364 ein Gneißbecken. Oben am Abgrund bäumen sich die Wogen hoch auf, kaum aber haben sie den kühnen Sprung gewagt, so erscheinen sie in der wechselndsten Phantasmagorie ihrer Gebilde, mögen sie neben und übereinander abwärts stürmen, zur Tiefe sinkenden Geister- gestalten ähnlich, deren weiße Gewänder in Nebel zerfließen oder an emporragenden Felsen zerschellt in unregelmäßigen Schaumlinien sich krümmen und als Staubregen nach aufwärts schweben. Durch die Bemühungen des deutschen und österreichischen Alpenvereines ist vor wenigen Jahren ein Weg zu Stande gekommen, von welchem Abzweigungen zu den interessantesten Punkten bis hart an den Fall führen, und heute kann man das wundervolle Natnrschauspiel in seiner ganzen Größe, aber auch in seiner unbezähmbaren Wildheit würdigen. Das Krimmler Achenthal zieht lange breit und fast eben fort. Seine Berge gehören auf der Ostseite dem Kamm gegen Obersulzbach, im Süden dem Central-Hauptkamm und auf der Westseite der Zillerthal-Gebirgsgruppe an, denn durch das Thal geht über die Birnlücke (2.672 Meter) die Grenze zwischen der letzteren Gruppe und den hohen Tauern. Dort wo auf der Westseite der Rambach in einem ansehnlichen Wasserfall aus den Gletschern in der Nähe der Reichenspitze die Thalsohle erreicht, steht das Tanernhaus. Bei den südlicher gelegenen Unlaßalpen zweigt vom Hauptthal das Windbachthal ab. Durch dasselbe klimmt der Tauernweg zur 2.635 Meter hohen Scharte des in das Tiroler Ahren- thnl führenden Krimmler Tauern empor. Das südöstlich laufende Hanptthal endigt am großen Krimmlerkees, welches von der gewaltigen Dreiherrenspitze, 3.499 Meter, beherrscht wird, und für diesen Ast bildet die Birnlücke den Übergangspunkt nach dem Ahrenthale. Krimml steht mit Tirol nur durch einen Saumweg nach Gerlos in Verbindung. Auf ihm bietet sich ans der Höhe der Platte noch einmal der Blick auf die Krimmler Wasserfälle dar, und obgleich die Entfernung die überraschenden Einzelheiten nicht mehr unterscheiden läßt, ist der Eindruck des Naturschanspiels doch selbst hier noch ein bedeutender. lrungau. An der im Hintergrund des Thales Großarl eingetieften Arlscharte enden die hohen Tauern nach Osten und beginnt die östlichste, als steirische Alpen bezeichnete Hauptgruppe der Centralalpen. Diese theilt sich östlich der Arlscharte am Weinschnabl in zwei große Arme. Der nördliche verfolgt zumeist unter dem Namen der kleinen oder niederen Tauern bis weit hinein nach Steiermark eine östliche Richtung. Sein Hauptkamm bildet vom Weinschnabl bis zum Schöneck die West- und Nordgrenze unseres Lungaus, des südöstlichen Theiles des Herzogthums Salzburg. Dagegen hält der südliche Hauptarm vom Weinschnabl bis zu dem an der Südspitze Lungaus thronenden Königstuhl oder Karlnock die südöstliche