Alt-Wiener Gärten. änderte Zeitgeschmack, die romantische Naturschwärmerei zu Anfang des XIX. Jahrhunderts, die nach angeblich englischem Muster das Wildwachsen der Bäume und Sträucher be^ günstigte, sind die Ursache des Verfalls. Die Schere hörte auf, ihren Dienst zu tun; im Schwarzenberg'Garten ist ein Teil „Naturpark“ en miniature geworden. Damit hat die Anlage ihren Sinn verloren. Er ist eine schöne Gartenruine. Das Bestehende, der Belvederegarten ist glücklicher daran, ist lehrreich genug. Die^Gartenkunst, in der heutigen Praxis nur dem Namen nach bekannt, findet hier nichts unmittelbar zu kopieren, denn sie hat den veränderten Zeitverhältnissen Rechnung zu tragen, aber sie findet hier künstlerische Ge^ setze und Wirkungen, die nicht veraltern. Sie findet hier das Beispiel, auch im kleinen Raum groß zu wirken — nur bei strenger architektonischer Anlage möglich — sie findet hier eine Gartenarchitektur aus Stein, aus Lattenwerk und aus grünen von der Schere gebändigten Laubwänden, sie findet eine Brunnenkunst, die den Wasserstrahl wieder zum künst lerischen Hauptmittel der plastischen Idee erhebt, sie findet eine Gartenplastik, die in guter räumlicher Beziehung aufi gestellt ist, sie findet zum Teil den Rasen als große env heitliche Fläche architektonisch verwendet und schließlich findet sie die künstlerische Bewältigung des unebenen Terrains. Was sie nicht findet, ist die Verwendung der Blume und ihrer Farbe zu großen architektonisch wirkenden Flächen oder die Blume als Einzelwirkung, eine Aufgabe, dem heutigen Künstler Vorbehalten. Die zweite Art bodenständiger Gartenkultur liegt an der Peripherie, in den ländlichen Vororten, zum Teil verkümmert und verdorben, zum Teil noch gut erhalten, in Einzelheiten wenigstens. Auch diese ist, wenn auch unbewußt, einem künstlerischen Gesetz gefolgt. Als grüner Gürtel mit einem ungeheuren Komplex an Wald, Feld und Gartengrund liegen sie um die Stadt und geben derselben eine besondere Schönheit nicht nur als Naturkranz, sondern als Hüter und Bewahrer der älteren heimatlichen Baukunst. Diese halbländlichen Vororte enthalten jene feinen Beispiele alter Gartenkunst, die auf einen beschränkten Raum im Hause angewiesen ist; sie überliefern beachtenswerte Lösungen heimischer Vorgärten und Hausgärten. Mit den kleinen Vorgärten sehen die Bauern^ und Winzer^ häuser aus wie schmucke Landmädchen, mit einem Blumen-- Strauß vor die Brust gesteckt. Ein hölzerner Zaun geht vor der niedrigen Fensterreihe hin und läßt einen schmalen Fuß' (Nach Stichen von Sal. Kleiner.) weg zwischen den ebenfalls schmalen Beeten an Hauswand und Zaun frei, nicht mehr. Das ganze Vorgärtchen ist ans Haus gedrückt. Aber der schmale Streifen birgt eine üppige Blumenwildnis. Buchs dient gewöhnlich zur Einfassung der Beete, am Zaun steht blühender Phlox in dichten Ständen, die Kapuzinerkresse, die Ringelblume, Pelargonien, Lobelien und Betunien liefern die lebendigen Farben an der Haus' mauer und in den Beeten, wo die Rosenbäume blühen. Ahorn, von der Schere gebändigt, bildet eine grüne Architektur als Hecke und Torbogen über der Zauntür. Auch eine Laube kann man gelegentlich vor dem Hause finden, und wenn nicht hier, dann sicherlich hinter dem Hause in dem eigent' liehen Hausgarten, eine gemütliche Laube, von Wein, Geiß' blatt oder Kletterrosen überwachsen, ebenso wie den Lauben' gang oder die Pergola als Spender des Schattens. Im übrigen ist es ein Blumengarten wie vorne am Hause, mit recht' eckigen Beeten und bunten Glaskugeln, die ein leuchtendes Farbenspiel in die Blumenpracht setzen. Die heimatliche Flora liefert den Bestand an Bauernblumen. Einen gewissen Gegensatz zu den vornehmen höfischen Gartenschöpfungen des Barock und zu den volkstümlichen, in ihrer Art nicht weniger vortrefflich gelösten alten Hausgärten, den so' genannten Biedermeiergärten, bildet die dritte Art, die neuen „städtischen Parks“ und „Gartenanlagen“. Die Schablone ist überall dieselbe. Eine Verquickung fram zösischer und englischer Gartenbaugrundsätze, die nicht zu glücklichen Ergebnissen geführt hat. Von armseligen Draht' gittern eingehegt, stellt ein Rasenfleck die Wiese, eine un ruhige, stockige Zusammenstellung von Büschen gleichsam den Wald vor. Französische Teppichbeete und krumme Wege, die gänzlich aus der Richtung führen, charakterisieren die Planlosigkeit der Anlagen, die infolgedessen meistens um gemütlich erscheinen. Es ist sehr zu beklagen, daß in dieser dritten Kategorie von Gartenanlagen nicht die bodenständige Tradition sorgfältiger berücksichtigt worden ist, damit sich das Neue dem Alten würdiger anschließe. Bei öffentlichen Anlagen, bei denen es sich oftmals nur um die gärtnerische Ausbildung eines kleinen Fleckes Erde inmitten des Straßen' gewirres handelt, wäre die Beachtung des alten Beispieles besonders vorteilhaft, denn es lehrt, daß eine Gartenanlage um so strenger architektonisch durchgeführt werden muß, je kleiner sie ist. Die alten ländlichen Hausgärten und die großen fürstlichen Barockgärten mit den geschnittenen Laub' wänden geben ein schönes Vorbild. Der kleinste Fleck mag 182