53 Die Frage der Stadtbahn hängt mit der Stadterweiterung auf das Innigste zusammen. Gegenwärtig befindet sich die Stadterweiterung in einem sehr günstigen Stadium. Die eine Seite der Stadterweiterung, die Regulirung der inneren Stadt Wien, ist nahezu vollendet, und es ist in rationeller Weise finanziell alles vorbereitet, um die Vollendung dieser Regulirung durchzuführen. Es handelt sich aber jetzt darum, jenen Theil der Stadterweiterung in Angriff zu nehmen, der bisher nicht in Angriff genommen werden konnte. Wien ist bekanntlich eine Stadt, deren Straßen an der Peripherie gegen das Centrum der Stadt concentrisch laufen. Das Innere der Stadt ist regulirt, für einen großen Theil der Stadt, insbesondere jenen des innerhalb der Linienwälle liegenden, liegt bereits ein Plan vor, nach welchem die Regulirung vorgenommen werden muss. Was aber fehlt, das ist die Regulirung jener Bauanlagen und Straßenzüge, welche in den Vororten liegen; dort liegen die Ausgangspunkte der Linien, welche sich concentrisch nach dem eigentlichen Wien bewegen. Die Regulirung dieser Vororte und ihrer Straße nzüge ist die Aufgabe der nächsten Zeit und die rechte Zeit, diese Frage zu erörtern, fachmännisch und mit Berücksichtigung aller dahin einschlagenden fragen, ist jetzt, wo die Frage der Stadtbahn durchgeführt werden soll. Mir kommt es nicht zu, die Frage zu beantworten, wie die mittleren Schulen der Vororte organisirt werden sollen, wenn man es dem Wiener Publicum möglich machen will, sich in den Vororten mit Familie wohnlich einzurichten, ohne die Erziehung zahlreicher Familien zu gefährden. Denn bei den gegenwärtigen Verhältnissen sind die sanitären und culturellen Interessen der Bevölkerung von Wien durch die Schul- und Bauverhältnisse geschädigt. Eine Familie, welche in Mödling oder Purkersdorf den Sommer lebt, ist selten in der Lage, die Erziehung der Kinder selbst mit großen Opfern genügend durchzuführen. Und wie viele Beamtenfamilien und Gewerbetreibende gibt es nicht in Wien und seinen Vorstädten, die gerne in jenen Orten wohnen würden, wenn es eine Stadtbahn gäbe, wie es die Berliner Stadtbahn ist? Mir kommt es nicht zu, die technischen Vorfragen auch nur andeutungsweise zu besprechen, was aber die künstlerischen Interessen betrifft, welche sich auf die Ausführung der Stadtbahn beziehen, so hege ich die volle Ueberzeugung, dass die künstlerischen Interessen Wiens ihre volle Befriedigung finden können, wenn ein Plan zur Durchführung kommt, der einsichtsvoll die Interessen der Kunst pflegt. Auch weiß ich aus dem Munde der hervorragendsten Architekten, dass eine baukünstlerische Lösung der Stadtbahn möglich ist, wenn man die rechten Männer in rechter Weise zu Wort kommen lässt. Den Weg der Verschleppung würde man aber in Wien einschlagen, wenn man viel köpfige Körperschaften in’s Mitleid ziehen würde, in welchen diese Frage in parlamentarischer Form behandelt wird, und wo technische Fachmänner,