6 und im Hintergründe schließt ein grün überwachsener Dolomitkegel, dessen Gipfel ein uraltes Kirchlein krönt, der Georgenberg, das Thal. Immer wieder aber verläßt der Blick dies freundliche Bild der Niederung, angezogen von den ernsten Felsenhänptern, welche über die waldigen Vorberge herabschauen, dem steil abfallenden Spering, der langen düstergrauen Wand der Falkenmauer und von dem hohen kahlen, von Schnee linien durchfurchten Gebirge, welches sich über dem Ausschnitte zwischen den beiderseitigen Felsencoulissen in blauender Ferne anfthürmt, dem Warscheneck. Wir sind am Fuße der Alpen! Unsere weitere Wanderung führt uns in südlicher Richtung fort, bis ein von der Kremsmauer herabgesenkter Riegel, der „Humesbühel", den Weg sperrt und die Straße zu einer Ausbiegung nach Osten zwingt. Hier gelangen wir an die Steyr, die sich ihr schmales Bett über vierzig Meter tief in horizontal geschichteten Conglomeratmassen eingegraben hat. Hoch über dem Flusse bildet die Thalsohle eine ebene, wohlangebaute Terrasse, deren sanfte Linien ihre Entstehung kaum verrathen würden, wenn nicht die gewaltsam eingerissene Schlucht die Geschichte derselben erzählte. Die Eiszeit war es, welche einst dieses Thal mit ungeheueren Schottermassen auffüllte; denn zur Zeit der Abkühlung unseres Erdtheiles waren auch das Todte Gebirge und die benachbarten Alpen vergletschert, mächtige Eisströme ergossen sich von ihren Rücken in die Thäler von Windischgarsten und Hinterstoder und vereinigten sich in dem gewaltigen, bis gegen Molln reichenden Steyrgletscher. Von dieser ungeheueren Vereisung ist heute nur mehr auf dem großen Priel ein winziger Rest geblieben, das „Kühkar" genannte Firnfeld, welches nach heißen Sommern bis auf einen wenige Hektar im Umfange messenden schwärzlich grauen Eisblock zusammen schmilzt, der mit seinen qnerdurchlaufenden Sprüngen wohl als das nördlichste gletscher- ähnliche Gebilde der Alpen gelten kann. Die begrünten Terrassen setzen sich bis auf eine kurze Unterbrechung aufwärts an der Steyr und der in sie einmündenden Teichel stundenweit fort, bei Klaus aber treten die Felsabhänge an beiden Ufern nahe zusammen. Herrlicher Buchenwald erfüllt die ganze Schlucht; tiefes, sattes Grün strömt allerwärts wohlthuend ins Auge und nur einige blendend weiße Flecke lachen aus der Waldwildniß hervor. Das Schloß ist's, das an Stelle des alten Römercastells Tutatio auf einem Felsvorsprung hängt, und die Hellen Häuser des Dörfchens, das die Waldsassen der Gegend unter dem Schutze der Veste schon im frühen Mittelalter an den Berghang geklebt haben. Eine halbe Wegstunde hinter Klaus verlassen wir die Steyr und wandern an der Steirling aufwärts, bis wir an einen waldigen Bergsattel gelangen, der sich von dem südlichen Hochgebirge herabsenkt, den sogenannten „Ring". Ein mehrere Wegstunden