Pflanzenfaser. 13 beiden in engem Zusammenhang steht. Die Cellulose verhält sich in der That wie Stärke in einem verdichteten Zustande und abge sehen von den damit zusammenhängenden physikalischen Eigentüm lichkeiten und der grösseren Resistenz, welche die Cellulose zeigt, verhalten sich beide Substanzen chemischen Agentien gegenüber voll ständig gleichartig. Die äusseren resistenteren Schichten der Stärke körner selbst, die sogenannte Farinose, ist von der eigentlichen Cellu lose chemisch kaum zu unterscheiden x ). Der Hauptbestandteil der Stärke, die Granulöse, ist der Cellulose gegenüber besonders durch die Kleisterbildung, die Jodreaction und die Leichtigkeit der Ueberführung in Dextrin und Glucose mittelst Diastase oder in der Wärme charakte- risirt. Mit Ausnahme der Kleisterbildung lassen sich aber auch durch Anwendung kräftigerer chemischer Mittel dieselben Reactionen mit der Cellulose hervorrufen und scheinen dieselben auf einer vorüber gehenden Rückbildung der Cellulose in unorganisirte Stärke oder Gra nulöse zu beruhen. Die umgekehrte Reaction, d. h. die Ueberführung der Stärke in Cellulose auf künstlichem Wege, ist dagegen bis jetzt noch nicht beobachtet worden. Im Vergleich mit den übrigen Pflanzenbestandtheilen ist die Cel lulose durch einen gewissen Grad von Indifferenz charakterisirt, welche sie chemischen Agentien gegenüber zeigt, und es beruht hierauf ihre Abscheidung aus den complex zusammengesetzten Pflanzengeweben durch Anwendung von Mitteln, welche die Nebenbestandtheile dersel ben zerstören. Doch ist diese Widerstandsfähigkeit keineswegs so un begrenzt und es sind daher die Umstände, unter welchen die Cellulose Umwandlungen oder Zersetzungen erleidet, für die Technik von ge wissem Interesse. In der That verdienen dieselben viel mehr Beach tung, als man ihnen im Allgemeinen angedeihen lässt, und es wird bei den gebräuchlichen Behandlungsweisen der Pflanzenfaser noch all zu sehr auf die vermeintliche Unzerstörbarkeit der Cellulose gesündigt. Es ist vom technischen Standpunkte aus besonders im Auge zu behalten, dass bei der Anwendung oder Verwerthung der Cellulose nicht sowohl die Substanz selbst als vielmehr die Form derselben in Betracht kommt und dass man daher vor Allem darnach zu trachten hat, dass die phy sikalischen Eigenschaften der Zellenmembran als solche im Laufe der Aufbereitungsprocesse nicht beeinträchtigt werden. Als technisch-chemisch wichtig mögen zunächst folgende Eigen schaften der Cellulose Erwähnung finden. Während die Cellulose in der Kälte mit massig concentrirten Säu ren oder Alkalien in Berührung gebracht, nicht merklich angegriffen wird, findet bei erhöhter Temperatur bald wahrnehmbare Einwirkung *) Musculus (Arm. chim. phys. [5] II, 385) stellt neuerdings die von Naegeli angenommene Identität der Farinose mit Cellulose in Abrede.