Pflanzenfaser. 5 welche, gewöhnlich durch einfache Handarbeit aus den Blättern oder Blattstielen der Pflanzen abgeschieden, ohne weitere Zubereitung ver arbeitet werden. In die dritte Classe ist die Gewinnung des Flachses, Hanfes und anderer ähnlichen feinen Fasern, welche vorherrschend neben der Baum wolle das Kohmaterial für die Textilindustrie liefert, sowie die ver schiedenen Sorten der Baste zu rechnen. Es beruht deren Gewinnung der Hauptsache nach auf dem chemischen Processe des Röstens oderRottens, welcher durch mechanische Operationen unterstützt wird. Und endlich die vierte Classe, welche die chemischen Processe in sich begreift, die die Abscheidung der reinen Cellulose aus Stroh, Holz und dergleichen in der Form von Papierfaser zum Zwecke hat. Wie in so vielen anderen Fällen, so ist auch in der Entwickelung der chemichen Technik der Pflanzenfaser die Empirie der Theorie vor ausgeeilt und selbst jetzt noch muss es weiteren eingehenden experi mentellen Untersuchungen Vorbehalten bleiben, eine sichere Basis für die Beurtheilung mehrerer der hier zur Anwendung kommenden che mischen Processe zu schaffen. Dass dieses bis jetzt nicht in ausreichender Weise geschehen ist, kann aber weder der Chemie noch der Pflanzenphysiologie zum Vor wurf gemacht werden; denn bei genauerer Prüfung des Gegenstandes wird leicht ersichtlich, dass die experimentelle Bearbeitung desselben mit ganz besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. \ Nur mit Hülfe der in neuerer Zeit zugänglich gewordenen kräf tigen mikroskopischen Mittel wurde es möglich, Aufschluss über den höchst compliciften Charakter der histologischen Pflanzenelemente zu erhalten, und da die chemische Untersuchung derselben hauptsächlich auf mikrochemische Methoden angewiesen bleibt, so ist leicht zu begrei fen, dass diese Mittel in vielen Fällen, der unbestimmten und wenig markirten Eigenschaften der Untersuchungsobjecte halber, nicht aus reichen, um entscheidende Resultate zu liefern. Immerhin bieten aber die bereits vorliegenden Thatsachen genügendes Material, um wenig stens eine Vorstellung über das Wesen der hierhergehörigen technisch chemischen Operationen zu gewinnen und es mag daher am Platze sein, die wesentlichsten auf diese Frage Bezug habenden Erfahrungen hier in Erinnerung zu bringen. In der Abfassung des vorliegenden Berichtes wurden von litera rischen Quellen Forbes Royle „The fibrous Plants of India“ London 1855, verschiedene Abhandlungen von Forbes Watson in „Journ. Soc. of Arts“ 1860, p. 448, 1875, p. 522 und besonders Julius Wiesner „Die Rohstoffe des Pflanzenreiches“, Leipzig 1873 benutzt. In diesem vortrefflichen Werke stellte sich der Verfasser die Auf gabe, eine auf naturwissenschaftliche Grundlagen basirte Zusammen stellung der technisch verwendeten Pflanzenproducte zu geben und es