42 etwas Unfertiges, von anderen Uebelständen abgesehen, und ist zugleich ein Styl, der in den letzten Jahrzehnten viel versucht, doch vom modernen Gefühl und dem modernen Bedürfniss zurückgewiesen wird. In der Go- thik wie in der deutschen Renaissance ruht bei der Wohnungsausstattung der Hauptcharakter auf der Holzvertäfelung. Diese ist denn für Wand und Plafond in dem in Rede stehenden Zimmer in solidester und reichster Weise in Anwendung gekommen. Das Material ist Eichenholz. Die archi tektonische Gliederung wie die geschnitzten Ornamente, mit denen alles bedeckt ist, sprechen von der Absicht, das Werk in möglichst vollkom mener Weise durchzuführen. Der Sache Farbe zu verleihen sind die oberen Füllungen der Vertäfelungen mit grüner Seide überspannt, auf welche Ornamente gemalt sind, während über ihnen ein rother Fries sich rings herum zieht. Um dem Raume das poetische Zwielicht, das farbige Lüstre der alten Zimmer zu geben, sind auch hier die Fenster mit Ma lereien oder Butzenscheiben verschlossen. Nothwendig war es, um den vollen Eindruck der Wohnlichkeit und Behaglichkeit hervorzubringen, das Zimmer mit allem, was dazu gehört, zeit- und stylgemäss auszustatten; es war aber Bedingung, dass auch dieses alles österreichisches und neues Fabricat sein musste. So sehen wir an vier Ketten einen Messinglüstre nach altem Styl herabhängen, Bänke und Sessel stehen in den Fenster nischen, Tische in den Ecken und in der Mitte des Zimmers zu den beiden Seiten eines grossen Doppelsopha’s; mitten in der Vertäfelung steht ein prachtvoller Kamin, ihm gegenüber ein büffetartiger Wandkasten; Sessel, Bänke, Vorhänge zeigen alle den entsprechenden gewebten Stoff, der aus der Fabrik von Giani hervorgegangen ist, während es nirgends an dem kleineren Geräth von Gläsern, Metallgeräth, Poterien u: dgl. fehlt, wie es für solche Räume nothwendig ist, selbst nicht an Laute und Spinn rocken. Bei solcher Ausstattung verfehlt das Zimmer auch nicht des Ein drucks, den es machen soll, zumal wenn das Tageslicht abgesperrt und die Kerzen angezündet sind. Die beiden Zimmer des Herrn Haas, zu welchen die Angaben und Entwürfe von Prof. Storck herrühren, gehen, ohne sich an einen be stimmten Styl anzuschliessen, ganz darauf aus, dem modernen Gefühl und der Bestimmung der Räume Rechnung zu tragen; sie sollen zugleich das, wozu sie bestimmt sind, auch in eminentem künstlerischem Sinne dar stellen. Beide sind reich und vornehm in ihrer Art, beide legen den Nachdruck auf gewebte Stoffe, welche auch die Wände bekleiden, beide sind insofern gleichen Charakters und sind doch grundverschieden, je nach der Bestimmung, der sie zu dienen haben. Das eine dieser Zimmer ist ein Herrenzimmer. Als solches der Ar beit, dem Studium oder der beschaulichen Ruhe gewidmet, verlangt es einen gewissen Ernst der künstlerischen Haltung, Einfachheit der Formen, Ruhe der Farben. Was es an Ausschmückung erhält, muss edel sein, bedeutend, würdig, aber ohne blendenden Glanz und Schimmer. Dem-