66 Gruppe III. Chemische Industrie. Gefässbtindel monoeotyler Pflanzen. Phormiumfaser oder Neuseelandflachs. Unter den zahlreichen interessanten Naturproducten, welche für die Inseln von Neuseeland charakteristisch sind, war es besonders auch die von den dortigen Eingeborenen aus den Blättern einer Liliäcee, der Phormium tenax, gewonnene Faser, welche die Aufmerksamkeit des Ent deckers des Landes auf sich zog. Diese schöne weisse seideglänzende und ausserordentlich feste Faser wurde in der Folge bald Handelsartikel und in neuerer Zeit wird die Pflanze selbst allenthalben auch in Europa ihrer schönen Blätter und ihres imposanten Wuchses halber in Garten anlagen angepflanzt x ). In Neuseeland (und der Norfolkinsel) tritt die Pflanze in mehreren Spielarten auf und es wurde von den Eingeborenen, den „Maoris“, auf eine sehr einfache aber äusserst vollkommene Weise daraus die Faser ab geschieden und als die einzige ihnen zu Gebote stehende textile Faser zu allerlei Geweben und theilweise sehr kunstvollen Geflechten verar beitet. In Europa findet die Phormiumfaser schon seit geraumer Zeit Verwendung zur Erzeugung gewisser Arten von Damastgeweben und auch in der Seilerei. Die Phormiumblätter haben gewöhnlich eine Länge von 1 bis 2 m und eine Breite von 6 bis 8 cm; sie bestehen der Hauptsache nach aus drei verschiedenen Gewebsformen: Epidermis, Parenchymgewebe und Fibrorasal- oder Blattgefässbündel. Letztere bilden strangartige Lagen, welche durch das dünnwandige grosszeilige Parenchym von einander getrennt sind. Am unteren Theile des Blattes, welches die Scheide bildet, sind die Fibrorasalbündel an der äusseren Seite und unmittelbar unter der Epidermis liegend am vollkommensten entwickelt, während am oberen flachen Theil des Blattes das Umgekehrte der Fall ist und die am besten ausgebildeten Gefässbündel an der inneren Seite des Blattes liegen. Die in den übrigen Theilen des Blattes enthaltenen Faserbündel sind dünner, weniger vollkommen entwickelt und führen neben den bastartigen Elementen noch Spiralgefässe und cambiale Zellen. Diese Ungleichheit der Faserbündel ist von Bedeutung und die Ursache, wesshalb die in neuerer Zeit mittelst Maschinen abgeschiedene - 1 ) Obgleich Phormium tenax auch in anderen Ländern wie Neusüd wales, Ostindien, Mauritius, Natal etc. sehr gut gedeiht, so muss hier doch entgegen den anderwärts hierüber gemachten Angaben bemerkt werden, dass bis jetzt eine Fasergewinnung im Grossen in keinem dieser Länder betrieben wird. Neuerdings hat man diese Pflanze auch in den Azoren angepflanzt, mit der Absicht, die Faser zu produciren.