38 die vortrefflichen Boule - Arbeiten von Kleihonz, Muster verschiedener Art, sowie die Ornamentation des Flügels von Grund, schliessen sich diesem Genre an, das gewiss wenige Jahre früher auf einer solchen Aus stellung weit reicher vertreten gewesen wäre. Noch mehr fehlt es an Sitzmöbeln, die diesen, einst alles beherr schenden Stylarten folgten. Vielleicht ist es für die Sitzmöbel noch schwie riger, zur Renaissance zurückzukehren, als für die Standmöbel. Für die letzteren ist das constructive Princip ein festes, und was an ihnen zu ändern war, ist mehr Gliederung und Ornamentation. Bei den Sitzmöbeln aber streiten zwei Principien miteinander: das constructive und dasjenige der äussersten Bequemlichkeit, welches an Formen festhält, die in den Zeiten des Rococo geschaffen wurden und in structiver Beziehung einem gesunden Gesetz zuwider sind. Es ist wohl selbstverständlich, dass, wenn wir als Vorbilder für unsere Standmöbel die Aufmerksamkeit auf die Renaissance hinlenken, dasselbe auch für die Sitzmöbel gilt, obwohl wir zugeben, dass noch eine reichere, bequemere und unserem modernen Gefühl mehr entsprechende Ausbildung des Sitzmöbels denkbar ist, als sie uns in jenen Formen vor Augen tritt, welche uns die Renaissance hinterlassen hat. Aber diese Formen sind die Grundformen, von denen wir auszugehen haben. Neben ihnen wird das orientalische Princip der Ueberpolsterung und vollständigen Stoffverklei dung, das im Divan seinen eigentlichen Ausdruck gefunden hat, in zweiter Linie zu berücksichtigen sein. Was die griechischen Sitzmöbel betrifft, so kann man von ihnen gewiss nicht sagen, wie von dem Geräthe der Kasten und Schränke, dass sie im Alterthum nicht zur vollendeten Aus bildung gekommen wären. Im Gegentheil, ihre Formen sind sehr mannig fach und reich geschmückt, aber sie sind ein so eigenes und eigenthüm- üches Genre, dass sie, um nicht Disharmonie zu. bringen, die Gestaltung der ganzen Ausstattung und Decoration in gleicher Art bedingen. Und das würde uns, worauf wir hier nicht weiter eingehen wollen, in der modernen Wohnung zu mancherlei Unzukömmlichkeiten führen. Die mittel alterlichen Sitzmöbel leiden an denselben Uebelständen wie die Standmöbel, und wir machen auch hier die gleiche Bemerkung, dass sie auf unserer Ausstellung nicht vertreten sind. Bedeutungsvoll den Sitzmöbeln der Renaissance gegenüber sind vor Allem diejenigen des 18. Jahrhunderts, deren Princip nicht im Sopha, sondern im Lehn- und Armsessel zum klarsten Ausdruck gekommen. Das Rococo, unbekümmert um die Anforderungen des Materials und die geschweifte Linie bedingungslos als Schönheitslinie betrachtend, unterwarf dieser Linie auch das Sitzgeräth, einerlei, ob es die structiven oder blos ornamentalen Theile, ob es die Arbeit des Tischlers oder des Tapeziers traf. Damit liess sich das Möbel schweifen und biegen, rein nach Bau und Bequemlichkeit des menschlichen Körpers, gab aber dabei alle solide und vernünftige Structur auf.