Die Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände in Wien. 209 Wilczek um so glänzender vertreten. Der öffentliche Kunstbesitz, zu dem wohl auch der den Klöstern gehörige gerechnet werden darf, ist, insoweit es sich um den deutschen Th eil des Reiches handelt, fast ausnahmslos zur Ver fügung gestellt worden, während die ungarischen und polnischen Theile sich eine sehr grosse Zurückhaltung auferlegt haben. Nachdem die kaiserliche Familien-Fideicommiss-Bibliothek und die Hofburg-Capelle ihre Schränke geöffnet, verschiedene Erzherzoge aus ihren Schätzen mitgetheilt hatten, durften die alten österreichischen Abteien und Stifter, deren conservative Interessen auch im Anfänge dieses Jahrhunderts einem erheblichen politi schen Widerstande nicht begegnet sind, ihre Kostbarkeiten nicht vorent halten. Sie sind zwar längst bekannt und die meisten von ihnen ver öffentlicht, aber ihr zweifelloser Ursprung UDd ihre künstlerische Bedeutung verschafft ihnen immer wieder neue Geltung. Rechnet man dazu, was einzelne Kirchen, was Sammlungen und Museen geschickt haben, so ver vollständigt sich das herrliche Bild, so herrlich, dass eine Wiederholung desselben kaum noch erwartet werden kann. Ueber jeden einzelnen Gegen stand gibt der Catalog, der überall die Hand des Fachmannes erkennen lässt, knappe, aber durchaus klare und präzise Auskunft. Bestimmung und Material, Technik und Stil, Ursprungszeit und Massverhältnisse werden genau angegeben und was von besonderer Wichtigkeit ist, die Schriften verzeichnet, in denen einzelne Objekte bereits ex professo behandelt und beschrieben sind. Alle diese Vorzüge sichern dem Gataloge einen hohen dauernden Werth. Einem Rundgauge durch die Ausstellung wird am besten die systematische Anordnung des Cataloges zu Grunde gelegt, der inner halb der einzelnen Gruppen die Gegenstände ihrer Bestimmung gemäss zu sammenstellt, um in diesen Unterabtheilungen für die Reihenfolge das Alter massgeblich sein zu lassen. Beginnen wir also mit der Gruppe der illustrirten Handschriften, welche nach derjenigen der Stickereien und Metallarbeiten die reichste ist. Sie stellen in wahrhaft glänzender Reihe die Entwicklung der Schrift und Miniatur durch acht Jahrhunderte dar, aus der karolingische^ Epoche bis in die letzte Zeit der Renaissance. Die ältesten sind Evangelienbücher mit den Evangelistenbildern. Ihnen folgen Sakramentarien, Breviarien, Missalien, Antiphonarien, Horarien; Armenbibeln, Gebetbücher u. s. w. schliessen die Serie. Die ältesten Codices gehören noch den Klöstern, in denen sie ent standen, oder für die sie gemacht sind. Im Besitze von öffentlichen Bi bliotheken finden sie sich nur vereinzelt. Dem Geschäftsbetriebe verfallen alte kostbare Handschriften glücklicherweise äusserst selten. Nicht bloss in Deutschland sind sie in der Geschichte der Malerei für die älteste Periode bis tief ins XI. Jahrh. hinein die einzigen, für die folgende Zeit sehr gewichtige Zeugen. Nur aus ihnen sind die massgeblichen Einflüsse für jene zu erkennen und zu bestimmen. Und weiche Bedeutung haben 14