108 Gruppe III. Chemische Industrie. Zersetzungen eingehen. Jod und Brom können hier nur in seltenen Fällen durch andere billigere Agentien ersetzt werden. Für die Verwendung von Brom und Jod fällt noch die den Chemiker weniger berührende Eigenschaft derselben ins Gewicht, gleich vielen der selteneren Elemente, störend auf den gesunden thierischen Orga nismus zu wirken. Der Arzt bedient sich ihrer daher, zumeist in Form ihrer Verbindungen mit den Alkalimetallen, als werthvoller Arzneimittel. Das Fluor nimmt, wie in der wissenschaftlichen Chemie, so auch in der technischen, eine von derjenigen der übrigen Halogene etwas geson derte Stellung ein. Mit so bedeutenden chemischen Anziehungen begabt, dass es im freien Zustande kaum bekannt ist, kann diese gewaltige Energie in ihrer Allgemeinheit nicht zur Verwerthung gelangen. Man bedient sich vielmehr einzig seiner Vorliebe für das Silicium, indem man den Fluorwasserstoff als Zersetzungsmittel für Silicate (Aetzen von Glas u. s. w.) benutzt. Chlor und seine Verbindungen. Salzsäure. Als Ausgangspunkt für die gesammte Production des freien Chlors und dessen Verbindungen dient noch immer die Salz säure, welche in grösster Menge als Nebenproduct der Sodafabrikation nach dem Leblanc’schen Verfahren auftritt. Die Quantitäten von Chlorwasserstoff, welche in diesem Process in Freiheit gesetzt werden, sind so enorm, dass, würden sie vollständig in die transportable Salzsäureflüssigkeit übergeführt, die Production den Bedarf, trotz der Steigerung desselben in der Neuzeit, weit überwiegen würde. Man hatte sich daher, zumal in England, wenig Mühe gegeben, das saure Gas vollkommen zu condensiren, so dass ungeheure Mengen davon in die Atmosphäre entwichen, um nachher, gelöst in dem Wasser, welches sie in der Luft vorfanden, in der Umgebung der Fabriken niederzu fallen und mancherlei Verheerungen anzurichten, welche wohlberech tigte Klagen der Besitzer benachbarter Grundstücke hervorriefen. Dadurch machte sich für England ein Gesetz nothwendig, bekannt unter dem Namen der Alkaliacte, welchem zufolge nicht mehr als 5 p. C. der producirten Salzsäure in die Luft entweichen dürfen. In Folge dessen sahen sich die Sodafabrikanten gezwungen, der Condensation ihrer Salzsäure eine vermehrte Aufmerksamkeit zu widmen. Doch nicht allein in England hat man die zur Salzsäurecondensation dienenden Apparate vervollkommnet, sondern auch in Deutschland und Frankreich war man mit Eifer auf Verbesserungen bedacht. Veranlassung dazu gab einerseits der allgemach steigende Consum der Säure, wodurch die selbe einen höheren Werth erhielt, andererseits suchte man den Klagen der Umwohner zuvorzukommen, um nicht zu einem ähnlichen Gesetze