Mörtel und C e m e n t. Von Friedrich Knapp, Professor der techn. Chemie in Braunschweig. Steigender Wohlstand einer Nation, namentlich aber ein rasches Steigen des Wohlstandes, hat naturgemäss eine steigende Baulust zur Folge, die sich in der Vermehrung der Wohnhäuser, in der Ausführung zahlreicher öffentlicher Bauten kund giebt; längst gefühlte Bedürf nisse und neu aufgetauchte machen sich dann Luft. Dies gilt für das Deutsche Reich schon in den vorhergegangenen Jahrzehnten, es gilt in vei doppeltem Maasse für den Zeitraum zwischen der letzten Londoner und der Wiener internationalen Industrieausstellung. Denn in diesem Zeiträume treten noch die tiefgreifenden Motive einer freieren Lntwickelung in der Gesetzgebung ■—• Gewerbefreiheit und I reizügigkeit hinzu und bewirken ein bis dahin nicht gekanntes, schnelles Wachsthum der grossen Städte. Eine solche Zeit der ge steigerten Baulust und des gesteigerten Baubedürfnisses in Städten und Verkehrswegen widmet natürlich den Baumaterialien mehr Auf merksamkeit und Umsicht, es erweitert sich die Kenntniss, es vertieft sich die Erkenntniss derselben. In diesem Sinn gehört die mit der Wienef internationalen Industrieausstellung abschliessende Periode zu den ungewöhnlich fruchtbaren und nicht am wenigsten im Bereich des hier abzuhandelnden Gegenstandes der mörtelartigen Baumaterialien, der Kalkmörtel, der hydraulischen Kalke, der Cemente, der in Luft und der in Wasser bindenden. Natürliche Producte aller Art werden aufgesucht, studirt, praktisch verwerthet; neue Methoden werden auf gegriffen, bereits eingeführte verbreiten sich zusehends; eine rege Thätigkeit entwickelt sich in der wissenschaftlichen Ergründung der Principien der Herstellung und denen der Anwendung; ein lebhafter Aus tausch der Erfahrung mit den Ansichten, der empirischen Praxis mit dem wissenschaftlichen Studium breitet sich befruchtend über das ge- sammte Gebiet aus. Fortschritte nach verschiedenen Richtungen sind zu verzeichnen.