DIE BHUKÜNSTLERISCHE DURCHBILDUNG VON FABRIK* UND TECHNISCHEN ANLAGEN D afür bieten die von Hrcb. H. WflGNER in Bremen durch» geführten Fabrikgebäude und der Wafferturm laut Hb= bildungen diefes Heftes ausgezeichnete Beifpiele, wie folcbe Hufgaben technifcher Natur ohne ftiliftifche Umfehweife baukünftlerifch gelöft werden können. Hus den folgenden Be* fchreibungen fowie aus den Illuftrationen geht das Nähere hervor. DIE FHBRIKGEBHUDE DER KHFFEE--HHNDELS* HKTIENGESELLSCHHFT IN BREMEN find durchweg in Eifenbetonkonftruktion ausgefübrt. Die in den Faffaden vorfpringenden Lifenen find in Eifenbetonpfeiler, die Wandflächen zwifchen diefen Pfeilern aus 1 cm ftarkem Füllmauer werk ausgeführt. Die Gebäude mußten durcbfcbnittlicb, mit Aus nahme des Lagerhaufes, das auf einen 4 m hohen angefchlemmten Boden geftellt, ca. 8 m tief fundiert werden. Die Gefamtlänge der Fabrikgebäude ift ca. 145 m und liegen am Holzhafen (Becken III der Stadtbremifchen Hafenanlage). Zunäcbft dem Hafen liegt das Lagerhaus, das gleichzeitig auch Gleisanfchluß hat, dann folgen Kontorgebäude und Röfterei, dann Keffel- und Mafchinen- haus, zum Schluß Extraktionsgebäude. Eine Transportkanal verbindet das Lagerhaus mit der Extraktion. Die ganze Fabrik bat den Zweck, das Koffein dem Kaffee zu entziehen. Die Bau« koften haben rund 500000 M. betragen, die Bauzeit, einfcbließlicb der Planaufftellung und einer zwei Monate lang dauernden Paufe im Winter, ca. drei viertel Jahr. Das Gebäude ift mit einem Raubput) aus Weferkies verfeben. Die Dächer aus roten Dacbfteinen, der Scbornftein aus Eifenbeton mit einem inneren Mantel aus Ziegelfteinen. Die äußere Faffade zeigt den Natur ton des Putzes. Die Fenfter (Leutert) find weiß geftrichen, die ganze äußere Gruppierung ift allein aus dem inneren Bedürfnis heraus hervorgegangen. □ WHSSERTURM IN BREMEN Der große Wafferturm in der weftlichen Vorftadt zu Bremen dient als Ausgleich für die Druckverbältniffe der getarnten Wafferleitungsanlagen in der weftlichen Vorftadt. Er fteht in Verbindung mit dem Wafferwerk, das etwa l 1 /« km von dem Turm entfernt auf einer kleinen Infel in der Wefer liegt. Der Entwurf ift bervorgegangen aus einem Preisausfcbreiben unter den Mitgliedern des Architekten- und Ingenieurvereins zu Bremen, nachdem vorher ein Entwurf fowobl vom Waffer werk felber, wie auch von der Dampfkeffel« und Gafometer- fabrik in Braunfchweig fowie von Herrn Privatdozent BERN HARD in Cbarlottenburg aufgeftellt war, und ftammt von dem Herrn Architekten H. WAGNER, in Verbindung mit dem Herrn Zivilingenieur O. RUHL; er ift dann unter der künftlerifchen Leitung von H. Wagner zur Ausführung gekommen. Ein Unter bau aus Beton umfaßt eine Reparaturwerkftätte, darüber er bebt fleh dann das offene Eifengerüft (Bedingung bei dem Preis- ausfehreiben) und dann ein gefchloffener Teil, der als Verklei dung und fomit als Scbut) gegen Froftgefahr des Hochbehälters dient. Das verhältnismäßig hohe Dach war bedingt durch die notwendige Konftruktion bei der Druckregelung des Wafferbe- bälters. Der obere Wafferfpiegel liegt 42 m, die Spitje des Turmes 62 m über Terrain. Der Hochbehälter faßt 3000 cbm. Das Baffin ift balbkugelförmig mit einem aufgefetjten Zylinder mit einem Radius von 10 m. Notwendig war die Zugängigkeit an allen Teilen des Baffins, und daraus wurde die gefamte Kon ftruktion entwickelt. Die Baukoften betragen im ganzen etwas über 250000 Mark. □ BREMISCHE STADTEBAUFRAGEN VON E. HÖGG ueb die Bremer Altftadt ift ein Werk der von unfern Vätern ausgeübten Städtebaukunft, und zwar der beften eines! Wie weit diefelben naiv und mit inftinktivem Ge fühl für das Zweckmäßige und Schöne, wieweit mit Überlegung und bewußter Befolgung überlieferter Regeln gefebaffen haben, ift heute febwer zu entfeheiden. Unfere Generation, die fidb auf angeborenes künftlerifcbes Feingefühl noch nicht allzuviel einbilden darf, tut jedenfalls gut daran, von naiv-inftinktivem Schaffen möglicbft abzufeben, vielmehr aus den binterlaffenen Werken früherer Gefchlechter als aus einem aufgefcblagenen Lehrbuck Regeln und Lehren für ihr Tun zu unternehmen. Das bat ja auch Camillo Sitte fo gemacht und für alles, was er uns über die Geftaltung der Plätje, die Führung der Straßen, die Lage der Monumentalbauten erzählt, finden wir reizvolle Bei fpiele innerhalb unterer alten Mauern. Leider aber auch dicht daneben die febönften »Gegenbeifpiele«, wie man feit Schulze- Naumburg künftlerifche Unglücksfälle zu nennen pflegt. Nicht fo zahlreich und nicht fo abftoßend, wie in anderen Großftädten mit rafeberer Entwicklung, aber immerhin bösartig genug, um bei einem Weitumflcbgreifen diefer Mißbildungen das Sdblimmfte für das gefamte fpätere Städtebild, das Alte wie das Neue, befürchten zu laffen. □ Man muß Bremen, dem Staate, der unter eigenartigen Ver- bältniffen fleh eine gewiffe Selbftändigkeit der Lebensformen allen andern deutfehen Städten gegenüber bewahrt bat, eine Sonderftellung einräumen, wenn man feinen Stadtplan kritifcb betrachten will. Urfachen und Wirkungen find hier andere, als in Hamburg oder Hannover oder Berlin, und es gebt nicht an, die für diefe Städte gefundenen oder angepriefenen Theorien ohne weiteres auf den Bremer Straßenplan anzuwenden. Denn was Bremen in erfter Linie von allen andern deutfehen Groß ftädten unterfcheidet, das ift fein konfequent durchgefübrtes Ein familienhaus, und was andererfeits die Geftaltung feiner neueren Stadtteile bedingt bat, das ift die demokratifche Art, in der gemäß feiner bisherigen Gefetjgebung jeder Bodenbefitjer auch Stadt- baukünftler gewiffermaßen aus dem Handgelenk fein durfte. □ Eine Parole für Bremens weitere Entwicklung möchte ich nun vorausftellen in der Formel: »Erhaltung des Einfamilienbaufes, aber Änderung der bisherigen Gepflogenheit bei Stadterweite rungen«. Um mit letzterer anzufangen, fo kann der Bauordnung gemäß der Staat nach feinem Ermeffen beftimmte Straßen als fogenannte »Planftraßen« feftfetjen, und er tut dies auch für einzelne Hauptftraßen, betrachtet aber alle übrigen, von diefen Planftraßen abzweigenden oder überhaupt die Gebiete zwifchen den Planftraßen der Bebauung erfchließenden Straßen als Privat angelegenheit der betreffenden Bodenbefi^er, refp. Bauunter nehmer. Alfo der Staat (Stadt und Staat find in diefem Falle eins) weift nicht etwa vorforgend durch Aufhellung von Stadt bauplänen dem wad^fenden Verkehr feine Adern, dem wachfenden Bedürfnis feine Bauquartiere an, fondern er wartet ab, bis die Bürger mit beftimmten Wünfcben und Vorfcblägen kommen, und genehmigt diefe dann von Fall zu Fall, ebenfo etwa, wie er den Bau von Käufern an diefen Straßen genehmigt. Im aus» gefprochenen Gegenfat) alfo zu der Handhabung in anderen Städten, wo die dem Bedürfnis vorauseilende Straßengeftaltung zu den felbftverftändlichen Aufgaben der Bauämter gehört. □ Nun könnte es auf den erften Anblick fo fcheinen, als fei das Bremer Syftem das gefündere und feine Straßenpläne müffen, weil vom Bedürfnis diktiert und nicht am grünen Tifch ent worfen, fo febön und gut fein, wie die der Altftädte, denen man 71