li[21iia>y/glUM BHUPOLITIK VORWORT DES HERHUSGEBERS ZUM IV. JHHRGflNG DER HOHEN WHRTE, 1908 ic HOHE WHRTE, mit Beginn diefes Jahrganges zugleich OFFIZIELLES VERBHNDSORGHN des BUNDES DEUT SCHER ARCHITEKTEN (B. D. H.) geworden, wird den publiziftifcben Mittelpunkt für die vielverzweigten Intereffen des fchönen Bauens bilden. Das war auch bisher das Programm; nur wird es in Verbindung mit der anfehnlichften künftlerifcben Körperfchaft mit noch größerer Intenfltät erfüllt werden. Die Auf gabe ift vielfeitig und umfaßt die bervorragendften künftlerifcben, gewerblichen, fozialen und wirtfcbaftlicben Lebensintereffen. □ Denn vom fchönen Bauen hängt die Schönheit des Landes oder der Stadt, die Gefundheit und die Lebensfreude der Menfdben ab, ja, felbft der Beftand der Künfte und der Gewerbe, die ver fallen müffen, wenn das fchöne Bauen verfällt. □ Die wichtigften künftlerifcben Strömungen finden in der Bau politik ihren natürlichen Einigungspunkt. Es bandelt fleh nicht nur um die Geftaltung des Einzelwobnbaufes und des Gartens, um die Verbindung der Plaftik, der Malerei und der gewerb lichen Künfte mit der Architektur, um das ftädtifche Mietbaus und um jene Monumentalbauorganismen, die dem modernen Leben entfpringen und für die die Vergangenheit kein Vorbild über liefern konnte; es bandelt fleh in unterer Zeit vor allem auch um die großen Aufgaben des Städtebaues, um wichtige, künftlerifcb beftimmte foziale und wirtfcbaftlicke Aktionen in Verbindung mit der Bodenpolitik, wie die Anlage von neuen Stadtgebilden, Gartenftädten, Vorftädten, Arbeiterkolonien und felbft technifchen und induftriellen Werken, die der Marke der fchönen Geftaltung bedürfen. Großftädte, wie Berlin und Wien, find im Begriffe, neuerdings ein künftlerifcbes Kleid anzulegen und die Sünden der gefchäftemacbenden Spekulation wieder gut zu machen. □ Stand die Kunft des abgelaufenen Halbjahrbunderts unter der einfeitigen Vorberrfchaft der Malerei, auf die fleh das Kunft- intereffe ausfchließlich konzentrierte, fo wird in der Zukunft die Baukunft die Führung haben und den natürlichen Halt für alle Künfte einfcbließlicb des Gewerbes bilden. Es ift klar, daß mit diefer Kunftpolitik eine Menge von organifatorifchen und po- lemifchen Problemen auf der Bildfläche erfcheint. Außer den Standesfragen (die Regelung der Wettbewerbe, die Stellung des Baukünftlers zum Bauunternehmer und zum Bauherrn, die dar auf bezüglichen Vertragsbeftimmungen, die Scbutjmaßregeln vor unberufener Konkurrenz ufw.) flehen Fragen im Vordergrund des allgemeinen Intereffes, die den Staat, die Kommune und die Gefellfcbaft betreffen. Wie verhält ficb der Staat und die Stadt zu den Baukünftlern? In welcher Beziehung flehen die Terrain- gefellfcbaften zur Baukunft? Es ift klar, daß nur die künftlerifche Leiftung auf die Dauer befriedigt. Die künftlerifche Leiftung umfaßt alle bygienifdben, technifchen, ökonomifchen und formalen Detailfragen im Sinne einer höheren organifeben Einheit. Diefe Probleme, zum großen Teil Bundesangelegenheit, find zugleich Sache der HOHEN WARTE, die mit dem Bund geiftig identifiziert ift und nach wie vor die führenden künftlerifcben Intereffen unferer Kultur aufnimmt. □ Der BUND DEUTSCHER ARCHITEKTEN (B. D. A.) als die VEREINIGUNG DER FREISCHAFFENDEN BAUKÜNSTLER DEUTSCHLANDS ift gleicbfam in vorderfter Gefechtsreihe an der Förderung oder Verteidigung einer hohen baukünftlerifcb beftimmten Kultur beteiligt, denn die fchöpferifche Ideenmacht und die wertbildende künftlerifche Fruchtbarkeit liegt vorwiegend im freien Schaffen (Ausnahmen zugegeben), und Wünfche und Intereffen, feien fie künftlerifcber oder organifatorifcher Natur, die von da aus geltend gemacht werden, find mit dem Kultur willen unferer Zeit aufs engfte verknüpft. Der Bund will feine Ziele zwar in ideeller Gemeinfamkeit und freundnachbarlicher Verbindung mit verwandt gefinnten Verbänden und Vereini gungen, aber immerhin in voller Unabhängigkeit und Selbft- beftimmung, anftreben. Die HOHE WARTE als BUNDESORGAN wird, von diefen Gefichtspunkten geleitet, die umfaffende Arbeit aufnebmen und das Leben beobachten. Über den engeren Kreis der unmittelbar beteiligten Intereffenten hinaus wird fie nach wie vor die befprochenen Grundfätje als allgemeine Kultur angelegenbeit verbreiten. □ Zwar find feit einigen Jahren die künftlerifcben Grundsätze des Bauens und Bildens häufiger in Zeitfchriften und Tages zeitungen und in einigen populären Büchern behandelt worden, aber noch immer geht der größte Teil der Gebildeten diefen Fragen aus dem Wege, obgleich fie fich bei jedem Schritt und Tritt auf der Straße, vor jedem öffentlichen Bauwerk, im Miet haus und in der Wohnung, in der Stadt fo gut wie auf dem Lande aufdrängen. Der fogenannte Gebildete erblickt darin mit Unrecht lediglich Fachfragen, von denen er meint, daß fie ihn nichts angeben. Viele Fragen und Erkenntniffe, die ficb mit ihnen einftellen, find allgemeiner Natur, die jeden angeben und recht eigentlich zur allgemeinen Bildung gehören; nur der Ent wurf und die Ausführung find Sache des Künftlers und feiner Werkleute. Der Künftler wird es um fo leichter haben und um fo freier den Gefetjen der nur von ihm voll erkannten Schönheit, die alle praktifchen und bygienifeben Forderungen als felbft- verftändlicb einfcbließt, folgen können, je mehr er ficb auf eine gebildete und verftändige Laienfchaft ftüt^en kann. Dann fchließ- licb ift auch der Fachmann ein Produkt der Allgemeinheit, was bei der Architektur mit ihrer vielfachen Gebundenheit an äußere VerbäUniffe doppelt ins Gewicht fällt. Bauen beißt bilden. Wie hoch ein Volk zu bilden ift, zeigt fein Bauen. □ Ein beftimmter, reichlicher als bisher bemeffener Teil ift für die Illuftration vorgefeben. Auch hierin ift das fachliche Moment unteres Programms maßgebend, das uns wichtiger erfcheint, als die Betonung der Einzelleiftung. □ Auch ferner werden die gewerblichen Künfte gemäß ihrer Wichtigkeit für die Baukunft wie für die Kultur überhaupt auf ihre fachlichen Grundlagen bin bearbeitet werden; in dem Ringen um den Ausdruck der gewerblichen Gediegenheit wird die Hobe Warte als »Kämpferin der erften Stunde« auch künftig einen geiftigen Mittelpunkt bilden. LUX 1