Seife 82. Hummer 6. Internationale Sammler-Zeitung. Über Siegel- unö Siegellack-Abdrücke. Vom kaiserlichen Kat Johann Sdiroerdtner, Wien. Das Sammeln non Siegellack-Abdrücken, welche non Petschaften, Ringen usto. abgenammen wurden-, ist in früheren Jahren, wo die Briefe noch mit Siegellack oer schlossen wurden, stark betrieben morden. Welche Schliche da angewendet wurden, um zu solchen Abdrücken zu gelangen, läfjf sich leicht oorstellen. Cine der gröfjten Sammlungen dieser Art hafte der uersfarbene Wappenmaler des lllinisteriums des Innern 1 Bö ss zusammengebracht, und zwar 26.000 Stück, wohl geordnet und mit 2 Katalogen ausgestattet. Rach seinem Tode sollte diese Sammlung um den Betrag non 200 fl. verkauft werden. Sie wäre auch noch billiger abgegeben worden, aber es fanden sich nur Sammler, welche nach einzelnen Stücken fahndeten. Die Sammlung blieb denn auch unverkauft. Was die Witwe damit gemacht hat, ist mir nicht bekannt. Der Sammler von Siegelabdrücken, welcher sich an den Graveur wendet, hat ein anderes ?eld seiner Tätigkeit. Cr sammelt den alten oder den neuen Adel und wenn er das Verständnis und die Augen für gute, schöne Arbeiten hat, sammelt er Abdrücke von den als Künstler bekannten Hamen. Cine solche Sammlung hat seinen besonderen Wert. Sammelt jemand Siegelabdrücke, so kann er bei einiger Übung mit klarem Auge erkennen, in arelcher Zeitperiode die Siegel angefertigt wurden und es kann durch Ver gleiche gelingen, den Kleister zu erkennen, llach letjter Richtung habe ich eine reiche, leider nicht vollständig ge ordnete Sammlung. Zur Auffindung von meistern aus vergangenen Jahrhunderten ist es von Vorteil, die Register der Jahrbücher der Sammlungen des Österreichischen Kaiser hauses durchzusfudieren, dort wird man die Rechnungen jener Goldschmiede finden, welche diese Arbeiten verfertigten. ?ig. 5 4 Bei Vergleichen von Abdrücken bis ins kleinste Detail lernt man sehen und erkennen, ob die mit Punzen eingeschlagene Schrift und sonstige ITlerkmale dieses Werkzeugs sich wiederholen. Ich bin im Besitze von Siegelabdrücken von Wiener Tamilien aus dem vierzehnten Jahrhundert in viererlei Perioden. Auch hier ist die Diode in der Darstellung der Wappen nachweisbar. Diese Abdrücke sind in Gips ge gossen und geformt nach den im Archive der Stadt Wien befindlichen Wachsabdrücken, die an Urkunden hängen. Diese Abdrücke sind sehr lehrreich und man kann die technischen Fortschritte in der Gravierung nachmeisen. lllanche dieser Arbeiten sind so vollendet, dafg ein moderner Künstler sie kaum erreichen kann. Cine kleine|Auslese aus meiner Sammlung soll diese Worte illustrieren: Die Figuren 1—5 repräsentieren Arbeiten fig. 7 Fig 8 der ersten Periode, Figur 6 und 7 solche der zweiten, die figuren 8 13 gehören der dritten und 14—20 der vierten Perioden an. Charakteristisch für die erste Periode ist die Schrift. Sie ist eine lllajuskel, wogegen die Siegel der späteren Perioden in ITlinuskelschrift ausgeführt sind. Die Arbeiten der ersten Periode sind ohne Beihilfen graviert, die Kli- nuskel sind immer geschnitten. Cs soll noch bemerkt werden, dafj diese Siegel oder Petschaft-Gravierungen von Goldschmieden erzeugt wurden. Die Goldschmiede haben, wie man an den Siegeln unserer Regenten, der Städte und der Gemeinden sehen kann, wahre Hleistersfücke geliefert. S'9- 9 Sig. 10 Cine reine Augenweide sind die Arbeiten eines un bekannten Kleisters in Augsburg und jene des Abraham