120 Fabrik^ eine grosse Anzahl ganz lehrreicher und charakteristischer Zeich nungen ausgestellt haben, nach denen sie arbeiten. Fabriken, denen Zeichner fehlen, können auf Ausstellungen der Art, wie es die Musealausstellung ist, gar nicht erscheinen. Nach dem Zeichner ist der Arbeiter ein wichtiges Moment für den Grossindustriellen. Der Fabrikant ist wesentlich interessirt, dass gewisse Arbeiter geschult, wenigstens einige Kenntnisse im Zeichnen, in der Wahl der Farben und dergleichen haben, insbesondere muss ihm daran liegen, dass die Zeichner oder Maler, welche die betreffenden Abtheilungen in der Fabrik dirigiren, eine gute Schulung haben. Von welchem Einflüsse solche Werkführer sind, davon gibt die Ausstellung der Schlaggenwalder Porcellanfabrik ein treffendes Beispiel. Die Herren Haas&Czizek haben den Malervorstand der Fabrik, Herrn Schmid, schon einige Male an die Kunstgewerbeschule des Museums geschickt und dabei die Erfahrung ge macht, dass sie in ihrer Fabricationsart dadurch einen bedeutenden Schritt nach vorwärts thun konnten. Wo die Grossindustrie der Hausindustrie bedarf, ist sie in noch höherem Grade von der Geschicklichkeit und Schulung der zahlreichen, aber vereinzelten Arbeitskräfte abhängig, welche zu Hause sich mit der Ausführung der Aufträge beschäftigen. Hier sind wir also schon auf einem' Punkte angelangt, wo die Kunst mit der Grossindustrie in Berührung kommt. Der Grossindustrielle wird schon erwägen müssen, woher und aus welchen Instituten er brauchbare Zeichner beziehen kann und was er thun müsse, um der gänzlichen ästhetischen Verwahrlosung der minderen Arbeiter entgegenzuarbeiten. Es versteht sich von selbst, dass für die letzteren Fragen für ihn Alles von Wichtigkeit ist, was sich auf Volks-, Gewerbe- und Fabriks-Zeichen schulen und auf jene Popularliteratur bezieht, die sich mit der elemen taren Bildung der Arbeiter abgibt. Bei der grossen Abhängigkeit des Grossindustriellen von den Ein flüssen des Weltmarktes, von den Fortschritten der Maschine, von den Eigenthümlichkeiten des Massenbetriebes, ist es daher für denselben un endlich schwerer als für andere Kunstindustrielle, sich in Geschmacksrich tungen selbstständige Geltung zu verschaffen und sich von den Einflüssen der Mode unabhängig zu machen; ferner darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass es einem Grossindustriellen ausserordentlich schwer wird, auf ein neues System von Fabrication in stylistischer Richtung überzu- gehen, auch dann, wenn mit neuen Vorlagen die technische Fabrications art nicht verändert wird. Diese Schwierigkeiten liegen theils in der Natur des Absatzgebietes und Absatzumfanges, in den Rücksichten auf vorhan dene Vorräthe, in den commerziellen Beziehungen eines Grossgeschäftes. Dass es aber für einen Grossindustriellen überhaupt möglich ist, mit den Vorurtheilen der Mode zu brechen, und dass dies geschehen kann, nicht blos ohne Nachtheil, sondern auch zum Vortheile desselben, davon liefert die gegenwärtige Ausstellung mehr als Einen Beleg.