L.: HOLLÄNDISCHE REISESKIZZEN XII. DAS BHUERNHHUS er graugelbe Dünenfand längs des geraden Küftenftricbes an der Nordfee; jenfeits von diefem Graugelb das Grau* blau des ewig wecbfelnden, tonigen Himmels, und zwifcben dem graugelben Sand und der graublauen Htmofpbäre das Kind diefer beiden Elemente: das Meer. Seine Farbe ift ein Mittel« ding; die Sonne gibt ihm als Gefcbenk das leuchtende Gold, das in feiner Wiege fcbaukelnd taufendfacb erglänzt. □ Dahinter fein Gegenfaij, die Hügelreiben der Dünen, ein wo« giges Meer, im Sand erftarrt. Spärliches Gras, das zarte Violett der Diftel, das lichtgrüne Gerank der Brombeere find der ein* zige Schmuck der dürftigen Schönheit; an den Ausläufern land* ein hier und da ein rotgelbes Feld mit Kapuzinerkreffe, ein jähes Erbrennen und Leuchten, wie von einer Feuerlohe auf dem zartflimmernden Kleid der Dünenhügel, das fonft nur in den verfchwimmenden Farben von Graugelb bis Blaßlila wie Scbillerfeide gewebt ift. Der knallige rotgelbe Lat} ift eine Ko* ketterie, die fich auf Farbenwirkung verftebt. □ Die Natur wirkt hier mit wenigen Mitteln; fie vermeidet das pittoreske; aber fie erfcheint reich und mannigfaltig. Sie gibt fich in Kontraften aus. Es ift zu begreifen, daß die Künftler aller Länder Holland lieben. Die Maler vor allem. □ Zwifcben den Hügeln feewärts verfinkt ein Fifcherdorf, eine Zweifarbenbarmonie von ftumpfem Rot der Dächer und pecb* fcbwarz geteerter Planken, düfter faft und eintönig, in feltfamem Gegenfat) zur Heiterkeit der Fifcbersleute. □ Die wecbfelvolle Monotonie des Meeres, die Einfamkeit der kargen Dünenlandfcbaft im Rücken, blickt man auf das freund* liehe, liebtgrüne Flachland hinaus, fcbmuck anzufeben mit feinen Ackern und Wiefen, dem Weidetier und den Gehöften, den Türmen und Städten, halb verhüllt vom Dunkel der Ferne. Die Anmut der fruchtbaren Landfcbaft ift eine Erlöfung von dem Druck der Einöde und ihrer Größe. □ Das Bild Nordbollands trägt diefe beiden Wefenszüge. □ Das typifebe Bauernhaus in diefer Gegend, im Umkreis von Egmond, gleicht in feinem Inneren felbft einem Schiff. Der Ver* gleich betrifft die forgfältige Ausnüt)ung des Raumes, die Ord* nung und Sauberkeit. Der Ziegelbau, — ein regelrechtes Qua* drat - ift nur etwas über mannshoch, etwa zwei Meter; aber das Strohdach ragt weit über den Kranz von Bäumen hinaus, die das Haus wie eine Scbutjgarde in einfacher Reihe dicht um* fteben. Beim Eingang befindet fich auf einem Podium in der Ecke, mit zwei Fenftern nach Süden, ein geringfügiges Mobiliar, Tifcb und Stühle, der Sommeraufentbalt der Familie; längs der Südwand liegt die offene Kojenreihe der Kühe, die Sommers auf der Weide find; das Haus ift Stall, Wohnung, Vorratskam« mer zugleich. Stall und Sommeraufentbalt der Familie; in einem in diefem Langraum, deffen Reinheit und Behaglichkeit unübertrefflich find. Blübweiß find Mauer und Holzwerk ge* ftricben; die Futterrinne ift fpiegelblank, der Boden in den Kojen mit blanken Mufcbeln beftreut; der mit Ziegeln gepflafterte Flur fauber gefcheuert, mit weißem Sand beftreut und mit be* mufterten Matten belegt. Die Türen gegenüber der Fenfter* wand enthalten die Schlafftellen der Mägde. An der Oftfeite des Haufes, von der Stallfeite im Süden durch eine Holztür ge* trennt, liegt die Winterwobnung der Familie; wenn das Vieh im fpäten Herbft die Ställe bezieht, macht fich der Bauer und die Seinen in den kleinen Kammern an der Oftfeite zu* recht. So klein fie find, fie febeinen febr geräumig und an* genehm; alle Kaften und Betten find in die Wand bineingebaut und mit Türen abgefebtoffen; es gibt kein fperriges Möbel im ganzen Bauernhaus und am wenigften in der Winterwobnung, deren Raum mit Ölfarbe geftricben, jedes Zimmer in einem anderen Ton, gelb oder grün oder lachsrot. An der Weftfeite, vom Sommerfit) ausgehend, zieht ebenfalls ein fcbmaler Flur bin, wo fich der Kamin, der Kochherd, die Eßvorräte des Tages befinden, alles in die Wand vertieft, fo daß keine Winkel und Ecken im Gang entftehen. Die Nordfeite, die fich ebenfalls als langer Flügel auftut, dient für die Zufuhr und Einlagerung der Futtervorräte, die den ganzen, in fich gefcbloffenen, nur von diefer Nordfeite zugänglichen Mittelteil des Haufes einnebmen. Der Grundriß ftellt fomit einem im Quadrat umlaufenden Gang dar, der das kleinere Quadrat des bis ans Dach angefüllten Speichers einfcbließt. Diefer umlaufende Gang teilt fich in Ställe, Sommer* und Winterwohnung, Eßraum für Familie und Ge» finde, Kammern für Butter* und Käfebereitung, wovon die let)» teren ebenfalls an der Nordfeite liegen. Diefe ift weiter nicht bewohnt. Sie bat den Wetteranprall auszubalten, weshalb die übrigen Räume in gefchütjter Lage find. Der Hauseingang an der Nordfeite dient zugleich als Wagenfcbuppen. An diefer Seite liegen in der Regel noch ein oder zwei kleine Nebengebäude für Wirtfcbaftszwecke. Der Bauer ftreiebt feine Fenfterläden und hält auf fchmuckes Ausfehen auch nach außen. Zuweilen ift der Zweifel berechtigt, ob man angefichts einer Villa oder eines Bauernbaufes ftebt. Der moderne Landbausbau in Hol* land bat denn auch in manchem Äußerlichen den Anfchluß an das beimifche Bauernhaus gefucht, worin England ein Vorbild gegeben bat. □ ÜBER DFIS BUCHBINDEN D ie in diefem Heft unter »Technik und Kunft im Gewerbe« folgenden Ausführungen über das Bücherbinden von Douglas Cockerell, dem berühmten englifchen Buchbinder und Schüler Cobden*Sanderfons, bildeten einen Vortrag, den der Autor in Cambridge und London gehalten. Im »Archiv für Buchbinderei« findet fich zu diefem Vortrag die Anmerkung des Verfaffers, daß er feine Rede mit der Abficht aufgefetjt, die befte Art des Buchbindens zu befebreiben. »Ein fokhes Binden muß immer febr koftfpielig fein, zu koftfpielig für die meiften der billig bergefteilten Bücher unterer Zeit. Wenn es auch viele Bücher gibt, die der beften Arbeit des Buchbinders würdig find, und viele Menfcben, die folcbe Bücher genügend lieben, um folcbe Arbeit zu bezahlen, für die große Mehrzahl wird irgend eine billige Methode gut genug fein. Dennoch kann der Einband in bezug auf den Buchkörper kräftig, äußerlich anfebnlicb, zugleich aber auch billig fein. Um aber billig zu fein, muß der Band mehr oder weniger mafcbineU, in großen Mengen bergeftellt werden; auch kann er nicht das individuelle Intereffe erhalten wie ein Stück Arbeit, bei welchem der Bindende fein Beftes tun kann und jeden Grad der Arbeit unter dem Gefichtswinkel des In« baltes betrachtet. Im erfteren Falle erhält man vielleicht ein Stück tüchtiger Arbeitskunft, im anderen — vielleicht - ein Kunftwerk.« □ Unfere Abbildungen von Bucheinbänden, die zum Teil den Rang wirklicher Kunftwerke einnehmen, verdanken wir in Ver bindung mit diefen Ausführungen dem von Paul Adam in Düffel dorf ausgezeichnet geleiteten Archiv für Buchbinderei. (Verlag von W. Knapp in Halle a. S.) □ 284