602 Gruppe XV. Musikalische Instrumente. ausgedehnteste Fabrik Oesterreichs, welche 1838 und 1845 auf Wiener Ausstellungen Erfolge errang, nachdem sie schon bald nach ihrer Gründung der Titanenkraft des Virtuosen Franz Liszt ausdauernde Instrumente zur Verfügung gestellt hatte. Ihre Flügel waren die ein zigen in Wien, deren deutsche Construction hinreichende Widerstands fähigkeit gegenüber der Kraftentwickelung Liszt’s besass. Der Sohn des im Jahre 1859 gestorbenen Gründers, welcher durch seine eminente Thätigkeit die Fabrik zu so grossem Ansehen gebracht hatte, erweiterte fortwährend das Etablissement und erreichte einen für Oesterreich so bedeutenden Absatz, dass er jetzt circa 200 Arbeiter beschäftigt, 100 in der Fabrik selbst und 100 ausser dem Hause, welche letzteren die einzelnen Bestandtheile liefern. Auf den Weltausstellungen in London 1862 und in Paris 1867 fanden die Leistungen des Herrn Ludwig Bösendorfer die wärmste Anerkennung und in Wien selbst ist die Firma so geschätzt, dass in den ersten Concertinstituten dem Bösen dorfer’sehen Fabrikat der Vorzug gegeben wird; auch die grössten Virtuosen der Jetztzeit, v. Bülow und Rubinstein, bedienten sich zu ihren Concerten in Wien Bösendorfer’scher Flügel, welche sich immer vortrefflich bewährten. Früher hauptsächlich als Repräsentant der deutschen Mechanik geachtet, hat Bösendorfer später durch seine eigenen Constructionen das Interesse der Kunstfreunde gesteigert. Seine Patentmechanik, welche durch eine sehr geschickte Combination der deutschen und englischen Mechanik entstanden ist*) und von dem Er finder, Ludwig Bösendorfer, zum hrsten Male in London 1862 prä- sentirt wurde, ferner sein „Unabhängigkeitsprincip“ , welches in der Herstellung der Construction ohne Zusammenhang mit der Tischler arbeit des Kastens besteht, so dass der Flügel selbst ohne den Kasten im Concert gespielt werden kann; endlich eine Resonanzbodencon- struction, nach welcher das Senken des Bodens gänzlich vermieden wer den soll, bezeugen das Nachdenken und Streben des angesehenen Mei sters, dessen Leistungen die höchste Würdigung verdienen. Die Instru mente Ehrbar’s & Bösendorfer’s waren theils kreuzsaitige, theils geradsaitige und sowohl mit Anwendung der deutschen und englischen Mechanik eonstruirt, als auch mit eigenen Erfindungen und Verbesse rungen hergestellt. Diese Vielseitigkeit, welche man bei den 16 Aus stellungsinstrumenten (worunter zwei Pianinos) der erwähnten Actien- gesellschaft vorfand, erregte unbedingt nicht geringes Interesse und liess für die Zukunft von der Verbindung Ehrbar & Bösendorfer Be deutendes erwarten; um so grösser war daher das Bedauern, als die Lösung des Verhältnisses bekannt gemacht wurde und nun auch der *) Die einfaclie und sein- tüchtige Hammerconstruction ist in Wort und Bild beschrieben in meiner Geschichte des Claviers, wo überhaupt die haupt sächlichsten Constructionen ausführlich dargelegt sind.