat, bis etwa das geworden ist, was noch heute, aber mit verändertem Kunststyl, in unserem Gebrauche existirt. Folgen wir dem Gange dieser Veränderungen, so werden wir sie bis zum 16. Jahrhundert als eine stete, wenn auch nicht ununterbrochene, oder zuweilen vom rechten Wege abgelenkte Vervollkommnung betrachten müssen. Die vorromanische Periode war plump und ungefüge in diesem Geräth, die romanische Periode, die allerdings auch schon vortreffliche Arbeiten, namentlich für die Kirche geschaffen hat, legte zu grosses Ge wicht auf gemalte Verzierung und hielt darum das Aeussere mit zu wenig plastisch-architektonischer Gliederung. Die Gothik bildete das structive Element aus und erwarb sich in dieser Beziehung unleugbare Verdienste, so dass die uns erhaltenen gothischen Möbel in jedem Falle des Studiums würdig sind, auch dann , wenn wir diesen Styl nicht als Vorbild für die moderne Kunst aufstellen und es uns nicht darum zu thun ist, erneuerte gothische Möbel zu schaffen. Es leiden aber die gothischen Möbel gemein schaftlich an einem Hauptfehler, und das um so mehr, je kunstgerechter oder anspruchsvoller sie gehalten sind: verbunden mit der Wandtäfelung, sind sie zu sehr festes Wandgeräth und verleugnen den ihnen angehörigen Charakter des Mobilen. Auch sind die späteren gothischen Möbel, nicht ausschliesslich, aber vielfach, zu sehr überladen mit freistehendem und durchbrochenem Ornament, das sich vom Geräth loslöset und mit seiner Leichtigkeit der Massivität des Kastens widerspricht. In allen solchen künstlerischen Beziehungen, in der Feinheit des architektonischen Baues, in der plastischen Gestaltung der Oberflächen, so dass sich die richtige Wirkung von Schatten und Licht ergibt, in der an gemessenen Vertheilung und richtigen Haltung der geschnitzten Verzierung, sei sie nun figürlicher oder ornamentaler Art, fand wohl erst die Renais sance das Richtige. Sie erst erhob die Möbeln in den reicheren Exemplaren zu wirklichen Kunstwerken, sie auch fand für die einfacheren Gegenstände die angemessene, stylgerechte Form. Und zwar gilt dies von der Früh renaissance wie auch von der Spätrenaissance, wenn dazwischen auch manche Irrthümer und verfehlte Arbeiten vorgekommen sind, dazu wir vorzugs weise solche Kasten und Schränke rechnen, welche Hausfacaden direct