die nur ungenügend durch Straßen und BeleuchtungS' anlagen passierbar sind. Durch den Umstand, daß der weitere Bodenbesitz, auf dem die Stadt mit ihrer Umgebung liegt, in wenigen festen Händen vereinigt ist und jedem Käufer ein beliebiges Stück Bauland an beliebiger Stelle ohne vor' herbestimmten Bebauungsplan abgegeben wurde, ist die willkürliche Bauerei an allen Ecken und Enden gefördert worden. Da sich ausschließlich die Spekulation damit be^ faßte, ist an solchen Baustellen das Niederträchtigste, das an Hausbauerei möglich ist, entstanden, davon wir nur einige geringe Proben bildlich darstellen. Bürgermeister und Rat haben die Unhaltbarkeit dieser Zu' stände eingesehen und das Nötige veranlaßt, um eine bessere Entwicklung anzubahnen. Sie haben sich sagen müssen, wenn ihr Amstetten ein angenehmer und einladender Auf' enthalt werden soll, dann darf die Schönheit nicht fehlen. Was bisher geschehen, war freilich das Gegenteil von dem Streben nach Schönheit gewesen. Wenn die Stadt gehoben werden soll, dann muß sie ebenso komfortabel als ästhetisch befriedigend sein. Ohne den Techniker und den Künstler ging es nicht mehr. Vom ersteren hängt das Praktische, vom letzteren das Schöne oder vielmehr von beiden beides. Man tat zunächst das Richtigste, was sich tun läßt, man berief einen Geometer, um die Markung und die Besitz' grenzen festzustellen, damit auf dieser Grundlage der RegU' lierungsplan aufgebaut und verläßlich gehandhabt werden könne. Man hatte das Glück, den rechten Mann zu treffen, der sofort auch nach wies, wie unrichtig die alten Ver' messungen waren und wie ein Regulierungsplan auf Grund der alten Vermessungen nie und nimmer zum Rechten hätte führen können. Infolge ungenauer Besitzfeststellungen wären Konflikte und Prozesse unvermeidlich gewesen, die eingezeichneten Straßen hätten nur auf dem Papier be' standen und die Wirklichkeit hätte ein sinnlos ver' schrobenes Bild ergeben, wie es in vielen Städten der Fall ist, die sich von Unberufenen Regulierungspläne auf Grund alter Mappen aufstellen ließen. Wie groß die Ungenauig' keiten in den alten Vermessungen sind, geht aus dem Ver' gleich mit den neuen Amstettener Messungen hervor, die wir in einigen Beispielen zusammengestellt und als Plan' skizzen dieser Erörterung vorausgeschickt haben. Der Geo' meter, der nun mit dem Ingenieur tüchtig an der Arbeit ist, erklärt aber mit vollem Recht, daß auch ein künst lerischer Faktor zum Wort kommen müsse, wenn das künftige Stadtbild wirklich vollkommen und anziehend der Bürgerschaft, ihren Häuptern und der geistigen und wirt' schaftlichen Wohlfahrt zu Nutz und Frommen gereichen soll. Auf die Frage nach der geeigneten Persönlichkeit haben wir Antwort geben können und nun ist auch der Künstler im Verein mit den anderen fachlichen Mächten am Werk, die Stadt in ihren formalen Verhältnissen auf die Höhe der Zeit zu bringen. Wie sehr recht haben doch die technischen Fachmänner und im Verein mit ihnen Bürgermeister und Rat gehabt, auch den Künstler zu berufen! Wie mächtig muß dieses Vorbild auf die anderen Städte wirken, die heute noch um gewiß schwanken, sollen sie entschlossen diesen einzig richtigen Weg gehen oder ein elendes Kompromiß mit allerlei Spekulationsideen und Spekulanten schließen! Wie groß müssen die Segnungen sein, deren Amstetten in etwa zehn Jahren, wenn sie wirklich nach den eingeleiteten Grundsätzen folgerichtig ausgebaut ist, teilhaftig wird, und wie sehr werden die anderen Städte das Beispiel befolgen wollen, wenn es für sie aus wirtschaftlichen und sonstigen Gründen inzwischen nicht zu spät geworden ist. Was in künstlerischer Hinsicht nottut, und worauf ein Augenmerk zu richten ist, haben wir in der vorstehenden allgemeinen Erläuterung über die Art, wie ein guter tech' nisch und künstlerisch einwandfreier Regulierungsplan zu stände kommt, auseinandergesetzt und brauchen uns daher nicht zu wiederholen, denn das dort Gesagte gilt auch hier. In Amstetten hat der Künstler trotz der unglücklichen Bau' periode während der letzten 30 Jahre noch immer ein paar hübsche Ausgangspunkte für eine charakteristische Ge' staltung, die dem Orte einst eigentümlich gewesen sein mag. Noch findet sich bei der schönen, alten Pfarrkirche, die um bedingt zu erhalten und vielleicht durch einen Anbau zu erweitern ist, weil zu klein geworden, der schöne, alte Pfarrplatz, durch eine Baumreihe von der Straße, wo der Wagenverkehr geht, abgeschlossen, ein ruhiger und ge' sicherter Sammelplatz für die Bürger' und Bauernschaft, die Sonntags aus Stadt und Umgebung hier zusammen' trifft und vor und nach dem Gottesdienst einen EinigungS' punkt findet. Es ist ein anmutiges Bild, das die schöne, alte Kirche, der von herrlichen, alten Bäumen eingefaßte Platz mit seinen sonntäglichen Menschengruppen bietet. Die neue Klosterkirche entbehrt dieses Reizes vollkommen, ab' gesehen davon, daß sie auch in ihrem Äußern ein Werk nüchterner, unkünstlerischer Stilmacherei ist. Sie mündet direkt auf die Straße, bietet vor ihrer Pforte keinen Platz zum Verweilen und setzt die aus der Kirche tretende Menge der Gefahr aus, knapp vor dem Kirchenportal über' fahren zu werden. Der Situationsplan allein ist schon ein Beweis architektonischer und künstlerischer Unfähigkeit. Ein weiteres günstiges Merkmal kommt für die künftige Stadtgestaltung in Betracht. Es ist jenes Auland, das als Stadtpark gedacht ist, ein lang hingestrecktes Grundstück, reichlich mit Bäumen und Rasen bestanden. Der Künstler kann hier einen glücklichen Griff tun. Die lang hingestreckte Form kann er zu besonderer künstlerischer Wirkung aus' nützen, lange Laubgänge und geschnittene Baumwände him ziehen, die in Lauben, Brunnen oder schöne Plastiken kulminieren. Die lange, schmale Form ist dankbar und läßt die feinsten Wirkungen möglich erscheinen. Eine Fülle von Be' merkungen, mehr bestimmt, die Bürgerschaft auf die Wich' tigkeit der künstlerischen Mitwirkung aufmerksam zu machen, denn den Künstler zu belehren, der selbst weiß, was nottut, wäre noch einzuflechten, wie etwa die Frei' legung des alten Brunnens am Platze, dem unvernünftiger' weise eine Waghütte vorgebaut ist, ferner die Schaffung von Cottageanlagen im Westen, die Verlegung der Fabriken nach dem Osten, fern vom Wohnteil der Stadt, die Bildung von Arbeiterwohnhäusern nach sozialen, künstlerischen und hygienischen Grundsätzen und vieles andere noch wäre hier anzuführen, wenn es in der vorangehenden Erläuterung nicht schon angedeutet und in den früheren Heften im einzelnen schon ausführlich behandelt worden wäre, so daß es nur nachgelesen zu werden braucht. Bei später sich darbietender Gelegenheit kommen wir noch auf Amstettener Regulierungsfragen zurück, namentlich, wenn sie zu gemeinnützigen Anregungen Ursache geben. Im folgenden schließen wir dieser allgemeinen Schilderung der Situation eine detaillierte Darstellung der notwendigen Arbeiten und Arbeitsteilungen an, die dahinführen sollen, Amstetten zu einem schönen und modernen Stadtganzen zu bringen. 310