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Mittelalter zu entwickeln verstand, bezeugt ein im Artillerie-Arsenale in Wien aufbewahrter,
ans Eisenschienen von riesigen Dimensionen gefertigter Steinmörser, ein Monstregeschütz,
welches in der Stadt Steyr geschmiedet und dem Kaiser als Geschenk bestimmt war,
von den Türken aber geraubt worden sein soll und erst nach deren Besiegung wieder in
österreichischen Besitz gekommen ist. Seine Erzeugung wird nahezu auf das Jahr 1400
verlegt. Ebenso besitzt das Artilleriemnseum in Berlin eine Steinbombarde, ein Geschenk
des Kaisers Maximilian I. an die Stadt Wels, welche von dem kaiserlichen „Pixen-
macher" Glockenton in Steyr angefertigt wurde. Anderseits bezeugen aus späteren
Jahrhunderten die vorzügliche Güte der steyrischen Schwerter die mit der Inschrift
,Vringm° slstsrckirmiiäus) H(ox) in Ostoi-nmirm) I(inperator) 4chngnstns) versehenen
Husarenklingen, welche in großer Menge in Stadt Steyr erzeugt wurden, sowie auch die
bekannten Maria Theresia-Klingen, die in der Türkei großen Absatz und gute Bezahlung
fanden. Auch die Handfeuerwaffen fertigte man frühzeitig in Steyr an, und wurde
schon während der Regierung Maximilians I. im Jahre 1506 von einem ehrsamen Rath
der Stadt Steyr eine Schießstätte zur Heranbildung junger tüchtiger Schützen errichtet,
in den folgenden Zeiten aber dieser Zweig weiter entwickelt und auch von Seite des
Staates im XVIII. Jahrhundert sowohl durch Anlage einer ärarischen Fabrik als durch
Errichtung eines k. k. Büchsenmacher-Lehrcurses gefördert. Endlich ist es das Verdienst
eines Oberösterreichers, Ferdinand Riedler, in Spital am Pyhrn den ersten „Damaszener-
Stahl" erzeugt und daraus Säbel hergestellt zu haben. Jedenfalls hat die Steyrer Eisen
industrie, vor Allem ihre Waffenfabrication, im XV. und zu Anfang des XVI. Jahrhunderts
durch den weit über das Vaterland reichenden Ruf ihrer vorzüglichen Erzeugnisse und
durch ihre Handelsverbindungen eine Periode des größten Glanzes erreicht.
Wenden wir uns nach diesem kurzen Rückblicke den gegenwärtigen Zuständen zu,
so unterliegt es keinem Zweifel, daß auch unter den modernen Concurrenzverhältnissen
die Stadt Steyr noch immer die zu einem erfolgreichen Betriebe des Eisen- und Stahl
gewerbes nothwendigen Factoren besitzt. Durch die beiden im Gebiete der Stadt sich
vereinigenden Flüsse Enns und Steyr bietet die Natur hier eine motorische Kraft von fast
unbeschränktem Maße. Die Nähe der Bezugsquellen vorzüglichen Eisens und Stahls
ans den Hütten- und Raffinirwerken, die sich um den Eisenerz-Vordernberger Erzberg
lagern, und endlich der aus historischen Traditionen hervorgegangene Arbeiterstand nebst
den vielen ebenfalls noch aus alten Zeiten herrührenden Handelsverbindungen: das sind
gewiß feste Grundlagen einer gesunden gewerblichen Entwicklung.
Der Hauptsitz des Eisen- und Stahlgewerbes befindet sich in der Stadt Steyr
selbst und in den umliegenden Ortschaften Sierning, Sierninghofen, Neuzeug,
Grünburg, Steinbach, Molln, Losenstein, Stiedelsbach, Laussa, Trattenbach,