— 135 — deckend einzutragen. Diese Technik, deren Resultat — die so genannte Ripsbindung — blos eine besondere Abart der -gewöhn lichen Leinwandbindung darstellt, wurde, wie die erdrückende Mehrzahl dieser Funde lehrt, zur Herstellung der Gewandver zierungen noch in spätantiker Zeit fast ausschliesslich verwendet. Als technische Bezeichnung dafür hat sich in den letzten Jahren das Wort Wirkerei eingebürgert, dessen Gebrauch aber neuestens heftig bekämpft wird, weil man eine missverständliche Verwechs lung mit der Bedeutung dieses Wortes in der modernen Textil kunst (eine Art mechanischer Strickerei) befürchtet. Die Bezeichnung »Gobelintechnik«, die heutzutage hierfür noch am meistengebraucht wird, ist vom historischen, sachlichen und sprachlich-nationalen Ge sichtspunkte gleichmässig zu verwerfen. Den technischen Apparat, auf welchem die Alten ihre Leinengewebe mit eingewirktenVerzierungs- einsätzen gefertigt haben, repräsentirt der Webstuhl Nr. 1640 in der unmittelbar benachbarten Abtheilung. Dass aber die Ornament wirkerei nicht erst in der spätantiken Zeit die Hauptrolle bei der Verzierung von Gewändern gespielt hat, sondern auch schon von den hellenistischen Griechen geübt worden ist, erscheint bewiesen durch Funde aus der Krim, die in der Eremitage verwahrt werden. Die Ornamentwirkerei in Wolle wurde im Mittelalter abgelöst durch die Seidenkunstweberei; eines der ältesten erhaltenen Bei spiele hierfür, mit allen Merkmalen der spätantiken Stilweise, re präsentirt Nr. 1639 (im Webstuhlkasten). d) Ornamentaler Charakter der Verzierungen. Auf den Schulter einsätzen in der Mitte ein Centaur, auf den Einsätzen des Unter- theiles ein Hase, in den Bordüren gereihtes geometrisches Rauten muster mit Füllpunkten, das auch in den Aermelborten wieder- kebrt; in den Spangen desgleichen, mit Herzmuster abwechselnd. 1585. Fragment einer Frau e n - T u n i c a. Schnitt ähnlich wie bei Nr. 1584, oben ein viereckiger Halsausschnitt anstatt des Schlitzes; die Spangen breit und bis zum unteren Saume herablaufend, dieser selbst mit einer breiten Borte besetzt. Die Verzierungen in diesem Falle zwar auch in der Technik der Wirkerei, aber besonders gearbeitet und aufgenäht. In den Spangen alterniren nimbirte Halbfiguren in oblongen Medaillons mit Blumenornamenten und nackten, vogeltragenden Genien und andere Figuren, deren Deutung durch die starke Ausmoderung der Wolle erschwert ist. Im unteren Saumstreifen ein durch Rankencombinationen im Rautennetz be strittenes, unendliches Muster. 1586. Langes Aerrnelgewand aus Leinen mit flott liegenden Noppen auf der Innenseite, gewöhnlich als Wintergewand erklärt. 1587. K i n d e r-T u n i c a. Schnitt und Vertheilung der Verzierungen ähnlich wie bei Nr. 1584; die blattförmigen Schulter- und Saum einsätze, wie der Augenschein zweifellos ergibt, aus einem älteren, schadhaft gewordenen Gewandstück ausgeschnitten und aufgenäht, desgleichen der Besatz am Halsschlitz und an den Aermelenden; dagegen das Streumuster der eigentlichen Aermelborten und der Spangen unmittelbar in das Grundleinen eingewirkt. 1588. Ki n d er-T uni ca. Vorder- und Rückentheil, sowie die Aermel besonders zugeschnitten, der Halsausschnitt wie an der Frauen- Tunica Nr. 1586, sämmtliche Zierbesätze aufgenäht. ■ i