16 IX. Barock und Rococo. In den reichen, wie chronologisch folgenden Sälen und Gemächern des Schlosses Fontainebleau kann man die weitere Entwicklung des Decorationsstyls verfolgen; jeder französische König hat sich in demselben gewissermaßen sein Denkmal gesetzt. Man kann auch sehen — die Bei spiele unserer Ausstellung geben dem eingehenden Studium das deutlich zu erkennen, — wie der Charakter aus einem italienischen ein franzö sischer wird, wie nunmehr, seit der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, der französische Geschmack auch auf unserem Gebiete die Welt beherrscht. Im 16. Jahrhundert stand die ganze Decoration nordwärts der Alpen unter dem Einfluss Italiens, wenn sie auch z. B. in Deutschland und in Men Niederlanden den allgemeinen Charakter in speciellen Zügen ausprägte. Im Styl Louis XIII. sind noch Italien und die italienische Renaissance vorwiegend, wenn auch die Charakterzüge ernster und schwerer geworden sind und die italienische Heiterkeit vermissen lassen. Mit dem jungen Ludwig XIV. (seit i65o) beginnt der französische Geschmack. Betrachtet man ^us dieser Zeit die zahlreich ausgestellten Radirungen Lepautre’s, des vielgewandten Künstlers, welche Wand- wie Plafondecorationen dar stellen, so wird man sie nicht mehr italienisch nennen können. Es ist, obwohl aus denselben Elementen hervorgewachsen, ein neuer Styl empor geblüht, der französische, der Styl Ludwig XIV. Er trägt den Charakter dieses Monarchen, Ueberladung, Schwere, die Sucht zu prunken, zu impo- niren. Die Schwere und Fülle der Zeichnung und der Plastik wird noch durch überreiche Vergoldung unterstüzt. W'enn ein großer Künstler über diesen Styl kommt, so lässt sich damit nicht bloss eine mächtige und reiche, sondern auch eine vollauf künstlerische Wirkung erzielen. Dies zeigt die ausgestellte Decoration in der großen Gallerie von Ver sailles, ein Werk des Malers Charles Lebrun. Andere Beispiele dieser Epoche sind z. B. noch aus dem Palais Soubise aus Paris ausgestellt. Neben diesen nach Großartigkeit und Gewaltigkeit trachtenden Decorationen war aber das Genre der zierlichen Ornamentarabesken, das in Frankreich fort und fort Vertreter gefunden hatte, wenn auch nur im Kleinen, nicht ausgestorben. Zu dieser Zeit Ludwig’s XIV. wurde es vorzugsweise von Berain, wie auch unsere Ausstellung zeigt, mit Geschick und Phantasie gepflegt. Aber es war auch nicht mehr antik, nicht mehr rafaelisch, es war französisch geworden. Alsbald in der nächsten Epoche fand es einen neuen und originellen Vertreter an Watteau. Dieser französische Geschmack verfehlte nicht, noch bevor der Um schwung in dem Styl des Rococo eintrat, zahlreiche Nachahmung in Deutschland und anderswo zu finden. Reiche Beispiele gewähren die ausgestellten Abbildungen aus den Gemächern der königlichen Schlösser zu München und Berlin (Monographien von Seidel und Dohme). Neben