SINN UND SENDUNG DER PHOTOGRAPHIE Als vor etwa luiiidert Jahren die Idioloprapliie erfunden wurde, wirkte sie zniiädi.si als Wunder und Bereidierting. Die Künstler begrüßten sie in aller Naivität und raathten Inrhthilder, wie sie Lithographien gemacht hatten, und zwar mit einer stilisti schen Sicherheit, die heute überrasdit. Daun kam die Lnttäusrhuug: das billige und becpieme Verfahren der Bildgewinnung Avurde unter den Händen der Vielznvieleu indnstrialisicrt. Die Photo graphie machte der bildenden Kunst Konkurrenz. Dabei sank das Geschmacksniveau uiiaiifhaltsain. Das künstlerische' Lichtbild wurde Ausnahme. I'.rst in den h'tzteu Jahrzehnten ist es anders gc'cvorden. Amateure besorgten die Pionierarbeit, dann folgten einige Lach- Icute, und als mit der Lntwicklung der Beproduktioiisverfahren. der illustrierten Presse und schließlich des Films die Nachfrage nacfi c(ualitativ hochstehenden Photographien stürmisdi Avurclc. reizte die Aufgabe immer mehr fähige Menschen. Die Resultate wmren aber zunächst immer noch unbefriedigend. Man hatte sich noch nidit ganz von der Vorstellung frei gemacht, daß die Photo graphie der Malerei Konkurrenz machen müsse. Lr.st als man daranging, auch den besonderen techuisdien und geistigen Voraussetzungen der Photographie heraus zu arbeiten, gelangte man zu einem eigentlich photographisdien Stil, also der Lbereinstimmung von Form und Inhalt, die für iecle künstlerisdie Wirkung maßgebend ist. Der Augenblick dafür cvar gekommen, als die Bewegung der ..neuen Sachlichkeit'' einsetzte, als man gewissermaßen die Wirklichkeit wiederentdeckte und iu der Auseinandersetzung mit den Dingen, die uns umgeben, ein dring liches Problem zu erblicken begann. 11 ic'r konnte' die' Photographie einsetzen; die zeichnerische Treue der Linse wurde zur Tugend, sobald cs sich um die W^iedergabe der Materie handelte. W'ir wissen längst, daß die Gesdiichte der Kunst — formal genommen — eine Geschidite des Sehens ist. Das ist der Grund für die erstaunliche latsache, daß die scheinbar rein medianischc