Die Malerei. 13 den Vorhang im Opernhaufe und den decorativen Entwürfen für das Palais Gutt- niann, dann Chriftian G r i e p e n k e r 1 mit der Aquarell-Studie feines Hochzeits zuges des Pofeidon und der Amphitrite und vier Entwürfen zu den Wandmale reien im Sitzungsfaale zu Athen fehl- bedeutfam vertreten. Von den älteren Meiftern, an deren Namen fich bereits ein kunfthiftorifcher Begriff knüpft, hatte fich Ed. Steinle unter den Aquarelliften eingefunden; er erzählte uns in feiner Weife, mit finnig feiner Auffaffung die Gefchichte des Kauf mannes von Venedig, aber mehr als ein naiv romantifches Märchen, wie als eine malerifche Wiedergabe des Shakefpeare’fchen Stückes. Dem hiftorifchen Stile, weniger was den Gegenftand, als die Art der Behand lung betrifft, gehören nun auch die grofsen Bilder von Canon an, die fich jeden falls den hervortretendften Kunfterfcheinungen der Weltausftellung anreihten. Er ift ein Künftler von grofser, allerdings gefuchter Eigenthümlichkeit; man merkt bei ihm fofort die Abficht, feine Bilder gleich als Galleriewerke von der Staffelei herabzunehmen. So tritt denn Canon gewiffermafsen in eine nachträgliche Concur renz mit den alten Meiftern und reproducirt mit kluger Berechnung der Wirkung ihre Technik und Manier — freilich weniger in Rückficht darauf, wie fie unter dem Pinfel wirklich entftanden ift, als wie fie nach der Hand ausfieht. Es hat denn auch, wie Fr. Pecht bemerkt, das Colorit feiner fämmtlichen Bilder „etwas Gläfernes und Gelbes, als ob ein dicker, alter Firnifs auf ihnen läge“. Ich halte diefe Richtung für bedenklich, obgleich Canon mit einer ftark ausgeprägten künftlerifchen Individua lität für fie einfteht. Das Berte, was man von den claffifchen Schöpfungen der älteren Malerei fagen kann, ift diefs, fie fähen aus, als wären fie heute gemalt; für zweifel hafter halte ich den Vorzug eines modernen Werkes, von dem man behauptet, es fähe einem, venezianifchen oder flandrifchen Bilde frappant ähnlich, bis auf die zur Täufchung mitgehörige Umbildung des Colorits durch die Zeit. Canon fchliefst fielt übrigens nicht nur in der Technik, in dem Streben nach Kraft und Tiefe der Farbe (doch ohne jene feiner empfundenen Vermittlungstöne, welche immerein Geheimnifs der originellen Meifterfchaft bleiben) gewiffen claffifchen Vorbildern an — er thut es auch in dem künftlerifchen Gedankenzuge, in der ganzen W^eife der Compofition. So ift denn fein grofses Bild, „die Loge des heiligen Johannes“, welches einen Ehrenplatz im Centralfaale einnahm und nun dem Belvedere angehört, etwa in der Weife einer Santa converfazione oder eines religiöfen Ceremonienbildes aus der beften italienifchen Kunftzeit zurechtgedacht. Erft bei näherer Betrachtung fehen wir, dafs das vermeintliche Altarblatt eine moderne Aufklärungs-Idee mit den Ausdrucksmitteln der alten religiöfen Kunftconvenienz fymbolifirt. Neuen Wein giefst man nicht in alte Schläuche — der Spruch aus dem Evangelium gilt auch hier. Ift ein moderner Inhalt malerifch auszudrücken, fo fei auch die künftleiifche Ausdrucksweife, die Art der Symbolik, ebenfo der technifche Vortrag ein folcher, dafs man es fühlt, der ganze Gegenftand des Bildes fei nach Stoff und Form aus der modernen Empfindung frifch und urfprünglich emporgeftiegen. So wie Canon das Bild gemalt hat, macht es trotz des würdig-ernften, feierlichen Aufbaues feiner Compofition eher den Eindruck abfichtlich geiftreicher Täufchung, gleichfam eines rationaliftifch gefälfehten Altarblattes — es wirkt mit einem Worte nicht über zeugend, fowie auch den einzelnen, rein figurirenden Geftalten die innere Befeelung fehlt. Zuletzt kommt man auf die Vermuthung, der Künftler fuche zu feinen tech- nifchen Experimenten die Stoffe, nicht umgekehrt zu den Stoffen, die ihn erfüllen, den entfprechend technifchen Ausdruck. Sein „Rüdenmeifter“, „Der Fifchmarkt“, der „Page“ und die „Ffüchteträgerin“, die ebenfalls ausgeftellt waren — jedes diefer Bilder geiftreich durchftudirt und von merkwürdiger, kühner Energie der tech nifchen Behandlung — gehören, wie die geiftlichen Herren in der Loge St. Johannis in diefelbe Gattung der mehr künftlichen, malerifchen Probleme. Nur im Vorübergehen kann ich hier der fehrfpärlich vertretenen Gruppe der böhmifchen Maler gedenken, die fich im Ausftellungsgedränge fo ziemlich verlor. Chr. Rüben hat zu feiner Zeit, als er noch Akademiediredtor in Prag war,