424 Gruppe VIII. Holz - Industrie. Wenn Venedig neben Florenz, Siena und Rom mit Ehren bestand verdankte es diesen Erfolg weniger der Zahl seiner Aussteller als den meisterlichen Arbeiten zweier Brüder, des Valentino Panciera, ge nannt Besarel, und des Francesco Panciera, gebürtig ausZoldobei Belluno und Abkömmlinge einer Familie, die seit den Zeiten des viel- gerühmten venetianischen Holzschnitzers Brustolone derselben Kunst obliegt und sich rühmt, ihr Urahn Besarel sei des Letzteren Schüler gewesen. Seines Zeichens ein Bildhauer, hat Valentino Besarel sich anfänglich nur aus Rücksicht auf leichteren Absatz von dem Mar mor Carrara« zum „Cirmolo“, dem Holz der Zirbelkiefer, gewendet m dem er nunmehr ausschliesslich arbeitet, so weit ihm nicht der Wunsch seiner Besteller edleren Stoff, das Nussholz oder den Marmor gestattet,- Für den Marquis of Bath hat Besarel im vorigen Jahre eine als sehr gelungen geschilderte Marmorreplik des Kamins in der Sala delF Anti-Collegio des Dogenpalastes gemeisselt. Den grossen Ka mm von Nussholz, welcher in Wien zu sehen war, hatte er auf Bestel lung und nach Angabe des russischen Generalmajors Peter Durnowo angefertigt. In den lebensgrossen Karyatiden mit der gewaltigen Mus- culatur, welche mit ihren Schultern den lastenden Sims stützen, ist mit Geschick auf jene kraftvoll bewegten Gebälkträger zurückgegangen, welche an bekannten Wandgetäfeln der venetianischen Barocke bewun- dert werden. Dass für die Verkleidung der Feuerstätte ein brennbarer ."stoff gewählt, mag der Besteller verantworten. Wie die Preise der übrigen Arbeiten Besarel’s muss derjenige dieses Kamins, 4000 Lire (3000 Rmk.), als ein sehr massiger erwähnt werden. Es verdient dies um so grössere Anerkennung, als es den italienischen Kunsthandwerkern dem Fremden gegenüber auf einige Tausende nicht anzukommen pflegt, die freilich auch nicht immer gezahlt zu werden brauchen. — Bei sei nen Cirmolosculpturen hat Besarel es seiner eigenen Aussage nach mehr auf gute Gesammtwirkung als- auf minutiöses Detail abgesehen — sehr richtig, da das weiche Holz wohl die Ausführung des letzteren ge stattet, ihm aber keine Dauer sichert. Von den Arbeiten dieser Gattung nenneii wir zwei für den Prinzen von Wales ausgeführte Candelaber- von je fünf Putten gestützte Vasenträger (2000 Lire), und zwei geist reich erfundene grosse Rahmen, welche für den Händler M. Guggen- heim in Venedig bestellt, und nur dadurch dem Besarel in Wien zu verdientem Lobe verhalten, dass der Preis von 900 Lire (für beide zu sammen!) zu hoch befunden war. Der eine dieser ovalen Rahmen stellte in heiterem Puttenspiel den Wahrspruch „L'unione fa la form“ (Einigkeit macht stark), der andere die Freuden des Tanzes dar. Musste man hier tadeln, dass die stilistische Bedeutung des Rahmens und dessen Symbolisirung im Ornament dem Figürlichen zu Lieb völlig geopfert war, so verdiente die flotte Anmuth der Bewegungen dieser in fröhlichem Spiel einander fassenden und haschenden Putten vollste