auf. Ich bringe hier das bekannte Beifpiel des zornigen Schwanes aus feinem Werke »Neue Formen«. Von dem zornigen Schwane allein die rbytbmifche Linie zu entlehnen und nicht den Schwan, das fei das Problem für die Verwendung des Motives im orna* mentalen Schaffen. Genau fo wie den Schwan aber ftilifiert Eckmann zugleich auch das Waffer, und das Ganze bildet fcbließ» lieh doch eine rbytbmifcb umgebildete Landfchaft. Vielleicht kommt es gar nicht fo febr auf das Vermifchen des Naturvor* bildes als darauf an, daß die rbytbmifcben Linien als das Wefent- liche betont und in einen barmonifeben Zufammenbang gebracht werden. Darin fcheint die eigentliche Kunft der Oftafiaten zu liegen. Eckmann bat auf feine Ffrt Ornamente zufammengebraebt, bei denen man ficb bisweilen der veralteten Witje unterer Fa milienblätter erinnert, wie etwa aus einer Gans Frau N. N. werden könnte. Da ift z. B. das Motiv eines Wandfriefes der ruderfportlichen Vereinigung »Wiking«. Man fiebt Wellenlinien verfchiedener Dicke, die ficb in der Mitte zu einem konifchen Gebilde von febönem Fluß der Linien aufbäumen. Woher kommt dem Künftler diefe Geftalt? Den Schlüffel gibt die Dekoration des Seemannsbeimes in Grünau, oder, wenn man will, fogar der zornige Schwan: das Motiv des Waffers und der Schwanen- rbytbmus find lediglich fortfehreitend ftilifiert. In Grünau kommen Lotosblumen dazu, deren Motive ja jahrelang unteren Buehfdbmuck beberrfcht haben, dann Fröfche und Libellen, d. b. alles in allem volle Landfehaften. Eine folche liegt bei aller Stilifierung auch in dem Wandteppiche vor. Man fiebt vorn das Ufer angedeutet durch die gereihten Lotospflanzen mit ihren Blüten. Darüber kommt die weite Fläche des Meeres mit den nach links regeln den Schiffspaaren zu räumlicher und doch zugleich auch dekora tiver Wirkung. Über dem weiten Horizont die bellen Wolken. Eckmann bat auch reine Stimmungslandfcbaften zu dekorati ven Barocken verwendet. Seine Entwürfe für Scbeerebecker Teppiche find an überrafchend gelungenen Motiven kaum zu überbieten. Man halte ficb einen orientalifcben Teppich vor Hugen und vergleiche damit einen modernen Behang oder Belag, z. B. Eckmanns Waldbach, deffen Windungen entlang Schwäne daberzieben oder die bewegte See mit den fifchenden Möven, und das Reizvollfte: den Waldteich, einen Teppich, worin ein Sumpf erfcheint, deffen Schilfufer und korallenartig rot empor- fteigende Stämme ficb im Vordergründe zugleich mit dem weißen Mond und den Sternen fpiegeln. Hls Bordüren find fymbolifch für die Nachtftimmung oben Eulen, unten Fröfche genommen, eine Krone deutet das Märchenhafte an. Da fpielen freilich nordifche Überlieferungen der Teppichwirkerei mit, aber den rechten Mut, folche Darftellungen rein dekorativ zu verwenden, haben die Modernen doch erft von den Japanern bekommen. Man erinnere ficb nur, was durch die äußer ft billige Ware der gewöhnlich nach dem Mikado genannten Läden alles in die Hände felbft der breiten Maffen des Volkes gelangt ift: Papiermeffer, auf deren Griff man Reiber in einem Sumpf mit dem Vulkan Fudfchijama im Hintergrund findet, oder den Knaben, von einem Fifch getragen auf der Meeresfläche; Pbotograpbienbalter mit einem Mädchen, das vor einem Tifche kauert, dahinter ein anderes, mit einem Blumenkorb befchäftigt uff. Man vergegen wärtige ficb nur, wie dagegen unfere Mefferftiele oder Photo- grapbieftänder ausfeben; fie find »tektonifch« entwickelt, d. b. die Baukunft, nicht wie im japanifchen die Malerei, bat bei ihrer Entftebung Pate geftanden. □ Die Vorlagen für derartigen oftafiatifchen Schmuck von Ge räten haben dann auch tatfäcblicb die Maler und Zeichner geliefert. Wenn der Künftler Fifcbe im Lotosteich oder eine Wildgans in einer Eislandfchaft gezeichnet oder durch den Holzfcbnitt vervielfältigt hätte, dann konnte jeder Handwerker, fobald nur das Format der Kompofition für feinen Gegenftand paßte, diefe Landfchaft als Schmuck anbringen. Unfere, aus Malern und Bildhauern, die zum Kunftgewerbe übergegangen find, entfproffenen Nutjkünftler führen ihre Entwürfe entweder felbft oder in eigenen Werkftätten aus, und bringen fie unter ihrem Künftlernamen in den Handel. Die Kleinkunft gebt alfo nicht mehr anonym oder unter dem Händlernamen, fondern wird der fog. hoben Kunft gleichgeachtet. Die Folge davon ift, daß bis in die allergeringften Kleinigkeiten unteres Schmuckes und Hausrates, unterer Kleidung und aller flrt von Husftattung ein neuer Geift eingezogen ift. Die Auswahl ift fo groß, daß wir, die Kaufenden, wiffen müffen, was wir wollen, fonft fteben wir hilflos da oder kaufen etwas, was uns morgen febon miß fällt. Die moderne Kunft verlangt alfo nicht nur individuellen Gefcbmack vom Künftler, fondern folgerichtig auch vom Abneh mer. Ob fie damit auf die Dauer dem bequemen Mitmachen der Modefklaverei gegenüber Geltung erlangen wird, ift noch die Frage. n Die moderne Ornamentik bat ficb nun auch noch ein Neuland von Aufgaben gefebaffen dadurch, daß fie nicht beim Kunft gewerbe fteben blieb, fondern die Architektur eroberte. Die meiften der fezeffioniftifchen Faffaden find, das wurde bereits oben gefagt, rein ornamentale Löfungen. Hier ift der Ort, auf diefe Erfcbeinung näher einzugeben. Eine abfolute Neuerung ift fie nicht. Die früher abgebildeten Faffaden aus Konie zeigen, daß febon der Islam die Aufgabe des architektonifchen Schmuckes in diefem Sinne faßte. Nur beantwortete er fie in einer ganz anderen Art als die modernen Sezeffioniften. □ Für ihn war und blieb die Faffade eine gerahmte Tür. War diefes dekorative Schema erledigt, dann fcbmückten die Mo- bamedaner die dadurch entftebenden Felder und Streifen mit ihren zabllofen Arabesken und Polygonalornamenten, die fie derart im Griff batten, daß ihre Pbantafie ficb nie ganz ins Leere verlor. a Die berrfchende Mode des Faffadenfcbmuckes ift die nach dem Prinzip des japanifchen Kunftgewerbes: das landfcbaftlicbe Orna ment. Ich möchte auf die Faffaden des Kaluk in Konia binweifen. Neben Arabesken und geometrifeben Muftern fiebt man an der Indfche Minareli Mofcbee noch etwas febr Eigentümliches: Da find in die oberen Ecken des hoben Portalbogens Blumenzweige gelegt, die unten durch eine Nabe verbunden find mit einem Fächerornament. Das find keine Arabesken, fondern, fcheint es, richtige Pflanzengebilde. Wie kommt der islamifcbe Architekt auf ein derartiges Motiv? Da unfere modernen Architekten Pflanzenfchmuck nicht nur an untergeordneter Stelle, wie der feldfcbukifcbe Baumei fter Kaluk anbringen, fondern ihre Faffade bisweilen in vollftändige Sumpflandfcbaften oder Obftgärten um wandeln, fo wird niemand recht glauben wollen, daß in beiden Fällen diefelbe Anregung vorliegt. In Wirklichkeit ift das kaum beftreitbar. D Zunächft einmal dringen folche Motive nicht unmittelbar aus der Natur in die Baukunft ein, fondern auf einem doppelten Umwege. Der erfte, der fie fiebt und wiedergibt, ift der Zeichner bzw. der Maler. Vom MaTèr bat fie in einem ganz beftimmten Kunftkreife der Kunftgewerbler übernommen: im ebinefifeb-japa- nifchen. Aus diefem oftafiatifchen Formenfcbatje fchöpft fowobl Kaluk — auf dem Umwege vielleicht über das perfifeb-indifebe Kunftgewerbe — wie unfere modernen Nutjkünftler. Die Haupt fache aber ift, daß wabrfcbeinlich febon Kaluk bzw. feine künft- lerifchen Ahnen, jedenfalls aber unfere modernen Faffaden« Dekorateure vom Kunftgewerbe und nicht etwa von einer Bauakadamie oder teebnifeben Hocbfcbule berkommen. Diefes Eindringen der kunftgewerblicben Auffaffung in die Architektur 365