419 Einleitung. sämmtlichen der Körperbekleidung dienenden, tritt ein immer grösseres Verschwinden des Musters ein. Die Zeichnung, sei sie durch Farben oder durch die Technik in der Structur des Stoffes hervorgebracht, tritt mehr und mehr in den Hintergrund; die .Jacquardweberei und mit ihr die Kunst des Dessinateurs finden stets schwächere Nahrung. Die Güte der Qualitäten und neue oft nur durch ihre Geschmacklosig keit ausgezeichnete Farben treten in den Vordergrund. Das lebhafte, durch harmonische Nebeneinanderstellung der Nuancen gebildete Dessin ist verdrängt durch den glatten Stoff, in matten, oft widerwärtigen Farben, die dem Schlamm, dem Papageigrün und Aehnlichem nachgebildet sind. An die Stelle der Kunst des Dessinateurs und Webers ist die des Schneiders getreten, den der Posamentier, der Spitzen- und Band fabrikant, der Feder- und Pelzhändler zur Herstellung der abenteuer lichsten Gestaltungen unterstützt. Die Kunstweberei flüchtet sich auf das Gebiet der Decorationstoffe, vor allem der Teppiche und Möbel stoffe, die heute fast einzig zeigen, dass der Sinn für lebendige Farben noch nicht vollständig erstorben ist. Befinden sich so einige Zweige der Weberei und gewisse Produc- tionsstätten in ungünstiger Lage, nämlich die Kunstweberei und die durch hohe Arbeitslöhne der Concurrenz nicht gewachsenen grossen Städte, so ist nicht zu leugnen, dass auch der Zustand eines Theils der für die Massenconsumtion arbeitenden Industrie kein sehr gesunder zu nennen ist. Dieselbe krankt an einer Ueberproduction, welche auf zwei Ursachen zurückzuführen ist. Es ist zunächst der Einfluss, den der Aufschwung des Actienwesens auch auf die Textilindustrie gehabt hat. Unter den Gründungen der letzten Jahre nehmen Spinne reien und Webereien keine unbedeutende Rolle ein. Es ist eine grosse Zahl von Actiengesellschaften entstanden, theils durch Gründung neuer Etablissements der Textilindustrie, theils durch Umwandlung und Vergrösserung von bestehenden. Dieselben haben die Productionsquanten auf ihren Gebieten in ansehnlicher Weise vergrössert, ihr Bestreben ist auf Erzeugung möglichst grosser Massen gerichtet. Dagegen ist nicht zu leugnen, dass für den Augenblick die Kaufkraft der Consumenten für dieProducte der Textilindustrie sich nicht gehoben, im Gegentheil vielleicht eher verringert hat. Unter den nothwendigen Bedürfnissen des Lebens nehmen die Bekleidungsgegenstände erst die dritte Rolle ein. Ihre Befriedigung ist minder dringend, als die der Nahrungs- und Wohnungsbedürfnisse, und bei der ausserordentlichen Preiserhöhung der diesen Zwecken dienenden Gegenstände müssen häufig die Ausgaben für Kleidung beschränkt werden. Dazu kommt, dass die Absatzgebiete der europäischen Producte der Textilindustrie keine wesentliche Aus dehnung erfahren haben. Hinter den Schutzzöllen, welche die \ ereinig- ten Staaten von Nordamerika um sich gezogen haben, und die dem Importe europäischer Manufacturwaaren häufig unübersteigliche Hin- 27*