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von nachgebildeten Riemen, Schnallen, Schleifen und dergleichen sinnlosem
Zeug. Kunst, Arbeit, Wirkung, alles ging auf diese Weise verloren.
Daneben fand allerdings die Reaction noch einen dritten und bessern
Ausdruck, nämlich in der kirchlichen Goldschmiedekunst. Da wir aber
von dieser hier nicht ausdrücklich reden wollen, so bemerken wir nur,
dass sie auf das Mittelalter zurückging und von diesem verlorene Kunst
weisen und Kunstformen entlehnte, von denen namentlich die ersteren
mit der Zeit befruchtend auf die ganze Goldschmiedekunst zurückwirken
sollten.
Bei diesem Zustande der Dinge konnte es nicht bleiben, und sowie
die Reform der Kunstindustrie sich regte, musste sie auch die Gold
schmiedekunst von verschiedenen Seiten anfassen. Die Franzosen suchten
zunächst ihren Naturalismus kunstgerecht zu machen und gelangten zu
einem Genre, dessen Hauptreiz in vollendeten kleinen Figuren und Grup
pen von oxydirtem Silber bestand, ein Genre, welches darin fehlgeht, dass
es das Ornament zur Hauptsache macht. Indessen machte es seinen
Hauptvertreter Fr oment-Me u ric e schnell berühmt. Italiener begannen,
namentlich für Schmuck, die antiken Goldarbeiten zu imitiren, und indem
alsbald der antikisirende Schmuck auch in der französischen Industrie
und durch dieselbe Mode wurde, gewöhnte man sich damit wenigstens an
zierliche Formen, feine und elegante Fassung, sowie an die zarteste aller
Goldschmiedarbeiten, das Filigran. Damit war einer würdigen Behandlung
des edlen Metalles wieder die Bahn gebrochen. Nun fehlte aber noch die
Farbe in der Goldschmiedekunst, das Email. Auch dieses wurde wieder
hervorgeholt und zwar aus der Renaissance. Die Nachahmung dieser letz
teren hatte zwar Anfangs kein anderes Ziel als Fälschungen zu schaffen.
Dies bildete die Arbeit aus, hinderte sie aber auch mit offenem Visir an
das Licht zu treten. Auch das geschieht jetzt allmälig, und wir sehen
damit die Reform der Goldschmiedekunst von allen Seiten thatsächlich
begonnen.
Vergleichen wir nun mit diesen Bemerkungen die österreichische
Goldschmiedekunst, wie sie uns auf unserer Ausstellung entgegentritt, so
sehen wir, interessanter Weise, noch manche charakteristische Erschei
nungen der jüngst vergangenen Zeit, andrerseits aber auch die Reformen
mehrseitig und kräftig in Angriff genommen.
Fast ganz der älteren Art gehört noch Jauner an, mit seiner rei
chen, von grosser Thätigkeit zeugenden Collection, jedoch erinnert auch
vieles davon an jenes figürliche Genre der Franzosen, als dessen Reprä
sentanten wir Froment-Meurice genannt haben. Diese letzteren Ar
beiten mit kleinen freien Figuren, welche als die Hauptsachen erscheinen,
sind in meist oxydirtem Silber ganz vortrefflich ausgeführt und machen
viel eher den Eindruck, freie Arbeiten der plastischen Kunst in kleinem
Massstabe zu sein, denn Arbeiten der eigentlichen Goldschmiedekunst.
Für manches Auge werden sie Reiz genug haben. Die Gefässe und Ge-