18 Das Mühlviertel. Das Mühlviertel ist der südlichste Theil der uralten böhmischen Festlandscholle, welche schon zu einer Zeit, als an Stelle der Alpen noch ein tiefes Meer, belebt durch eine vielgestaltige Thierwelt, sich erstreckte, ihre Gneißbünder und Granitmassen an» breitete und durch die zerstörende Kraft ungezählter Jahrtausende bereits eine weitgehende Abspülung erlitt. Die Mitte des Gebietes ist etwas eingesenkt, über dieselbe läuft der uralte Handelsweg von Böhmen zur Donau, der Westen bildet die Vorlage de» eigent lichen Böhmerwaldes, im Osten zieht ein kuppenreiches Waldgebirge an der Grenze der beiden Erzherzogthümer bis an die Donau. Die Trennung des Mühlviertels vom Böhmerwald ist nicht so leicht, da der land schaftliche Charakter beider in einander übergeht; am besten ist es, die flache Einsenkung, durch welche der Schwarzenberg-Kanal die Holzmassen der böhmischen Forste zur Mühl trügt, als solche anznnehmen; westlich davon liegt als Antheil Oberösterreichv am Böhmer - Walde die Blöckensteingruppe oder das Dreisesselgebirge, welches bis an die Einsenknng an der Moldauquelle bei Kuschwarda sich ausbreitet. Beiläufig in der Mitte seiner Längs erstreckung ist der Kamm tief eingeschnitten, der Klafferbach folgt dieser Rinne, die einen Zugang in das weite Wäldergebiet eröffnet. Aus drei Seiten von Waldbergen eingcschlossen, dringt der Blick nur gegen Süden hinaus zu den bebauten ^challandschasten an der Mühl. Ein einsames Forsthaus liegt am Wege, ein frischer Röhrbrnnnen, eine Kapelle, ans Büchsenschußweite einige ärmliche Holzschlägerhütten — das ist das Bild, wie ev sich hie» und an so manchen Punkten des Eintritts in den eigentlichen Böhmerwald darbietet. Durch hochstämmigen düsteren Nadelwald, nur hier und da von lichteren Buchen beständen unterbrochen, geht es steil hinan auf den Grenzwall, «chon nimmt die Höhe der Bäume ab, die Wege werden zu Steigen, immer mühseliger wird das Vorwürtsdringen, Bergmatten mit bunten Kräutern, mit Gestrüpp und einzelnen Wettertannen bestanden, zeigen sich hier und dort. Tief sinkt der Fuß in den moorigen Boden ein. Endlich haben wir die Höhe erreicht und klimmen über Stock und Stein einem Felsgemäuer zu, das an einer hohen Wand endigt. In der Tiefe liegt der stille Bergsee zwischen weißen von Farrenwedeln und Krummholz überdeckten Granitblöcken, eingefaßt von der düsteren Braue des Waldes, die Stätte, welche Stifter im Hochwald so meisterhaft schildert. Von der Seewand mit dem Obelisken, der des Dichters Namen trägt, schweift der Blick weit nach Böhmen über breite endlose Forste, bis im blauen Duft die Berge verschwimmen. Wunderliche Felsformen nehmen den Rücken des Berges ein, Reste einer mächtigen, nun zerstörten Gesteinsdecke, deren bizarre Gestalten umsomehr überraschen, je weniger ausgezeichnet die Bergformen, je sanfter die Contouren sind. Über unregelmäßige Lagerung