DEUTSCHLANDS TALSPERREN befpricbt ein fluffat) von DR. H. MENNIG in der Sonntagsbeilage zur »Vofiifcben Zeitung* vom 23. Februar, der uns deshalb bemerkenswert erfcheint, weil in ihm das Problem der Talfperre nicht nur von der tecbnifcben, fondern auch von der äfthetifchen Seite beleuchtet wird. Zur Gefchichte der Talfperren in Deutfchland fo viel, daß deren flnre* gung ein Verdienft des 1904 verftorbenen Aachener Wafferbautechnikers lnt>e ift und daß feit 1889, dem Jahre der Grundfteinlegung der erften Sperre in Preußen, allein 25 folcber Anlagen gefchaffen wurden. Im allgemeinen können drei Gründe für den Bau einer Talfperre fprechen: Schub gegen Überfchwemmungsgefahr bei Wolkenbrücben im Gebirge oder bei ftarken Scbneefcbmelzen, indem die Sperrmauer die reichen Zuflüffe abfängt und aufftaut, bis man für einen geregelten Ablauf der angefammelten Waffermengen Sorge tragen will; dann der gegen= teilige Zweck, in Zeiten der Dürre und des Niedrigwaffers in fcbiffbaren Wafferwegen einen ausreichend hohen Wafferftand zu erzielen, den Boden gehörig zu bewäffem und auch gutes Trinkwaffer zu befchaffen; endlich aber die Abficht, billige Betriebskräfte zu gewinnen, ein Fall, der öfters mit den beiden anderen fich wird verbinden laffen. Mit der äfthetifchen Seite der Frage hat es feine Bewandtnis; leider war ich bisher noch nicht in der Lage, mir über den Anblick einer folchen Tab fperre ein auf eigene Beobachtung gegründetes Urteil bilden zu können. Der Verfaffer des Auffatjes führt an, daß in manchen Gegenden das Landfchaftsbild durch den weiten Staufee anziehender geworden fei, foweit nicht induftrielle Bauten in gewöhnlichen .Fabriksftile« in der Nähe fich angefiedelt haben. Die Errichtung der das fchöne Bild be= fonders ftörenden Schornfteine mit ihrem Qualm und Ruß fällt fort, die uns in erfter Linie von induftriellen Bauten in freier Landfchaft abge= fchreckt haben. Wir meinen, daß der moderne Baukünftler, geleitet von feinem heimatlichen Empfinden, und das technifch Gebundene mit dem künftlerifch Freien in fich vereinigend, auch für diefe Aufgabe die w s befte Löfung finden wird. DER GRUNEWALD ALS NATURDENKMAL G ewöhnlich haben rein äftbetifcbe Beweggründe nicht ausgereicht, wenn es galt, irgend ein Naturdenkmal in feiner Urfprünglichkeit zu erhalten und es vor finnlofen Veränderungen oder gar vor Ver= wüftung zu bewahren; wiffenfcbaftliche Autoritäten mußten darüber ihr Urteil abgeben und bekräftigen, daß in erfter Linie außeräftbetifche Bedenken ein Abkommen von den Änderungsplänen nabelegen. So haben auch zur Erhaltung des Grunewaldes hervorragende Vertreter der Naturwiffenfcbaft das Wort ergriffen und von ihrem Standpunkte aus deffen Erhaltung dringend gefordert. Mehrere diefer Urteile faßt ein Artikel von H. POTONIÉ in der »Voffifcben Zeitung« zufammen und unterftütjt dadurch hoffentlich wirkfam das, was von anderer Seite aus künftlerifchen Utfachen verlangt wurde. Man kann, glaube ich, nicht mehr wünfcben, als daß Geologen, Botaniker und Zoologen in wiffen- fcbaftlicber Form den Verluft darlegen, welchen die Fotfcbung fowobl, als auch deren Verlebendigung durch die Vernichtung der Berliner Wälder erleiden würde. Wenn fchon nicht die etwas erreichen, welche getragen von der Idee des Heimatfchutjes fich für die Erhaltung des Urfprünglicben einle^en, ift doch wenigftens eine Befolgung der von wiffenfcbaftlicher Seite gegebenen Ratfcbläge, die ja den Standpunkt der »Idealiften. bekräftigen, zu erwarten. w - s - DAS GESÄUSE IN GEFAHR D a in Öfterreicb die Einführung von Gefet^en bevorftebt, durch welche der ftaatlicben Eifenbabnverwaltung das Vorkaufsrecht von Waffer- kräften gewahrt werden foll, um die Alpenbabnen mit Elektrizität zu betreiben, beeilen fich öffentliche Körpcrfchaften und private Unter nehmer, das noch Erreichbare für den eigenen Gebrauch zu fiebern. Erft unlängft erwarb Graz die Konzeffion zur Anlage eines Elektrizitäts werkes im Murfluffe bei Rötbelftein (Station Mixnit) der Sudbahn), ein Bau, der ohne wefentlicbe Schädigung des Landfcbaftsbildes möglich i und für die Stadt eine wirtfcbaftliche Notwendigkeit bedeutet, um fie endlich von dem Drucke eines febweren Licbtvertrages zu befreien. Mit großen Bedenken jedoch fteben wir dem Projekt einer Kraftanlage im Gefäufe gegenüber, das über Auftrag des Wiener Großinduftriellen Baron Backofen von Erft ausgearbeitet wurde. Das Gefaufe gehört zu den febönften und bekannteften Landfcbaftsftricben des nördlichen Steier- mark; bald nach der weiten Ebene, auf welcher das Stift Admont erbaut ift, fcbließen fich die felfigen Berge immer enger zufammen, bald fo nahe aneinander, daß für die Straße, die Eifenbabn und den wilden Emsfluß kaum Plati ift; der febäumt und toft da über Fels und Schotter, immer vermehrt durch zahlreiche Wildbäcbe, die von den b.mmelragenden Bergen berabeilen, und febafft mit diefen ein Bild von feltener Groß artigkeit. Erft knapp an der Landesgrenze erweitert fich wiederum das Flußbett. Mir ift von meinen Betuchen des Gefaufes das deutli in Erinnerung, daß für die Wirkung des Landfcbaftsbildes 'merften Teile vom Gefäufeeingang bis Hieflau die febroffen Felswände au * fcb ' a ^ ben waren, während im zweiten von Hieflau-We.ßenburg - St. Gallen das wilde Tofen des Fluffes den Eindruck beftimmte. Soviel aus den Zeitungsberichten über das Projekt zu entnehmen ift, bandelt es fich um die Anlage eines Kanals, der am Gefaufee.n- gang das Waffer der Ems durch ein Stauwerk aufnimmt und durch die Berge geführt, jenes bei Weißenbacb-St.Gallen knapp an der Landesgtenze wieder dem Fluffe zurückgibt, nachdem er das Elek- trizitätswerk paffiert bat. In den beimifchen Blattern »fi n den Entwurf begreiflicberweife eine Kontroverfe entftanden; beide Teile bemühen fich, ihren Standpunkt als den allein gültigen b ‘ nzuft ^ en : bat von der Seite der »Idealiften* angeführt, daß durch die Anlage des Kanals dem Gefäufe vor allem feine Hauptanziebungskraft, dec ™ des tötenden Emswaffers, genommen, die Fifcbzucbt ftark beemtra g und die Holztrift auf eine knappe Zeit eingefebrankt w "*, e , größte Nachteil jedoch würde aus der ficher zu erwartenden Schädigung des Fremdenverkehrs erwachten, denn in der »Saifon* habe die Ems das Schneewaffer bereits abgefübrt und fei auf ihre natürlichen Zufluffe angewiefen, der Kanal aber vermindere die ohnedies 9 enngC "^ a mengen noch um ein Bedeutendes. Dagegen wenden die Tecb "^ ein: die Erträgniffe aus der Fifcberei und dem Fremdenverkehre dichten nicht in entfemteften an die durch die Anlage des Werkes zu erhoffenden Summen heran; außerdem fei der Einwand zu viel Waffer aus dem Fluffe abgeleitet werden, nicht ftichbaltig, denn in der Hauptzcit des Fremdenverkehrs führe die Ems mmdeftens die zweifache, häufig auch die dreifache Waffermenge Gefaufe zu, aU fie als Maximal-Betriebskraft notwendig erfcheint. Das Bild des Fluff erleide daher keine Beeinträchtigung. Man verweift außerdein darauf, daß der zweite Teil des Gefäufes durch den Zufluß des Erzbacbes auch bei tiefftem Wafferftande eine Zeit trocken liegen wird, wodurch die Fifchzucht nicht gehemmt wird, und daß die Behörden für die Floß- fahrt gewiß Sorge tragen. . .. „ . . . Wir führen, bevor wir uns über die Angelegenheit äußern, noch einig Worte von dem Veranlaffer des Projektes felbft an: »Im Projekte wird darauf Rückficbt genommen, daß felbft bei geringftem Wafferftand, wie er nur feiten eintritt, noch genügend Waffer durch das Emsbett fließt, während bei normalem Wafferftand der Abgang kaum ein Zehntel be trägt und fomit nicht bemerkbar fein wird. Anderfeits durfte es doch von großer Bedeutung für die wirtfcbaftliche Entwicklung Steiermarks fein, wenn eine ihrer größten Wafferkräfte zur Ausnüt)ung kommt. Ich felbft bin warmer Verehrer des Gefäufes und glaube eben dadurd), daß ich ein Werk projektierte, das nur mit feinen Endpunkten das Emstal berührt, während die fämtlicben Bauten zur Wafferfübrung durch die Berge geben, febr im Intereffe der Erhaltung der Schönheit diefes febönften Teiles des Emstales gebandelt zu haben.* Die beiden Meinungen fteben einander ziemlich entfcbieden gegen über, doch lange nicht fo, daß eine Einigung ausgefchloffen erfcheint. Sicher möchten wir den Rat geben, folange zu arbeiten, bis ein Pro jekt zuftande kommt, das, vom »künftlerifchen Gewiffen geleitet*, mit unumftößlicber Gewißheit die Erhaltung des bisherigen Bildes gewahr- leiftet; dann könnten Fremdenverkehr und Wafferkraft unferem wirt- febaftlicben Tiefftande etwas aufbelfen. w s - 143