Hummer 8. Internationale Sammler-Zeitung. und den gewählten Tuxus der Rokokozeit erkennen liefj, hatte an der Tür die bekannte Hufschrift anbringen lassen: „Zu uerkaufen oder zu oermieten.“ Jedoch die Tiebhaber solch eines alten Ge bäudes, die in den untuahnlichen Räumen mit den Geistern der galanten Zeit Zwiesprache halten wollten, stellten sich nicht ein; und der Zettel hing bereits recht lange daran, als eines Tages bei dem Besser eine Dame non elegantem Äufjern und oornehmem Ruftreten uorsprach, d e mährend der Dauer ihres Hufenthaltes in Paris das Hotel mieten wollte, Die Dame, eine Engländerin, nannte ihren Hamen, der recht einfach und unauffällig klang, aber sie bestach den Wirt durch ihre feinen monieren und ihre oollendete Konuersationskunsf, man kam überein, dalj sie das alte Gebäude für ein Jahr mieten wollte, und sie bezahlte im ooraus. Doch die Dame knüpfte eine Bedingug an die Übernahme des Hauses. Bei der Besichtigung des Hotels hatten ihr die Wandgemälde des grofjen Saales, die, non dem leichten Pinsel eines Rokokomalers mit entzückender Grazie hingemorfen, allerlei laszioe Geschichten der ITlyfhologie erzählten, sehr miijfallen. „Diese Gemälde sind skandalös,“ hatte sie gesagt, „Ich könnte ihren fortwährenden Anblick nicht ertragen, ohne auf das Empfindlichste in meiner Würde als frau oerletjt zu werden. HJon mufj sie entfernenI“ Der Besitjer war erschrocken, entrüstet: „Diese wunderoollen Bilder entfernen! Was denken Sie, ITtadame. Das sind wunderuo le Kunstwerke uon ersten meistern derRegence. teil sollte im Gegenteil meinen, dalj der Einblick solcher Bilder ein Seite 119, Reiz mehr für den zukünftigen Bewohner meines Hauses wäre.“ „Illein Herr, diese Bilder sind shoking, direkt schauderhaft I Es sind Hacktheiten und ihre Stellung oerlefien das Schamgefühl. Tassen Sie die Bilder wegkrafjen oder ich miete nicht. . . . Oder lassen Sie sie wenigstens zudecken, dag man sie nicht sieht.“ Dieser letjfere Vorschlag schien dem Besitjer eher annehmbar und er liefj auf die alten Zeugen einer lustigeren Zeit moderne Bilder auf leimen, die oon einer ebenso großen langweile und Geschmack losigkeit wie Anständigkeit zeugten. Hun war die Engländerin zufrieden, aber sie nahm grofjen Anteil an dem Einfügen der neuen Bilder und beteiligte sich selbst an dieser Arbeit. Während des Jahres mar die Dame häufig abwesend und sah nur selten Per sonen bei sich. Dann zog sie wieder aus, liefj ihr eigenes JTlabilar oerkaufen und oerschwand aus Paris. Als nun non neuem der Zettel, der den Verkauf oder die Vermietung des Hotels anbof, aufgehängt war, da beschlofj man, die schlechten Bilder wieder zu entfernen, die die entzückenden Kompositionen des XVIII. Jahrhunderts oerhüllt haften. Rber ach, als man die modernen Bemalungen abgenommen hatte, da sah man die Wandfüllungen leer: die Engländerin hatte die echten Bilder herausgenommen und war mit ihnen auf nimmerwieder- sehen uerschwunden, Alle Hachforschungen waren erfolglos, und die schönen Rokokowerke zieren jetgt wahrscheinlich das Palais eines amerikanischen Habobs, der oon ihrer Geschichte nichts ahnt- <?- CssssR Die Pariser Kostümausstellung. Aus Paris wird berichtet: Die Kostümausstellung, die die Pariser Gesellschaft für Kostümkunde oeranstaltet und aus der ein Kostümmuseum heroorgehen soll, ist nun eröffnet worden und bietet einen impo nierenden Eindruck. nachdem man schon am Eingang durch einige ganz stil gerecht kostümierte Personen gegriifjt worden ist, tritt man zu nächst in das Reich der Prunkmagen und Staatskarossen, die durch prachtuolle Holzschnitjereien und schöne Bemalungen zu uoll- kommenen Kunstwerken ausgeschmückt morden sind. Ein Gala- wagen aus der Zeit Tudwig XV., mit herrlichen Bronzebeschlägen, zu dem das prachtooilsfe Sattelzeug gehört, ist oon Hapoleon I. benutjt worden. Unter den Sänften findet man ein besonderes Prachtstück, das der Herzogin oon Targes, der Schwiegermutter Saint-Simons, gehörte. Ein zmeisitjiger Schlitten mit einem hohen flaggenstock, an dem bei der fahrt ein lustiger Wimpel flatterte, ist oerziert mit der ganzen ausgelassenen Schmucklust der Rokoko ornamentik; den Kutschersitj, der hinter dem fand als schmaler Sattel angebracht ist, hatte einst Tudwig XV. selbst eingenommen, um die schöne ITlmc. de ITlailly durch die winterlich strahlende Tandschaff oon Versailles zu kutschieren. Rieht weif oon diesem zierlichen Gefährt steht schwerfällig, gemütlich und ehrwürdig eine alte Diligence, ein ganzes kleines Gebäude, dem man es ansieht, dalj die Reisenden damals Tage und Wochen unterwegs oerbrachten und sich nach Kräften in ihrem Wagen häuslich einrichteten. Unter dem Wagen befindet sich ein kleiner Vorratskeller, in dem be sonders die für die Erheiterung der Reisenden so notwendigen Weinflaschen untergebrachf wurden. JTtit allem ist dieser Wagen ausgerüstet, mit e nem Coupe für das Gepäck, sogar mit einem besonderen Hutkoffer, mit Hintersten für die Takaien, mit Riemen zum Aufschnallen besonderer Tasten und mit einem Regendach, das über den Wagen gezogen werden kann. An Kuriositäten seien ein Dromedarsattel genannt, auf dem Hapoleon 1. während des ägyptischen feldzuges ritt, ein sehr be quemer Sattel mit Polstern oorn und hinten, dessen sich der alt gewordene Cudrnig XIV. bediente, um noch recht gerade im Sattel sitjen zu können; dann besondere Tuxusgegenstände, deren man sich beim Reiten bediente, samtne Satteldecken mit Goldbordüren, silberbelegte Zügel, kostbare Reitpeitschen usw. Da ist ein Gewehr, das die Stadt Paris Cudrnig XV. schenkte, dort liegen die Säbel, die die Generale Kleber und ITluraf in manchen heitjen Schlachten ge schwungen. Ein sehr bequemer Sattel hat Thiers gedient, als er den König Touis Philippe, der auch kein grofjer Reiter mar, bei den Truppenreouen begleitete. Das eigentliche Reich der lllode öffnet sich in den grofjartigen Sammlungen oon Roben und Prunk gewändern, oon Kleidungsstücken aller Art, die zusammengebracht sind. Da sieht man die hohen Stöckelschuhe, durch die die Höf linge Tudwigs XIV. ihrer Cänge noch einen Zoll zusetjten, und be greift nicht, wie man mit solchen IRarterwerkzeugen gehen konnte. Verwundertes Kopfschütteln erregen die zylinderartigen Strohüte, die eine zeitlang die Herren trugen, oder etwa die frisurengebäude, die die Damen des Rokoko anlegten. Da ist das Hochzeitskleid der Kaiserin IHarie Couise, eine ganz mit Seidenblenden beseljfe Empirerobe; da der mit dicken goldenen Tilien bestickte uiolette Samtmanfel, in dem Karl X. gekrönt wurde. Jn einer Vitrine be wundern mir die niedlichen Tabaticren, Dosen, Büchschen und anderen Sächelchen aus Silber, Gold, Elfenbein und Email, die ebenso zu der poetischen Kunst des Schminkens und Puderns, wie zu dem prosaischen Gebrauch des Tabakschnupfens dienen. Kost bare Stöcke zeigen, welchen Tuxus die Herren damals trieben, und die farbigen Westen, die bunten Röcke beweisen überdies, dalj sie dem schöneren Geschlecht an Eleganz nichts nachgaben. Eine Reihe schöner Gemälde, darunter Werke oon JTlignard, Targilliere u. A., die geschmackuoll in den Räumen oerteilt sind, erhöhen noch die Anschaulichkeit dieser bunfschimmernden Kulturbilder, die hier uorgefiihrt werden,