I "~~l VERSCHIEDENE r l KULTUR - ANGELEGENHEITEN. EINE ENGLISCHE AUSSTELLUNG VON COTTAGES. s hat den Anschein, daß in England jeder Durchschnittsarchitekt in der bürgerlichen und ländlichen Bauweise das leistet, was auf dem Kontinent schon auf den Anspruch einer ungewöhnlichen Künstler' schaft berechtigen würde. Hier ist es das Ausnahmsweise, dort das Selbstverständliche. Es liegt daran, daß in England der Architekt von einem Laienpublikum unterstützt wird, das Kultur hat und Bedürfnisse kennt, die nicht von dem Firnis internationaler Moden, sondern von der wurzelfesten lokalen und nationalen Eigenart bestimmt sind. Diese Bedürfnisse sind eine organisch begründete Notwendigkeit geworden und der Hausbau hat davon das Gepräge. Bei uns büßt der Architekt unter der Indolenz des Publikums. Seine Arbeit huldigt in der Regel einer oberflächlichen, albernen Stilfrage. Während England eine aus- gezeichnete bürgerliche Hausbauweise entwickelt, entstehen auf dem Kontinent alierortens größere und kleinere Wohnbauten, Landhäuser etc., die eine wahre Schmach sind. In England war es kürzlich möglich, eine große Anzahl billiger Einfamilienhäuser anzulegen, sie zuerst als Ausstellung zu eröffnen und sie später der Benützung für ihre Käufer zu übergeben. Die Veranstaltung ging von der Londoner Zeitschrift „The County Gentleman“ aus. Ein riesiges Komitee, darunter namentlich der englische Adel stark vertreten war, hatte sich gebildet, das Acker' bauministerium und zahlreiche andere offizielle Körperschaften leisteten das Ihrige, den Gedanken zu verwirklichen. Nicht weniger als 85 Bau' firmen und Architekten haben Entwürfe geliefert, die in einem Buch gesammelt erschienen sind und ausnahmslos ausgezeichnete Gedanken verkörpern. Auch bei uns zu Lande wird viel gebaut, Arbeiterhäuser und kleine Wohnbauten, aber es ist ein unerhörter Skandal, mit welcher Leichtfertigkeit und Gleichgültigkeit gegen alle Forderungen, deren Erfüllung in England zur unvermeidlichen Selbstverständlichkeit gehört, dies geschieht. Von dieser Stelle aus wurde der mehrfache Versuch unternommen, unser Publikum und namentlich die berufenen Mächte für eine ähnliche Aktion zu gewinnen. Vielleicht wirkt das englische Beispiel belebend auf das schlummernde Interesse. HEIMISCHE BAUWEISE. in Architekt JOSEF BICHLMEIER in Aeschach bei Lindau hat die heimische Bauweise für den Kreis von Schwaben und Neuburg studiert und auf dieses Studium seine Entwürfe für neue einfache Wohn- gebäude aufgebaut. Eine Auswahl dieser Beispiele, alte und neue, ist als Flugschrift bei der Süddeutschen Verlagsanstalt, München, zum Preise von M. 1-20 erschienen. Die alten Beispiele sind wunderschön und die neuen nehmen sich in dieser Nachbarschaft recht gelungen aus. Es ist glücklicherweise nicht das einzige Beispiel, das in Süd' deutschland das Bestreben zeigt, im Anschluß an gute heimische Vor- bilder die kleinen Baumeister und das baulustige Publikum in der Kleinstadt und auf dem Lande zu einer anständigen Bauweise zu erziehen. Neuartige bauKÜNSTLERISCHE Erscheinungen sind dabei allerdings nicht zu erwarten; aber ist es denn nicht lächerlich, bei jeder kleinen Alltagsaufgabe nach BAUKUNST zu verlangen? Was zu verlangen ist, ist ein gutes BauHANDWERK. Schriften wie diese sind geeignet, die Hebung des Bauhandwerkes zu fördern. Wenn meine Stimme so weit reichen würde, dürfte in dem Kreise Schwaben und Neuburg Bichlmeiers Schriftchen in keinem Hause fehlen. Auch über den Kreis hinaus müßte das Beispiel weiter wirken und zu ähnlichem Streben anregen. Es täte überall sehr not. Ganze Länderstriche werden von einzelnen Baumeistern in der unverantwortlichsten Weise ver' schandelt. Unter solchen Umständen erregt es fast Bewunderung, wenn ein Baumeister das Selbstverständliche tut und das Studium lokaler Baugedanken zur Grundlage seines Schaffens macht. SCHWEIZERISCHE VEREINIGUNG FÜR HEIMATS KUNST. ie neue Vereinigung will versuchen, durch Vorträge, Veranstaltungen typischer Vorführungen (Gegenüberstellung von guten und schlech' ten Beispielen), durch Ausstellungen sowie namentlich durch Heraus- gäbe der in der ersten Nummer vorliegenden, voraussichtlich monatlich erscheinenden illustrierten Zeitschrift, die Allgemeinheit für das Ver- ständnis des wirklich Schönen in Natur und Kunst heranzubilden. Sie geht dabei von der Ansicht aus, daß nur eine Hebung des all' gemeinen Geschmackes und eine auch dem Volk verständliche Pflege des Schönen das Land vor weiteren Verunstaltungen jeder Art bewahren und einer erfreulichen Zukunft entgegenführen kann. ARBEITERWOHNHÄUSER IN TRIEST. ie Triester Stadtgemeinde hat beschlossen, zur Unterbringung von zirka 500 Familien 500 Wohnungen für den Kostenbetrag von 1,400.000 Kronen zu errichten. Diese 500 Wohnungen bestehen zum großen Teil aus je einem Zimmer mit Herd und zum andern Teil aus Zimmer mit Küche. Weder von Bädern noch sonstigen hygienischen Einrichtungen ist die Rede. Es ist auch nicht die Absicht vorhanden, kleine Häuser für Ein- und Zweifamilien mit Anlagen von Küchen- gärten, Spielplätzen und sonstigen Einrichtungen zu schaffen, die heute zu den Selbstverständlichkeiten dieser sogenannten Wohlfahrts- institutionen gehören. Wenn man bedenkt, daß die Arbeiterfamilien in der Regel sehr kinderreich sind, dann kann man sich vorstellen, was für ein Elendshaufen diese Wohlfahrtseinrichtungen zu werden versprechen, wo ein Baublock Hunderte von Wohnungen umfassen und jede Wohnung, bestehend aus einem Raum mit Herd oder mit einem kleinen Nebenraum als Küche, je eine vielköpfige Arbeiter familie einpferchen soll. Man kann nur mit Grauen an die gesund heitliche und moralische Verwahrlosung denken, die durch eine solche Munifizenz der Triester Stadtgemeinde gezüchtet wird. Dieser Wohl- tätigkeitsakt stellt sich bei näherer Betrachtung als ein Profitgeschäft dar. Für diese Hundelöcher soll nämlich eine Jahresmiete von 136, beziehungsweise 180 Kronen eingehoben werden, in Summa jährlich 86.300 Kronen, was einer nahezu 9% Verzinsung der Anlagekosten gleichkommt. Wohltun trägt Zinsen! Es ist eine sehr dringende Frage, ob es für die Gemeinde wichtiger ist, durch eine umsichtige, allen modernen Anforderungen entsprechende Wohnungsfürsorge die Lebens haltung der Arbeiterschaft im größten Maße zu heben oder, einem Profitgeschäfte zuliebe, einen Arbeiterbezirk zum hoffnungslosen Sumpf zu stempeln. Der Gemeinde werden daraus keine guten Früchte er wachsen. Sie will die Regierung ersuchen, ein Auge zuzudrücken, wenn diese Arbeiterwohnungen nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechen sollten. Ich meine, daß es sehr notwendig ist, an die Regierung zu appellieren, daß sie beide Augen sehr offen halte, und ich hoffe, daß sich Menschenfreunde finden, die sich ins Mittel legen. WOHLDORF, DIE HAMBURGER GARTENSTADT. ch kann mir kein freundlicheres Gegenbeispiel zu der besprochen geistigen und moralischen Minderwertigkeit des besprochenen Triester Projektes denken als die deutsche Gartenstadtbewegung, die im Anschluß an das englische Beispiel von der deutschen Garten- Stadtgesellschaft betrieben wird. Die neuesten Mitteilungen dieser Gesellschaft berichten über das Fortschreiten des neuen Kulturgedankens, der nun in allen Teilen Deutschlands Wurzeln schlägt. Auch aus Hamburg kommt ein Zeichen, daß auf dem dortigen Boden Ähnliches wachsen will. Ein Büchlein schildert die herrliche Landschaft und alte Volkskultur, aus der das Neue organisch hervorgehen soll, eine Hamburger Gartenstadt in Wohldorf, die rationelles und schönes Wohnen inmitten der Ländlichkeit ermöglichen soll. Der Sache ist gutes Gedeihen zu wünschen, das Interesse der Bevölkerung und der berufenen Künstlerschaft. 201