betrifft, dabin gefeben werde, daß an allen Stücken und Teilen des Gebäudes etwas Nobles, dabei aber an Schmuck und Zie raten nichts Überflüffiges, weniger etwas Gezwungenes und Unanftändiges, wohl aber dagegen alles ficb dergeftalt einge richtet finde, daß es einesteils dem Hauptzwecke, wozu jedes Gebäude von uns deftinieret, gemäß fei, anderenteiles die Ar chitektur durch die angebrachten Zierate nicht verdunkelt noch unterdrückt, vielmehr durch ihre anftändige Vergefellfcbaftung noch mehr relevieret werde. Und da wir glauben, daß auf folcbe Weife leicht 2-3 Teile von dem Scbnitjwerke und der Bildhauerarbeit, wie folcbes bis dabin hie und da angebracht worden, wegbleiben können, alfo follen die Zierate, deren man zu vorbenanntem Zwecke benötigt ift, ftets den allergefcbickteften Leuten verdungen werden.« □ Trof} der Baureglements vergangener Jahrhunderte, die ficb in mehr oder weniger unbeachtet gebliebenen Einzelvorfchriften nicht genug tun konnten, erhielt ficb eine Bautradition bis zu dem Zeitpunkt, an welchem die Baugefetjgebung vor Errichtung eines Gebäudes den zeiebnerifeben Nachweis über feine Stel lung, Geftalt und Anlage verlangt und fomit den bis dahin in völliger Unbefangenheit Bauenden nötigte, ficb zur Befcbaffung von Bauzeichnungen einer fremden Intelligenz zu bedienen. Eigenes Nachdenken, ja die naive Freude am uneingeengten Baufchaffen, die der Bauende einftmals gekannt haben wird und die uns aus vielen alten kernigen Hausfprücben anfpriebt, werden namentlich im ländlichen Bauleben ausgefcbaltet. An ihre Stelle tritt die käufliche, häufig minderwertige, aber behördlich genehmigte Bauzeichnung eines Ortsfremden. Hier bat fich der natürlichen Entwicklung des Baulebens auf dem Lande die Bau- gefetjgebung als unmittelbar hinderlich erwiefen. □ Man mache den Verfuch und überlaffe fern abgelegene Ort- febaften einmal fich felbft. Man befchränke fich lediglich auf die Anzeigepflicht und die Regiftrierung des Haufes zur Brand- verficberung. Wenn die Wiederaufnahme einer Bautradition überhaupt noch möglich ift, dann ift fie es auf diefem Wege. Ich habe nicht finden können, daß unfere Baufchulfprößlinge mit Baukonftruktionen und fparfamer und zweckmäßiger Raumver teilung beffer umzugeben verfteben als der Bauer im Gebirge und der eingefeffene Maurer oder Zimmermann. Die Wieder aufnahme einer Bautradition müßte ficb außerhalb jeder Bau- fcbule vollziehen. □ Man wird mir die Notwendigkeit der Baupolizeizeichnung als Urkunde entgegenbalten. Gewiß, aber warum müffen der artige Urkunden dann gerade die Geftalt geometrifeber Zeich nungen befitjen? Eine mit Rückficht auf den beftimmten Zweck aufgenommene Photographie unter Beifügung einiger einge- febriebener Maße würde den baulichen Beftand des Grundftücks febr viel klarer und vollftändiger wiedergeben, als dies durch die meift fehr unbeholfenen Bauzeichnungen zu gefchehen pflegt. Mit dem Verfchwinden der Handwerkstradition wurde in die gefcbicbtlicbe Entwicklung der Baukunft eine Lücke geriffen, zu deren Überbrückung wir beute gern beitragen würden, wenn nicht inzwifeben durch das fchulmäßige Erlernen der Baukunft, diefer überhaupt eine ganz anders geartete Lebensader einge fügt worden wäre, deren Blutlauf dem urfprünglicben natür lichen entgegengerichtet ift. □ Das Heranwachfen eines gewiffen Proletariats, wie auf allen Gebieten, fo auch in der Baukunft, hat den Umfang einer Natur- erfcheinung angenommen, gegen deren Überbandnebmen in der Folge die Errichtung gefetjlicber Befchränkungen zur Forderung des Tages wurde. □ Zuzeiten des Kurfürften Friedrich Auguft beftand diefe For derung noch nicht. Ich vermag aber auch nicht zu fagen, ob er mit feiner Verordnung in bezug auf die Vereinfachung der Bau kunft an der Straße Erfolg gehabt bat oder nicht. □ Verhängnisvoll für die fpätere Baugefetjgebung febeint jedoch fein Erlaß infofern gewefen zu fein, als er die Aufftellung un mittelbarer Schönbeitsvorfchriften fanktionierte; es bat denn auch nicht an Folgeerfcheinungen gefehlt. Das Wackerbartfche Bau reglement von Dresden vom 4. März 1720 verlangte »Symmetrie«. Wir erhalten daher in Dresden ausnahmslos Häufer mit un gerader Fenfterachfenzabl und ausgefprochener Betonung der Mittelacbfe. Die Dächer follen nicht über Proportion erhöbt werden. Infolgedeffen treten überall die dann fpäter wieder fo verpönten Manfardendächer auf. Erker wurden durch Ver ordnung des Grafen Flemming vom 12. September 1711 in ihrer Ausladung auf das Traufrecht befebränkt, da fie zu Streitig keiten zwifchen den Nachbarn führten und 1736 fcbließlicb ganz verboten, da nach § 43 des neuen Reglements die Faffaden »gleich durchgängig fymmetrifcb« gebildet werden follten und deshalb die Erker, die »ohnedem die Gebäude befchweren und baufällig machen«, zu unterlaffen find. Lebhaft empfohlen wird dagegen »gelinder Anftricb in Farben nach Steinart«, ein Ver fahren, das fich im Laufe von einundeinhalb Jahrhunderten in Dresden zu einwandfreier Vollkommenheit entwickelt bat, wie wir an unteren Spekulantenfaffaden beobachten können. □ In der Dresdener, d. b. immer noch ftaatlichen Bauordnung vom 2. Juni 1827 treten dann erneut einfebneidende und ganz bewußt auf Regelmäßigkeit und Schönheit der Gebäude hin- zielende Bauvorfchriften auf, die vielfach beute noch die Grund lage für unfere baugefe^licben Schönbeitsanfcbauungen bilden. Da wird die planmäßige Herftellung gerader breiter Straßen und großer Plätje verlangt; die Firftböbe der Häufer wird feft- gelegt und beftimmt, daß die Dacbböbe nie mehr als die halbe Tiefe des Gebäudes betragen dürfe, daß aber flache Dächer als den Anforderungen des Schönbeitsfinnes befonders entfpreebend, zu empfehlen find. Manfardendächer find nicht erlaubt. □ Wir feben hier den vernünftigen Kern der Dachfrage, nämlich die Dacbböbe von der Tiefe des Gebäudes abhängig zu machen und an das fogenannte Winkeldach zu binden, einmal kurz er» fcheinen, aber fofort wieder untertauchen in einem Wuft von unklaren Vorfchriften, die wir nicht anders als unter dem gräzifierenden Einfluß jener Tage entftanden, bezeichnen können. Der grieebifebe Tempel ift der Maßftab auch für die bürgerliche Baukunft des beginnenden 19. Jahrhunderts und er hatte ftrenge Wächter in der damals ftaatlichen Baupolizei. Die Anwendung von Säulen, arebitektonifeben Verzierungen, bei denen auf »edlen und einfachen Stil« zu feben ift (wie die Verordnungen in Sachten fich ausdrücken), unterliegt ihrer Beurteilung. □ (Fortfetjung folgt) HUS DEM HLTEN DÜSSELDORF VIERZIG MALERISCHE ANSICHTEN on diefen vierzig malerifchen Anfichten, die nach Original gummidrucken von D R ' ERICH 0UEDENFELDT im Verlag von Scbmit) & Olberts in Düffeldorf erfchienen find, find wir in der Lage, acht Anfichten in Originalgröße zu bringen. Es ift ohne weiteres zu erkennen, daß diefe Blätter nicht nur von einer hoben pbotograpbifcben Kultur des Herausgebers, fondern auch von einem feinen baukünftlerifcben Verftändnis für die charakteriftifche Erfcheinung der alten Bauwerke zeugen. Wir freuen uns daher, diefe Anfichten bringen zu können mit 93