GUSSEISEN D er gußeifetne Fütlofen mit den vier Evangeliften, im Relief» medaillon nach den Entwürfen von Profeffor THEODOR FISCHER, lenkt die Hufmerkfamkeit auf ein Material, das faft der Verachtung anheimgefallen ift. □ Wer würde auch ein fo geringes Material wie Gußeifen des künftlerifchen Hdels fähig halten? a Die gemeine Hrt, die es in der induftriellen Fabrikation er fahren, hat es dermaßen entwürdigt, daß JOHN RUSKIN, der überhaupt kein Freund des Eifens war, das Gußeifen als die äußerfte Minderwertigkeit bezeichnet, das keiner künftlerifchen Behandlung fähig ift. n Die Paradoxie liegt auf der Hand. Gußeifen wurde künftlerifch behandelt und überlieferte reizende Beifpiele aus allen Kunft« Perioden feit der Gotik und früher. n In zarter, matter Modellierung von höchft fuggeftiver Wirkung find ausgezeichnete Beifpiele der Gießkunft bekannt, Feuerrofte mit gotifchen Blumen» und Weinranken, heraldifchen Zeichen, Wappen, Figuren, mytbologifcben und fymbolifchen Szenen, Mufterwerk, Blumenkelche, koftbaren Vollfiguren, die gut zu» fammengefaßt find als Pfoften oder Stütjen; ferner gußeiferne Grabplatten, Balkongitter, Treppenbaluftraden, Tierplaftiken, Kandelaber, Lampenfüße; noch in der erften Hälfte des 19. Jahr hunderts waren nicht nur gußeiferne Schmuckftücke von feiner Filigranwärkung gegoffen, fondern Öfen, deren Fronten eine überaus feine Modellierung mit Perlen, Blattformen, figuralen Medaillons zeigten und den Gipfel des guten Gefchmacks und der disziplinierten Form bedeuteten. D Die ganze Blüte ift feit fünfzig Jahren dahin. □ Warum follte fich das Material nicht für künftlerifche Behand lung eignen? D Der Künftler kann in jedem Material, deffen Eigenfinn er zu feinem Vorteil zu benu^en verfteht, künftlerifch fchaffen. □ Eine weiche Modellierung, womöglich aus der glatten Fläche heraus, die der kriftallinifchen Struktur des Materials fo wohl anfteht, ein Mufter im zarten Relief, das ein modelliertes, bei leibe kein gefebni^tes Ornament zeigen darf, wird dem Material, wenn der Entwurf aus der traditionellen Methode heraus gedacht ift, den künftlerifchen fidel zurückgewinnen, den es einft hatte. Die gleichfam gefcbnitjten Formen, die uns zum Verfuch reizen, ein Stück abzubrechen (ein Verfuch, der immer gelingt), und die wir an dem ärgerlich dünnen Gitter unterer Gärten erfehen, find nur ein Beweis, daß das Material nicht verftanden ift. Es foll nicht vergeffen werden, daß das Material in vertikalen Guß- ftücken gewonnen und in Platten-, Pfoften» und Schienenkon» ftruktion mit Knöpfen und Zapfen verwendbar ift, weshalb der richtige Entwurf von den Prinzipien des Materials ausgehen, was auch für die Ornamentierung gilt, und auf flächige, gitter artige Zeichnung halten wird. n Die Gefahr des Roftens wird bei Gußeifen ungebührlich über trieben; es gibt Gegenftände, die über taufend Jahre alt find und nicht allzufehr gelitten haben. n Oxyd ift für Gußeifen keine Verfchönerung, wie die Patina bei Bronze; am fchönften ift die Oberfläche, wenn fie als Metall guß beiaffen und fertig gemacht wird. Ein einmaliges Ölbad oder heißer Teerüberguß ift ein außerordentliches Präfervativ gegen Roft; auch Lackfcbicht ift es. Was die Bemalung betrifft, fo ift die fchwarz-weiß-graue Tönung eine anerkannte Skala, die nicht leicht zu übertreffen ift. D Nach dem Getagten wird es leicht fein, das ausgezeichnete Modell des gußeifernen Ofens zu würdigen, das Theodor Fifcher für feine Pfullinger Hallen entworfen hat und ausführen ließ. L. CHflRHKTERISTIK, CHRONIK, KRITIK DER DRESDNER KUNSTGEWERBEVEREIN veranftaltet Preisaufgaben und Facbausftellungen im Kunftge- werbemufeum nacheinander für Buchdrucker und Buchbinder, für dekorative Malerei, dekorative Plaftik, Stickerei, Goldfehmiede und Gra veure, Kunftfcbmiede, Bronze-, Meffmg-, Kupfer-, Silber» und Zinn arbeiten, Holzarbeiten, Pofamenten und Tapezierarbeiten. □ Gegenwärtig ift die Buchdrucker- und Buchbinderausftellung er öffnet; für die weiteren flusftellungen und Preisaufgaben find Profpekte beim Verein erhältlich. n Die Unternehmung ift fehr dankenswert. Wir haben kleine, immer- wiederkehrende Facbausftellungen nötig, wo die künftlerifchen und handwerklichen Kräfte Gelegenheit haben, ihr Schaffen vorzufübren, einen Liebbaberkreis zu pflegen und das Publikum mit den guten Er» zeugniffen zu befchäftigen, die aus einem edlen Wettbewerb bervor- gegangen find, und wo fcbließlicb der zünftige Handwerker finfpom und Aufgaben finden kann, die ihm die fllltagspraxis und das Alltags- Publikum gewöhnlich nicht bieten. Vor allem aber haben die Be gabungen, die fich zeigen und ihr Publikum finden wollen, die fo un endlich wichtige Gelegenheit einer Scbauftellung, die leicht und einfach organifiert ift und von Wiederholungen erleben kann, was zu wünfehen ift. Den lokalen Kreis zu pflegen und die ringenden Kräfte zu füllen, das wird eine der vomebmften Aufgaben der Inftitutionen fein, die fich der praktifchen Kunftpflege widmen. Kleinarbeit, an der fehlt es am meiften. Möge das Beifpiel Nachahmung finden. l. DREIZEHN FRHGEN HN DRS KUNSTGEWERBE D ie fächfifche Landesftelle für Kunftgewerbe verfendet Fragebogen folgenden Inhalts zur Beantwortung an beteiligte Intereffenten, um Aktenmaterial als Grundlage für ihre praktifchen Maßnahmen zu gewinnen. 1. Was beklagen Sie beim kaufenden Publikum? Q 2. Welche Mittel halten Sie für geeignet, im Publikum den Sinn für Qualität zu wecken? a 3. Halten Sie die ftete Haft nach Neuheiten auf Ihrem Gebiet für not wendig und wirtfchafttich förderlich - oder eine ruhigere Ent wicklung mit Steigerung der Qualität für erftrebenswerter? □ Ift auf ihrem Gebiet die Möglichkeit, wirklich gute Formen und Mufter länger auf dem Markt zu halten, und wenn nicht, warum? 4. Von wem find Sie in der Gefchmacksricbtung Ihrer Erzeugniffe ab hängig? oder: Werbeftimmt die Gefchmacksricbtung in Ihrer Branche? Haben Sie felbft Einfluß darauf? D 5. Welche Schäden befteben im Lebrlingswefen ? D 6. Was erwarten Sie von den Schulen? a 7. Haben Sie Schwierigkeiten im Verkehr mit Künftlem, Kunftinduftri- eilen, Kunfthandwerkern oder -Händlern und welche? a 8. Haben Sie eine Art von Konkurrenz, welche als allgemein fchädlich zu erachten ift und inwiefern? D 9. Was erwarten Sie von der neuzeitlichen kunftgewerblichen Be wegung gegenüber der Nachahmung alter Stile? ' 10. Was vermiffen Sie bei den kunftgewerblichen Fachzeitfchriften. □ 11. Welche Mittel fteben Ihnen zu Gebote, um Ihre felbftgefertigte Handarbeit dem Publikum vor Augen zu bringen? (Im eigenen Laden, durch Händler oder fonftwie?) D 12. Führen Sie Fabrikwaren (Dutjendartikel) und kunfthandwerkliche Einzelerzeugniffe (Originalarbeiten) nebeneinander? □ 13. Halten Sie kleinere, vorbildliche Facbausftellungen für wertvoll und wo? D ÄSTHETIK DER EISENBHUTEN I mmer mehr wendet fich das äftbetifche Intereffe den Eifenbauten zu. Die Formgewöbnung bat es dabin gebracht, daß man Eifenbauten bereits künftlerifch wertet, auch wenn fie keine Hrcbitekturmaske tragen. Das ift auch ganz richtig, denn nicht die Hrcbitekturmaske oder die 125