Die Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände in Wien. 211 nicht bloss durch die höchste Vollendung in der Zeichnung und Composi- tion, sondern auch durch die grösste Zartheit in der Farbe und Ausführung aus, würdig der grossen flandrischen Meister und der Schulen, aus denen sie hervorgegangen. Die Gebetbücher Karls des Kühnen, Philippos des Schönen und Karls V. fehlen nicht in diesem feierlichen Aufzuge, zu dem Trau in Wien allein 30 hervorragende Nummern gestellt hat, für einen Privat sammler ein beispielloser Erfolg. An Reichthum werden sie fast nur noch überboten durch das Praclit-Missale aus Zara, welches italienischen Ur sprungs ist und durch den Pergamentcodex mit den Heiligen aus der Sippschaft Maximilians I., der aus Spanien stammt. Die. 5 Bibeln aus den Klöstern Putna, Dragomirna und Suezewitza, welche nicht über das XVII. Jahrh. hinaufreichen, haben in den figürlichen Darstellungen den alten byzantinischen Charakter, wenn auch mit allerlei Abschwächungen, be wahrt, während die Ornamente zum Theile von persischen Erinnerungen zehren und die vegetabilischen Randeinfassungen die späte Ursprungszeit am deutlich sten verrathen. Der Grund ist theils in Blattgold, theils in Farbe ausgeführt; die Ikonographie ist griechisch, während die Inschriften serbisch lauten. Den zweiten Theil der ersten Gruppe bilden die illustrirten Druck werke, welche circa 70 Nummern, unter ihnen Seltenheiten allerersten Ranges, umfassen. Sie beginnen mit drei Blockbüchern, den bekannt lich vor Erfindung des Letterndruckes durch Holzplatten hergestellten mit Text versehenen Bilderbüchern. Zwei von ihnen sind Armenbibeln, also eine Sammlung von Holzchnitten mit Darstellungen aus dem alten und neuen Testament, die von einigen erklärenden Zeilen begleitet sind; das dritte ist eine Apokalypse. Bibeln, Heiligen-Legenden, Passionsbücher, fast alle noch vor 1500 gedruckt, bilden den weiteren Inhalt dieser werthvollen Sammlung, die bis auf den „Seelentrost“ von 1478 und den „Schatz behälter“ von 1491 fast ausschliesslich Eigenthum des Herrn Trau. An sie schliessen sich wiederum vorwiegend aus demselben Besitz, wie aus dem des österreichischen Museums nur Heiligthumsbücher an, d. h. mit Holz schnitten oder Kupferstichen ausgestattete Verzeichnisse der Heiligthümer, also der Reliquien und ihrer Behälter in einer Wallfahrtskirche. Diese meistens recht primitiven, weil für die Andacht vornehmlich gemachten Ab bildungen haben natürlich um so grössere Bedeutung, wenn die Originale nicht mehr vorhanden, was leider die Regel ist. So sind aus dem Wiener Heilthum von 1502, welches nicht weniger als 274 Abbildungen von Re liquienbehältern aufweist, nur drei von diesen noch vorhanden, resp. nach weisbar. Dieses Wiener Heilthum, welches den Vorzug hat, auch eine Abbildung des alten Heilthumstuhles zu enthalten, war in einem colorirten und in einem ungefärbten Exemplare ausgestellt. Von letzteren hat das österreichische Museum durch seinen Bibliothekar Dr. Ritter eine Facsimile- Reproduction herausgeben lassen. Das „Heilthum zu Rom“ vom Jahre 1500,