i 7 gerechtfertigt erscheint. Professoren und Schüler an den Kunstgewerbe schulen müssen mit dem Bewusstsein erfüllt sein, dass es die eigentliche und echte Kunst sei, die gelehrt wird und nicht etwa eine andere Kunst niederer Art. Wir müssen uns erinnern, dass die Kunsthandwerker des i3.—16. ja selbst bis in’s 17. Jahrhundert hinein Producte hervorgebracht haben, die ihres hohen künstlerischen Werthes wegen in unseren Kunstgewerbemuseen, ja selbst in unseren großen Kunstsammlungen aufgestellt werden. Wenn ihre Producte Kunstwerke sind, so müssen wir die Kunsthandwerker jener Zeit als echte Künstler ansehen. Dr. Lübke und Springer haben in ihren Kunstgeschichten sehr recht gethan diese Kunsthandwerker: die Formschneider, Gelbgießer, Plattner, Emailleure u. s. f. als vollgiltige Künstler anzuführen. Sie alle haben das Ornamentale ebenso verstanden, wie das Figurale und haben nebenbei auch poetische Erfindungsgabe genug besessen, die Formenwelt der Gefässe und Geräthe durch neue Erfindungen zu bereichern. Ein weiterer Uebelstand, der sich nicht blos im deutschen Reiche, sondern auch in der österreichischen Monarchie fühlbar macht, ist das Ueberwuchern der Architekten im Kunstgewerbe. Die Franzosen sind von dieser kunstgewerblichen Ueberwucherung befreit; denn sie haben selbständig arbeitende Kunsthandwerker, welche das echte künstlerische Bewusstsein haben und keinen Architekten gebrauchen, um eine gute kunst gewerbliche Leistung zu Stande zu bringen. Die Zahl der Architekten ver mehrt sich bei uns von Jahr zu Jahr; sie werden großgezogen in den vielen technischen Hochschulen, welche in Deutschland und Oesterreich existiren, wo ihnen die Gelegenheit geboten wird, sich eine Zeichenfertigkeit anzu eignen, wie eine solche zur Anfertigung von Plänen für Gebäude, Brücken und ähnliche architektonische Unternehmungen nöthig ist. Aber diese in einer technischen Hochschule erworbene Zeichenfertigkeit ist noch keine Kunst zu nennen. Sie ist zu vergleichen mit der ganz modernen Redet gewandtheit, welche heutigen Tags durch die Parlamente und andere verschiedene Vertretungskörper großgezogen wird, wo oft an Stelle des gediegenen Fachwissens die bloße formale Redegewandtheit eintritt. Für das deutsche Kunstgewerbe sind die mit einer gewissen Zeichenfertigkei- ausgerüsteten, zungengewandten Architekten nicht die Männer, welche das Kunstgewerbe zu heben im Stande sind, sondern es sind die Kunst handwerker selbst, die ihr Atelier selbst leiten und die auch selbst Hand anlegen können. Wir brauchen keine Leiter von kunstgewerblichen Unter nehmungen, wir brauchen vielmehr richtige kunstgewerbliche Ateliers und kunstgewerbliche Werkstätten. Je mehr solche Werkstätten entstehen, desto besser ist es für das Kunstgewerbe, je mehr hingegen solche unter nehmungslustige, architektonische Zeichner dem Kunstgewerbe sich zu wenden, desto mehr verflacht sich die reelle Kunstbildung und der echte Fortschritt in den Kunstgewerben selbst. Aus diesem Grunde scheint 2