vollftändige fein kann. Es handelt ficb alfo bei Hbfolvierung der tecbnifcben Studien des Architekten um eine gute Bafis, welche es ihm ermöglicht, während feiner fpäteren Schaffenszeit fich das weiter Erforderliche anzueignen. □ Das Schaffen des Architekten und eine Anzahl künftlerifcher Dinge, wie die Pflege der fo nahe verwandten Malerei und Bild= nerei, das Verfolgen der Fachliteratur ufw. werden ihn ficher veranlaffen, mit der Zeit, welche er für all diefe Arbeiten auf» wenden kann, recht haushälterifch zu fein, auch wird er ficher für die Beauffichtigung der durch ihn auszuführenden Arbeiten einen ganz erheblichen Zeitaufwand zu refervieren haben. Man wird alfo nicht feblgeben, wenn man behauptet, daß diefe Leiftungen fchon aus Zeitmangel kaum mehr zu bewältigen find. Hierzu kommt noch jener Zeitverluft, der dadurch entfteht, daß Schaffensluft und daher Schaffensfähigkeit Eigenfchaften find, über die der Künftler nicht jederzeit verfügen kann. □ Eine weitere Aufbürdung durch Erlernung eines oder mehrerer Handwerke (alle find überhaupt nicht zu erlernen) fällt daher ficher über jenes Maß von Zeit, welche dem Architekten für feine Arbeitsleiftung überhaupt zur Verfügung fteht. Wird noch erwogen, daß derart handwerksmäßige Leiftungen einen ziem» liehen Grad von phyfifcher Kraft in Anfpruch nehmen und daher die Ruhe und das Feingefühl der Hand fchädigen, fo ift davon abzuraten, fo weit in das Handwerksmäßige des bautechnifchen Schaffens einzudringen. □ Die in Rede ftebende Frage IV kann alfo nur in dem Sinne beantwortet werden, daß der Architekt jedes Handwerk und die Eigenfchaften der Materialien, welche er bei feinen Herftellungen verwendet, in theoretifcher Be» Ziehung und in bezug auf Anfcbauung kennen muß, es aber unnötig ift, daß er fich die manuelle, zum Hand» werk gehörige Fertigkeit aneigne. □ Zur Beantwortung der □ FRAGE V: Inwieweit und in welchem Sinne ift dem Architekten unumfehränkte Gewalt über andere Künftler oder Hand» werker bei der Vollendung eines internationalen oder öffentlichen Gebäudes zu erteilen, find die vorgebrachten Ausführungen noch durch nachftehendes zu ergänzen: □ Die Qualität und Quantität des Wiffens des Architekten und gewiß in den meiften Fällen fein Können, überragen, wie ge» zeigt wurde, ficher die gleichen Eigenfchaften feiner Mitarbeiter, fie drängen dem Architekten alfo die Fübrerrolle bei jeder Aus» führung geradezu auf. Diefe Führerrolle ift, foll fie von Erfolg begleitet fein, mit unumfehränkter Macht über alle Beteiligten auszuftatten, da ein richtiges, künftlerifches und tecbnifcben In» einandergreifen der einzelnen Herftellungen davon abbängt, und nur der Schöpfer der Arbeit, alfo der Architekt, in der Lage ift, diesbezüglich Anordnungen zu treffen. □ Hierzu kommt noch, daß viele Arbeiten und Materialverwen» düngen vom Architekten felbft erfunden find, er daher über jede Beftimmung bei auszufübrenden Proben, Verfuchen, Muttern ufw. Herr bleiben muß. Gewiß wird er fich mit den Unternehmern und Lieferanten beraten und ins Einvernehmen fetten, die endgültige Entfcheidung hierüber kann aber nur ihm allein zufteben, weil nur er für den Erfolg oder Mißerfolg der Allgemeinheit gegenüber verantwortlich bleibt. □ Die Beantwortung der Frage V kann daher nur lauten: Dem Architekten ift bei Ausführung von Werken unum» febränkte Gewalt über die mitwirkenden Handwerker, insbefondere über die mitwirkenden Künftler einzu räumen. □ DHS NEUE GERICHTSGEBHUDE IN DRESDEN as das Bauwerk von OSKAR KRAMER bedeutet, wird fofort klar, wenn man es mit dem alten Dresdener Landgericht vergleicht. □ Der alte Bau ift die ftarre Schablone, nach außen eine Palaft- imitation und nach innen ein Komplex von endlofen, halb dunklen Korridoren, Zimmerreiben und kahlen Höfen. Es war ein Bau, dem jede Cbarakteriftik, jeder Zufchnitt auf die Be» dürfniffe fehlte. □ Im Gegenfat} zu diefem ift das neue Landgerichtsgebäude am Münchener Platj ein Gebilde, das feine Beftimmung klar zum Ausdruck bringt. Es ift gleicbfam ein Organismus höherer Ord nung, finnreich, kompliziert und den Funktionsbedürfniffen ftraff angemeffen. □ Die Individualifierung des Bauwerks nach der Zweckbeftim- mung ift das entfeheidende Merkmal der modernen Architektur, der entfehiedene Fortfehritt gegen die Epoche der fechziger und fiebziger Jahre, der das alte Gerichtsgebäude angebört, die Be freiung von dem Schema, von den Feffeln eines zweckvergeffenen Formalismus. Der Scharffinn des Architekten wendet fich an das Leben und beträgt es von allen Seiten; der gefteigerte Sach» licbkeitsfinn entwickelt einen unerfcböpflicben Reichtum von Bau organismen, die, wenn auch nicht notwendigerweife künftlerifch, immerhin aber intellektuell individualifiert find. Er erfindet fie. Die organifche Idee herrfcht. Das Einzelwohnhaus entwickelt fich zu einem tadellos funktionierenden Apparat, der einen ftarken Reflex der modernen technifchen Gefinnung enthält. Die gleiche Tendenz beftimmt auch die anderen Baugedanken unterer Zeit, die Kirchen, Mufeen, Banken, Gerichtsgebäude ufw. Diefes Pathos der Sachlichkeit ift zwar nicht alles, was man unter der künftlerifcben Idee verftebt; aber es ift ein wefent» lieber Teil derfelben und in den meiften Fällen ein hinreichender und willkommener Erfatj für fie, der Pflichtteil, den der gute Gefchmack beanfprueben darf. Die Kunft ift ein Gefcbenk der Götter, etwas, was nicht gefordert werden kann. □ Der Landesbauinfpektor Oskar Kramer hat feine Aufgabe fo umfaffend und fo eingehend behandelt, wie es einem disziplinierten Baugeift möglich ift. Er bat die Bedürfniffe des Amtsbetriebes arebitektonifeh organifiert. Er hat die Anlage, d. b. den Grundriß, fowie die innere und äußere Durchführung bis zum Diumiften» febreibtifeh und der Gefangenenzelle nach der Beftimmung und der Funktion des verwickelten Gerichtsapparates gegliedert und das böcbfte Maß von Überfichtlichkeit und Angemeffenheit an» geftrebt. Vielleicht ift er in der Organifierung, was einzelne Räume oder Raumkomplexe betrifft, zu weit gegangen, fo daß, wenn die Ordnung einmal feftftebt, einem Änderungsbedürfnis hie und da nicht mehr Rechnung getragen werden kann. Wenn aber ein folcbes Extrem des Guten in dem einen oder anderen wenig belangreichen Fall fühlbar geworden ift, dann liegt nach weisbar die Schuld nicht an dem Architekten. Denn er bat den Amtsbetrieb, für den das Gehäufe beftimmt ift, unter eingehender Beratung des künftigen Inwohners ftudiert und feine darauf aufgebauten Pläne zur Begutachtung und Überprüfung gerade im Hinblick auf das funktionelle Wefen vorgelegt und fich in diefer Richtung der Verantwortlichkeit entlaftet. Das amtierende Gericht, in diefem Fall der Inwohner, bat felbft erft das Unge wohnte des neuen, befferen Zuftandes zu überwinden. Wenn nicht alles fofort und bis ins Detail klappt, liegt es nicht not wendigerweife am Bau. Eine große Halle mit Flachbogenkon- ftruktion in Eifenbeton vermittelt den Parteienverkebr, der nach dem Grundfaß der leichten Auffindbarkeit aller öffentlich zugänglichen Räume angeordnet ift. Die Verbandlungsräume, 53