Seite 8 Internationale Sammler-Zeitung. riummer 1 oermutlich aus Zürich, an einen nicht genannten Adressaten in Paris, den Dr. Schaer als einen Angehörigen der Familien non Orelli, Schultheiß oder Cachmann mutmaßt. Der Briefschreiber er kundigt sich nach dem gerade herrschenden geistigen und speziell I literarischen Ceben in Paris. Die fünf anderen Briefe betreffen die Wunderkurentätigkeif des berühmten Grafen Cagliostro mährend dessen Aufenthaltes in Sfraßburg an Frau G. Sarafin aus Basel und sind uon dessen Freunde 5. C. Cauater an den Candschreiber Heinrich uon Orelli-Doch mann gerichtet, der damals auch in Cagliostros Behandlung in Straßburg stand; sie datieren uon 1789 und dem folgenden Jahre. Bibliophilie. (Die A m brosi iMiii als Jubilarin.) Alan meldet aus Al a i 1 a n d : Die hiesige Bibliutiicca, Awbi'osiaua feierte am 7. o. 111. das fest ihres dreihundertjährigen Bestehens. 6s murden aus diesem Anlaß zmei neue Säle eingeroeiht: der eine enthält 1410 jüngst ermorbene arabische Codices, die aus dem Herzen des •Jemen stammen, der andere eine Sammlung non seltenen Waffen, lAiinzen und Aledaillen. Die aiiii r j.-iaua ist nächst der Vaiiouuu und der kaunmuara die bedeutenste Handschriffen-Sammlung in Italien, ihr größter Schaß ist Cionardos Codax aiianiicus. (Die größte Ceihbibliothek der Welt.) Über die größte Ceihbibliothek der Welt plaudert A. Beschoren in der Allgemeinen Buchhändlerzeitung. 6s ist die roeltbekannfe Condoner firma jluaies l.iorarv. die jährlich 500,000 bis 500,000 Bücher erroirbt, roelche sich auf 5000 Werke oerteilen. Das ist die Hälfte der jähr lichen englischen Bücherproduktion, Schulbücher und Broschüren inbegriffen. Alles, mas irgend roie Wert hat, rnird non Aludie an geschafft. Die höchsten Ziffern erreichen jedoch nicht Romane, wie man annehmen könnte. Von Croingstones „Travels in Atrka“ brauchte Aludie 2300 Exemplare, uon Stanleys „Darkest Africa“ murden sofort nach Erscheinen 3000, oon Carl Roberts „45 ycars iu Inuiu." 2500, oon Tennysons Biographie 2000 Exemplare an geschafft, obroohl die leßten beiden zroeibändig maren und hohe Preise haften. Diese Zahlen dürften den Heid manchen deutschen Verlegers erregen, der kaum so oiel Exemplare in einer Auflage j zu drucken magf, roie sie hier oon einer einzigen firma bestellt werden. Täglich gehen an 2000 Pakete, jedes 5 bis 50 Bücher ent haltend, aus dem Hause, wobei der sehr bedeutende persönliche Umtauschoerkehr und die Versorgung kleinerer Bibliotheken nicht eingerechnet sind Jn den Katakomben des Hauses sieht man ganze Straßen oon Büchern, für die kein Interesse mehr besteht. , Jn den Kellern deutscher Verleger soll es solche Straßen oon Büchern geben, für die nie Interesse bestanden hat. Heben der englischen Ceihbibliothek besteht auch eine ausländische, die Bücher in zehn Sprachen führt. Jn der deutschen Abteilung sind die Klassiker in oollständigen Ausgaben, die besten älteren und modernen Romane und die großen Geschichtsschreiber und Philo sophen oertreten, Abonnenten besißt die Bibliothek in der ganzen Welt mit Ausnahme oon Grönland, Tibet und einigen negers'taaten. (Heue Wagner briefe.) Jn Übereinstimmung mit dem Hause Wahnfried und unter Benüßung des dort im Archiu oorhandenen | Quellenmaterials bereitet Erich Kloß einen Band Wagner-Briefe I oor, die der Komponist an seine freunde und berühmte Zeit- | genossen gerichtet hat. Das Werk roird im Verlage Schuster und Coeffler (Berlin) erscheinen. Bilder. (Ein Gemälde oon Romanino entdeckt.) Jn einer Ka- ; pelle des Dorfes Villango ist ein Gemälde oon Romanino ent deckt morden. Eine Kommission der Brera in Alailand gibt dem ; funde Autorität. Das Gemälde stellt die Aladonna mit dem Kinde ' und den Heiligen Rocco, Sebastian, Hieronymus und Philastrus dar, um diese herum ist ein Kranz oon Engeln angeordnet. (Ein Bilderfund in der Alünchener Unioersität.) Jn der Alünchener Unioersität wurde in einem wenig benüßten Zim mer ein wertoolles altes Kunstwerk aufgefunden, ein Gemälde des altdeutschen Kleisters Grüneroald, datiert 1505, das die Ver spottung Christi darstellf. (Wandgemälde aus dem 15. Jahrhundert.) Bei den Renooationsarbeiten der Kirche in Bischoffingen am Kaiserstuhl I sind aus dem Ende des 15. Jahrhunderts herrührende Wand- ! gemälde zu Tage getreten, die oon neuem uon der großen Kunst pflege Zeugnis oblegen, die am Ende des 15. Jahrhunderts am Oberrhein geübt wurde. Wenn sich auch diese Bildwerke nicht mit I den oor einiger Zeit entdeckten Wandgemälden in der Augustiner kirche zu Konstanz oergleichen lassen, so beweisen sie doch, daß die Künstler, die dort während und nach dem Konstanzer Konzil tätig gewesen sind, einen weiten Einfluß ausgeübf haben. Be sonders beachtenswert ist das umsomehr, als wir es mit einem ganz kleinen Kirchlein zu tun haben, das in so sinniger Art und Weise bildnerisch geschmückt war. Die Technik erinnert zum Teil an die kolorierter Holzschnitte, und es ist nicht ausgeschlossen, daß Dielleicht der Alaler nach einer Holzschnitt-Vorlage gearbeitet hat. Wie bei andern aus dem lAittelalter stammenden Wand gemälden haben wir als Hintergrund für die Gestalten eine mit Sternen bedeckte, teppichartig wirkende Wand. Jn scharfen Um rißzeichnungen heben sich die nur leicht kolorierten Gestalten ab. Zur Darstellung gelangte, soweit die erhaltenen Reste dies er kennen lassen, einmal die Geschichte Christi, dann aber auch mancher andere lehrhafte Stoff, so besonders die Cehre oon der Hinfälligkeit und Richtigkeit der Welt, erlaufet an dem „Cebensbaum" ein Stoff, den bekanntlich auch friedrich Rückert in einem Gedicht behandelt hat. Ein geckenhafter oornehmer Alann in die auffallende, bunte, burgundische Tracht gekleidet, sißt auf einem Baum, der die Aufschrift „Welt“ trägt. Jn der Hand hält er das Cieblings- spielzeug eitler Stußer, einen falken. In die freuden der Welt oersunken, achtet er nicht auf die feindlichen Alächfe, die an der Arbeit sind, seinen Cebensbaum zu zerstören. An den Wurzeln nagen Drachen (sündige Ceidenschaften); ein Einhorn, das also hier das Symbol der Wildheit ist, stürzt auf den Stamm los; ein Ritter mit einem an einen Sarg erinnernden Schild sucht ihn mit der Axt zu fällen. Eine weiße und eine schwarze Klaus springen herbei. Durch beigeseßte Inschriften wird das alles genauer kennt lich gemacht: Die IJläuse sind Tag und nacht, der Ritter der Tod. Daß dieser in solcher Gestalt dargestellt ist, findet sich in der Kunst nicht gerade häufig. Wie alle Werke aus dem 15. Jahr hundert, so zeigen auch diese Wandmalereien die entschiedene lleigung, bei der Wiedergabe möglichst realistisch zu oerfahren. Ganz originell ist ist in dieser Hinsicht die Kreuzabnahme, (Ein Fresko oon Rodin.) Rodin, der Kleister der Plastik, wird binnen kurzem der Welt auch ein umfangreiches Freskoge- mälde uon seiner Hand schenken. Der französische Unterstaats sekretär der schönen Künste hat, wie uns aus Paris geschrieben roird, dem Künstler den Auftrag erteilt, einen der großen Säle des künftigen £ Luxemburg Aluseums, dvis in den Räumen des alten Seminars oon Saint-Sulpice seinen Plaß finden roird, mit Fresko malerei zu schmücken. Die kürzlich in Paris ausgestellten Zeichnungen und Aquarelle Rodins, die eine überraschende Verwandtschaft mit altertümlichen Wandmalereien zeigten, haben den Untersfaatssek- retär bestimmt, den berühmten Bildhauer mit dieser Aufgabe zu betrauen. (Ein Vorläufer Rembrandts.) Aus Amsterdam wird uns geschrieben: Eine interessante Studie über das Ceben und die Kunst des IKalers Thomas Hendriksz de Keyzer hat J 0. Kronig in den leßten nummern oon „Onze Kunst“ ueröffentlieht. Den Höhepunkt seiner Kunst hat dieser Kleister im Jahre 1628 erreicht, also zu einer Zeit, in welcher Rembrandt noch in den Jahren seiner Entwicklung sich befand. Aus dem genannten Jahre stammen die zwei Altarflügel in Berlin und das' Bild einer Frau in Budapest, beide übertreffen nicht nur die sämtlichen Werke seiner Zeitgenossen, sondern sie können auf eine Cinie mit Rembrandts besten Gemälden gestellt roerden Aller Wahrschein lichkeit nach sind die zwei Berliner Paneele die Seitenflügel eines Altars, dessen mittelstück einen Christus am Kreuz oorstellte, wie es die schwarzgrauen Walken des Hintergrundes oermuten lassen. Hinsichtlich der Auffassung nahm der Künstler, oon kleinen Ab weichungen abgesehen, die Primitiuen zum Vorbild; die Personen sind als Donatoren uorgesfellt, aber während ein Kleister aus dem 15. und 16. Jahrhundert die Familie durch hinter ihnen stehende Heilige dem Christus oorgestellt hätte, bricht de Keyzer mit dieser Tradition und seßt dafür Alutter und Sohn an die Stelle, ein Unterschied, der wohl dem Umstande zuzuschreiben ist, daß er als Protestant mit diesem katholischen Gebrauch nicht bekannt war. Der Klange] des mittelsfiickes macht sich fast gar nicht fühl bar, da die Personen, fraß ihrer knieenden Haltung und den ge falteten Händen, oon dem sich neben ihnen übspielenden Drama gai keine Hotiz zu nehmen scheinen. Die Handbewegung des Vaters erinnert eher an die lebhafte Gestikulation eines Schotters, aber oon wunderbarer Schönheit sind die uon Beben sprudelnden