ÜBER DIE TECHNIK DER GOBELIN, INSTANDSETZUNG. • • ber die moderne Technik der Wiederherstellung von Gobelins gibt Frau Carlotta Brinkmann, welche mit der Instandsetzung der kostbaren RaffaehTeppiche (Berliner Kaiser Friedrich-Museum) betraut war, in der Zeitschrift „Museumskunde“ interessante Aufschlüsse, die als gültige Normen für Gobelinreparaturen betrachtet werden können. „Schon im Mai 1902 ward der erste der neun Teppiche (,Die Steinigung des Stephanus') von seinem alten Platz im Museum, aus der alten Kuppelhalle entfernt und in das damals noch unfertige Kaiser Friedrich-Museum hinübergeschafft. Denn hier, wo die Teppiche bleiben sollten, fand sich der gutbelichtete Raum, in dem die Arbeiten vor sich gehen konnten. In drei Monaten war der erste probeweise ausgeführte Teppich fertig und die weiteren Arbeiten an den übrigen konnten dann sehr bald fortgesetzt werden. Es ließ sich durchführen, zu gleicher Zeit drei Teppiche zu bearbeiten. So ward es möglich, die ganze Aufgabe in 19 Monaten (d. h. in 47.000 Arbeits stunden) zu Ende zu führen. Das war Anfang Jänner dieses Jahres," über die VORARBEITEN wird besagt: „Sobald der Raffael- Teppich vom Futter befreit ist, wird er in den Stickrahmen eingenäht und horizontal ausgespannt. Dies geschieht so, daß bei beiden Rahmenwalzen, die gleichzeitig gerollt werden, die Unrechte Seite des Teppichs außen liegt, weil während der rückseitigen, die meiste Zeit beanspruchenden Arbeit die un- rechte Seite eben liegen muß. Der lange tischartige Rahmen, der auf vier Böcken ruht, wird dann ungefähr in der Mitte in einer Breite von 60 Zentimeter ausgespannt. (Es erwies sich stets als praktisch, die Arbeiten an den Teppichen von der Mitte aus zu beginnen.)“ Der GANG DER INSTANDSETZUNG war folgender: „Es gilt zunächst, die Schäden zu untersuchen. Die Arbeiterin umgrenzt die schadhaften Stellen mit feinen stählernen Steck nadeln. Während dieser Suche hat sie die rechte Seite vom Teppich vor sich, wo die Übersicht viel deutlicher ist als auf der Unrechten Seite, bei der die ungezählten, unbefestigten Webfäden Schäden wie Zeichnung verdecken. Es ergibt sich während der Untersuchung, daß neben den auffälligen Schäden, bei denen Teile des eingewirkten Musters zerstört sind oder zu zerfallen drohen, ein großer Teil auch darin besteht, daß Kettfäden zerrissen sind oder gar fehlen. Diese Kettfäden zu ersetzen, die das unentbehrliche Gerüst für den Teppich sind, wird deshalb als wichtige Aufgabe sogleich und ebenfalls auf der rechten Seite vorgenommen. DIE ERGÄNZUNG EINES KETTENGARNLOCHES ver anschaulicht folgendes (man stelle sich vor, daß die un sichtbare, im Gewebe sich jedoch rippenartig ausprägende Kette bei der horizontalen Lage des eingespannten Teppiches 262