dem ausdrücklichen empfehlenden Hinweis auf die ftattliche
Mappe, die geradezu Perlen von Baufcbönheiten aus dem alten
Düffeldorf in einer ungewöhnlich vornehm photographifchen
Wiedergabe enthält. Wie die Textangabe betagt, follen die
»vorliegenden Blätter von einigen ebarakteriftifeben Bauten
aus dem alten Düffeldorf nicht febarfe und kalte Photographien
mit genauer Wiedergabe aller Einzelheiten darftellen, fondem,
obwohl fie auf pbotograpbifcbem Wege entftanden find, durch
die individuelle Bebandlungsweife und Husfübrung mehr den
perfönlichen Eindruck wiedergeben, welchen die eigenartigen
Bauten mit ihrem malerifcben Linien» und Licbtfpiel in dem Ur=
beber bervorgerufen haben. Mögen fie in diefem Sinne aufge
nommen werden und die alte Liebe für Heimatkunft wieder
erwecken, aus der heraus untere Vorfahren einen dem Nieder-
rbein fo eigenartigen Stil entwickelt haben, und den weiter fort»
zufetjen und zu böcbfter künftlerifcber Blüte zu führen eine
große Hufgabe unterer beimifeben Baukunft fein follte. □
Die Idee der Herausgabe diefes Werkes und die Huswabl
diefer Blätter ftammt von Profeffor PETER BEHRENS, ehe
maligen Direktor der hiefigen Kunftgewerbefcbule. Die Holz-
febnitte im Vorwort find von GRUSCHKH und RHPSILBER,
Schüler der hiefigen Kunftgewerbefcbule, gezeichnet, die Wieder
gabe des Stiches ,der alte Marktplatz auf dem Titelblatt er
laubte der Verleger SCHULGEN, hier; Einige Blätter - das
Bergertor, das alte Gymnafium, das Speefcbe Wohnhaus, das
Gemälde von VHN DE VELDE und die alte Garnifonskircbe -
wurden nach alten Photographien im hiefigen Hltertumsmufeum
bergeftellt; die Schrift für die Umfchlagmappe febrieb Fräulein
HNNH SIMONS-London; die Druckplatten fertigte die Schrift
gießerei GEBR. KLINGSPOR in Offenbach an; das Papier, den
Druck und die Umfchlagmappen lieferte die Buch- und Kunft-
druckerei HUGUST BHGEL, hier.« □
Dr. Quedenfeldt bat zu feinem Mappenwerk auch ein ftim-
mungsvolles Vorwort gefebrieben, darin mit ein paar Strichen
die Entwicklung und der Wandel des Düffeldorfer Baubildes
gezeichnet wird und die Freude an der charakteriftifchen Schön
heit Hlt-Düffeldorfs aus den Zeilen wie ein lyrifeber Erguß her»
vorbricht, der den Erklärungen eines Kunftliebbabers immer
wohl anftebt. Hber, aber! Ift es wirklich fo febr zu bedauern,
daß kein heutiger Baumeifter die Tradition des niederrbeinifchen
Backfteinbaues mit dem febön gefchweiften Giebel aufgenommen
bat? Was wäre aus diefer Tradition im modernen Bauinduftria-
lismus mit feinen vielftöckigen Zinsbäufern geworden? Haben
wir ein Recht, die neuen baukünftlerifchen Hufgaben von dem
Standpunkt des alten, kleinbürgerlichen Backfteinbaues zu be
urteilen? Wir find einig in der Bekämpfung des gemeinen
Baufchundes, der feit fünfzig Jahren graffiert. Hber dürfen wir
es deshalb bedauern, daß die großen baukünftlerifchen Epochen
der Renaiffance, des Barock und felbft des Klaffizismus den ur
alten niederdeutfehen Charakter des kleinbürgerlichen, rot
leuchtenden Backfteingiebelbaufes nicht ganz gewahrt haben?
Bekommt nicht gerade jetjt Düffeldorf einen künftlerifcben Neu
wert in dem Olbricbfchen Warenbausbau, um den die beften
modernen Künftler Deutfcblands in Wettbewerb getreten find?
Dürfen wir jede Neuregung als unbeimatlicb abtun, weil fie mit der
Winzigkeit gotifcher Kleinftadtverhältniffe keinen Kontakt mehr
unterhält? Die berechtigte Freude an den überlieferten Baudenk
mälern der Vergangenheit, auch der unfebeinbarften, und das
Schutzbündnis, das wir um fie bilden, foll uns zwar zur Bekämp
fung der heutigen Unkultur im Bauwefen vereinigen, nicht aber
das Verftändnis und den Sinn für die durchaus neuartigen Huf
gaben der modernen Baukunft benebeln. Dann ift die Freude
an Publikationen diefer Hrt noch einmal fo rein. □
DIE KONVENTION DES GUTEN GESCHMHCKES
m STELLE DER SELBSTHNZEIGE*
iemals war die Macht des guten Gefchmackes zwingender
als beute, da die Intereffen der Kunft in den Vordergrund
rücken. Jeder möchte als gefcbmackvoll gelten. Schönheit,
Geift, Tieffinn, Gelebrfamkeit, Bildung, Kunft, fie gelten nicht
halb fo viel, wenn der gute Gefcbmack fehlt. Hat man aber
diefen, dann bat man alles zufammen, oder doch fo viel von
allem, als für den Hlltagsbedarf notwendig ift. Der Gedanke
ift berückend, fo febr, daß das Prädikat »gefcbmacklos« als emp
findliche Beleidigung auch von jenen empfunden wird, die es
verdienen. Hber in diefer Empfindlichkeit liegt ein ganz rich
tiges Gefühl. Es liegt die Hnerkennung darin, daß der gute
Gefchmack eine allgemein verbindliche Pflicht ift und zur guten
Lebensart gehört, wie die Höflichkeit, die nach einer ftillfchwei-
genden und internationalen Konvention denVerkehr der Menfchen
untereinander regelt. Huch der gute Gefchmack ift eine Kon
vention, für den gewiffe allgemein anerkannte Grundfä^e und
Regeln ausgebildet werden. Hllerdings find auch hier die Be
griffe von Gut und Schlecht relativ und Schwankungen unter
worfen. Was vor dreißig Jahren zum guten Gefchmack gehörte,
kann beute lächerlich wirken, und wir wiffen nicht, wie kritifch
der gute Gefchmack von beute in den näcbften dreißig Jahren
beurteilt werden wird. Hber die Konvention, die für die Lebens
praxis einer gewiffen Zeit gilt, zu kennen und zu adoptieren,
ift das Merkmal der guten Erziehung und das Ziel der formalen
Bildung. Dagegen zu verftoßen und die beftebende Konvention
gegen eine neue auszutrotzen, das dürfen nur die Husnabme-
menfehen wagen. Die anderen tun gut, bei der Schnur zu bleiben,
wenn fie fich nicht lächerlich machen wollen. □
Die internationale Konvention des guten Gefchmackes beruht
auf zwei Grundpfeilern: auf Eleganz und auf Komfort. Die
beiden Grundlagen find nicht deutfehen Urfptungs. Der Deutfche
bat nicht einmal ein Wort für den englifchen Begriff Komfort,
fo wenig er eines bat für den franzöfifchen Begriff Eleganz, zwei
Begriffe, welche längft die Weltberrfcbaft behaupten. Behagen
fagt lange nicht dasfelbe wie Komfort, und Zierlichkeit deckt fich
abfolut nicht mit Eleganz. Der heutige Weltverkehr, das groß-
ftädticbe Leben, die ftädtifeben Gewohnheiten und Umgangsformen,
ja die moderne Kultur überhaupt, mit allen ihren Geftaltungs»
Problemen im Kunftgewerbe, in der Induftrie, in der Hrchitektur,
find nicht von dem Kräbwinkelftandpunkt des Heimatftils, fondern
von den Weltbegriffen der Eleganz und des Komforts geleitet.
Der Städter ahnt gar nicht, wie ausgebildet in diefer Richtung
feine Hnfprüche find. Es ift gleichbedeutend, ob es fich um
den Bau eines Hrbeiterbeims oder eines reichlich ausgeftatteten
Familienhaufes bandelt, im Kern wird es fich immer um die
Frage des Komforts handeln. In den beiden extremen Fällen
wird fich der Architekt das Problem ftellen müffen, wie er die
böchfte praktifebe Brauchbarkeit erzielt, wie er auf die einfaebfte
Weife, ohne ftiliftifche Umfehweife den Zweck erreicht und nicht
nur beftebende, fondern auch vorauszufebende Bedürfniffe er
füllt. Er wird das Leben nach alten Seiten hin befragen und
das Bauwerk als tadellos funktionierenden Apparat geftalten,
der eine organifche Idee nach Maßgabe der menfchlicben Sach»
lichkeitsanfprüche verkörpert. Und wenn der Grundriß feftftebt,
der alles ausdrückt, was wir unter diefer Tendenz des Komforts
verfteben, dann wird er es für feine Aufgabe halten, den Dingen
außer ihrer Zweckmäßigkeit die gefällige Form zu geben, eine
* »Der Gefcbmack im Alltag« von Jofepb Hug.Lux, Verlag Gerhard Kütb«
mann, Dresden; Preis M. 4.50, in englifcb Leinen gebunden M. 5.50,
422 Seiten mit vielen Illuftrationen.
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