Seite 58. Internationale Sammler-Zeitung. riummer 4. Bibliophilie. (Eine spät entdeckte literarische Fälschung.) Eines der berühmtesten und größten Briefbücher aller Zeiten, das uor allem der frauenweit ans Herz gewachsen ist, Wilhelm n. Hum boldts „Briefe an eine freundin“, haben sich in ihrer heute roeit nerbreiteten Fassung als eine weitgehende Fälschung der Empfän gerin, der „Freundin“, erwiesen lieben einer grofjen Zahl falscher Pesungen, die durch Flüchtigkeit in den Text hineingekammen sind, hat sie an unendlich Dielen Stellen kleinere und größere eigen mächtige Änderungen uorgenommen, längere Hbschnitte, ja ganze Briefe weggelassen und dadurch Humboldts wahre ITleinungen in wesentlichen Punkten, so zum Beispiel in jenen, die sein Verhältnis zu Goethe betreffen, gefälscht. Zum ersten lllale wird in diesen Tagen nun, mehr als 60 Jahre nach dem Erscheinen der ersten Auflage, eine authentische Ausgabe der Briefe, non Professor Ulbert Peißmann in Jena nach den zumeist noch uorhandenen Humboldfschen Originalen herausgegeben, im Jnseloerlag zu Ceipzig erscheinen. (Streit um Garibaldis ITlemoiren.) Aus Rom wird uns gemeldet: Ein Streit um die ITlemoiren Giuseppe Garibaldis ist uor dem Turiner Gericht anhängig gemacht worden. Im Jahre 1887 kaufte der Verlag Barbera in Florenz uon ITlenotti Garibaldi die eigenhändigen Aufzeichnungen des italienischen freiheitshelden und zahlte hiefür 11.550 Pire für eine Auflage uon 12.900 Exem plaren. Das ITlanuskript wurde für 50,000 £ire uon ferrucio Prina gekauft, der es dem jeßigen Bürgermeister oan Rom, Aathan schenkte. Dieser gab es seinerseits der nationalen Verlagsgesell schaft mit dem Rechte der Veröffentlichung. Aun tritt der Verlag Barbera heroor und uerlangt uon der nationalen Verlagsgesellschaft Schadenersaß, festere beruft sich auf llathan, Aathan auf Prina und dieser wieder auf den Aduokaten, dem das lllanuskripf an- uertraut war und uon dem er es erhielt. Dem Ausgange des Prozesses wird mit lebhaftem Interesse enfgegengesehen. Bilder. (Stielers berühmtes Beethooenporträt) ist in den Besiß des Alusikuerlags C f. Peters in Ceipzig übergegangen. Das Porträt, das 1810 entstanden ist, gehört zu den wenigen, zu denen der Tonheros mehreremals gesessen ist. Beethonen ist darauf mit feder und notenblatt dargestellt. Das Gemälde kam noch zu Peb- zeiten Stielers in die Spohr’sche familie und gehörte seif Jahren der llichfe Spohrs, frau Gräfin uon Sauerma. (Ein Diebstahl im Prado-JAuseum.) hn Prada-lTluseum zu Jlladrid ist ein überaus wertuolles Gemälde des Kretensers El Grecco entwendet worden. Das auf Holz gemalte Bild behandelt einen kirchlichen Stoff. Sein format ist ziemlich klein, so dafj es bei nicht sehr großer Wachsamkeit leicht wurde, den Diebstahl auszuführen. (Die Gemälde-Sammlung des Königs Ceopold uon Belgien.) Aus Brüssel wird uns geschrieben: Im Aufträge des Königs Ceopold unterzieht sich gegenwärtig der bekannte Pariser Taxator Petit der Aufgabe, ein Jnoenfar alter Gemälde, die sich in den königlichen Schlössern zu Brüssel und Caeken befinden, aufzustellen Ein solches Jnoentar ist schon einmal uor drei Jahren aufgenommen worden, als König Ceopold seine Gemälde der ge planten „Krondomäne“, deren Realisierung an frankreichs Wider spruch scheiterte, schenken wollte. Das Gerücht, daß die neue Inuentarisierung auf die Absicht des Königs zurückzuführen sei, seine Gemäldesammlung zu oerkaufen, wird durch die „Chranique“ zerstreut, die oersichert, daß uon einer solchen Absicht nicht die Rede sein könne. Das Blatt bringt gleichzeitig eine Studie über die Sammlung des Königs, dergemäß sich der Wert der 500 Gemälde Ceopolds 11. auf zirka 5 ITlillianen franks stellt. Das älteste Gemälde der Sammlung ist ein Werk der florcn- tinischen Schule des fünfzehnten Jahrhunderts, eine „Jungfrau mit dem Jesuskind, uon Engeln umgeben“ uon Hngelico da fiesole. Das Bild stammt aus dem ßesif3 der Prinzessin Charlotte uon Wales, der ersten Gemahlin Ceopolds 1.; sein Wert wird mit 150.000 bis 200.000 Sranks beziffert. Das wertoollste Stück der Sammlung ist ein grof3er Gemäldeentwurf uon Rubens, der die Wunder des Heiligen Benedikt in Gegenwart des Gotenkönigs Totila darstellt. Das Gemälde, dessen Entwurf Rubens nach seiner zweiten Heirat 1650 bis 1631 ausgeführt hat, sollte für die Abtei Afflighem gemalt werden, ist aber nie gemalt worden. Der belgische König erstand den Entwurf 1881 in Paris beim Verkauf der Sammlung Tence aus Pille um 170.000 Sranks. Sein Wert wird auf 500.000 Sranks geschäht. Eine freie Kopie des Gemäldeentmurfes uon Eugene Delacroix gehört der königlichen Sammlung seif 1852 an. König Ceopold besil3t außer diesem Entwurf noch uicr Ge mälde uon Rubens, einen Triumph Christi über Tod und Sünde, der zwischen 1615 und 1620 gemalt und uon Joseph Bonaparte aus Spanien nach Brüssel gebracht wurde, eine Heilige Therese im Gebet für die armen Seelen im Segefeuer, die im Jahre 1859 um 16.000 Sranks gekauft wurde und etwa 100.000 Sranks wert ist, ferner ein Bild uon zwei jungen Cöwen und ein männliches Porträt. Van Dyck ist mit zwei bedeutenden Werken — einem Porträt des Brüsseler Bildhauers Duquesnay, des Schöpfers der berühmten Branzestatue des „lllänneken“ und einem kleinen Porträt uerfreten. Das wertuollste Stuck der Sammlung nach dem grofjen Ge- mäldeentmurf uon Rubens ist eines der Hauptwerke uon H obbema, eine Hütte unter Eichen, die uon Kennern als würdiges Pendant zu desselben Künstlers „lAühle“ im Couore bezeichnet wird. Der Wert dieses Bildes wird auf 500.000 bis 400.000 franks gesclu^f. Die niederländische Schule des siebzehnten Jahrhunderts ist ferner durch einen Rembrandt, zwei reizenden Kinderbildern uon franz Hals, einen Jan Steen, einen Van Ostade und zwei Van Gayen uerfreten. Eine zweite Gruppe der königlichen Sammlung bilden die historischen Darstellungen und Porträts, die größtenteils aus dem nachlaßCeopold s 1. stammen, ln Caeken finden sich beachtenswerte Porträts uon ITlaria Theresia, Josef 11., Aapoleon 1., der für das Schloij in Caeken, in dem er 1812 die Kriegserklärung an Rufjland Unterzeichnete, eine besondere Vorliebe hatte, und Ceopold I. Das Schloß in Brüssel birgt eine Reihe uon Porträts der Hofmaler Sir Thomas Cawrence und Winterhalter und zahlreiche andere familienbilder. Die dritte und größte Gruppe der Sammlung umfaßt alle belgischen Kleister der Aeuzeit, uon Gustaue Wappers bis zu Emile Claus und einige Werke französischer lAaler des neunzehnten Jahrhunderts, darunter eine Oedipus führende Antigone uon Ingres, das „niarfyrium des Heiligen Sebastian“ uon Delacroix, das König Ceopold 1873 für 35.000 franks gekauft hat, und „faust und Gretchen“ uon Hry Scheffer. Die neuesten Erwerbungen des Königs sind ein bedeutendes Werk Joseph Turners, ein Carolus Duran („C enseigne du maitre d’ armes“) und „Die Besucherinnen“ uon Alfred Steuens. Bronzen. (Alter römischer Schmuck.) ln der Aähe Aiemburgs stieß man beim Graben auf einen interessanten Bronzeschmuck. Er besteht aus uier Stäben, die aus uielfach gebogenem Bronzedraht gefertigt sind. Zwei dieser Stäbe tragen Kettengehänge, an deren Ende runde uerzierte Scheiben aus Bronzeblech sich befinden. Ganz besonders reich sind aber die beiden Tragstäbe uerziert. Dicht aneinander hängen daran ohrringartige Gebilde, deren jedes noch durch eine Berafscheibe und eine farbige Perle geschmückt sind. Der Schmuck dürfte nach Ansicht uon Kennern römischen Ursprungs sein und etwa der Zeit um Christi Geburt angehören. Die Cöttechnik war zu jener Zeit noch unbekannt. Der Schmuck wurde für das lAuseum in Aiemburg angekauft. Ex libris. Henry Andre. Ces Exlibris de ITledidns et de Pharmaciens suiuis d'une etudo sur les marques personnelies macabres. Paris 1908. — Wir wissen nicht, ob es reiner Zufall ist, daß Ärzte mit Vorliebe ihre Bücher durch Ex libris kennzeichnen, oder ob dieser Erscheinung ein logisches Geseß zugrunde liegt; Tatsache ist, daß seit jeher dieser Beruf ein großes Kontingent zum Heere der Ex libris-Besißer stellte. Der Verfasser des oben zitierten Werkes, ein Künstler uon gutem Rufe, der selbst eine Reihe uon Ex libris schuf, die sowohl der Idee als auch der Ausführung nach gleich an-