Seite 168 Internationale Sammler-Zeitung. nummer 1] nggriresn QS] Ssl) DK] Bilöer- und Bühnenrahmen. Eine oergleichende Betrachtung oon Dr. Alexander Elster (Jena).* 'n^0gy)\.instier missen, mie schmer es ist, für ein Kunst- ' merk den richtigen Rahmen zu schaffen. Und das ist mehr als blofje Geschmackssache; es ist der Ausdruck eines tief innerlich im Kunstroerk liegenden Gesekes, und deshalb ist das Problem kein isoliertes für Bilderrahmen, sondern in gleichem JTlaf^e roirksam für jede Kunstform, in der ein Rahmen für eine Idee gesucht roird, — also für Bühnenbilder, ja sogar \ schon für die dichterisch-bildnerische Ginfassung einer dramatischen Idee. Gs ist in allen diesen fällen das gleiche Grundlegende: unter der Decke der Gr- scheinung des gemalten oder des Bühnenbildes ist die Idee roirksam geroorden; zu dieser Idee soll der Rahmen stimmen, aber auch zu der äußeren bildlichen formgebung soll der Rahmen stimmen. Diese Doppelforderung hat zu rounderlichen Auswüchsen im Bilderrahmengeschäft geführt. Ich habe da einen Katalog uor mir für künstlerischen Wandschmuck, auf dem wahre Orgien geschmacklosen Gin rahmens gefeiert roerden. fast jedes einzelne Bild hat seinen Originalrahmen, der reich oerziert ist und dessen Verzierungen die Idee des Bildes fortzuse^en bestimmt sind, für Candschaftsbilder hat man da Rahmen geroählt, die selber mit Bäumen, Blumen, Sträuchern oerziert sind, und sogar mit blühenden, obschon der Rahmen auch für eine Winterlandschaft bestimmt ist. Dieser Sonderfall sollte schon das Widersinnige solcher ITlanier zeigen, aber roeit gefehlt, scheint er nur zu noch größeren Gxkursen ins Reich des Bizarr-formlosen uerführt zu haben. Wenn oon musikalischem auf dem Bilde die Rede ist, nähert der Rahmen sich der form einer llyra, roenn das Bild uam frieden handelt, ziert den Rahmen ein Palmenzroeig usro. Das handgreiflichste des Bildes, das jeder auch ohnedies oersteht, roird auf dem Rahmen noch einmal betont. Auf dringlich ist das. Aber noch mehr: es ist auch töricht, es nimmt eine Idee des Bildes und unterstreicht sie zum Schaden der übrigen Ideen, die in dem Bilde außerdem lebendig sind. Und noch mehr: es ist geschmacklos; es zeigt die ganze Unfähigkeit, das Bildhafte durch den Rahmen heroorzukehren, es erniedrigt die darstellende Kunst, indem es einen Punkt des Bildes zum Programm punkt oergeroaltigt und die Harmonie der ganzen Kon zeption zerstört und tätet. Das Problem, einen harmonisch gestimmten Bildrahmen zu finden, ist mit solchen firle- fanzereien nur umgangen. Und deshalb sind sie eben geschmacklos. Weil sie dem Problem nicht offen ins Gesicht sehen und mit Unroahrheiten zu oerdecken suchen, roas geradeaus zu läsen oiel schmieriger ist. Gs handelt sich darum, die tiefste psychologische Bedeutung eines Bildwerkes zu erfassen, roenn es richtig gerahmt roerden soll, und dann den dieser inneren Bedeu tung entsprechenden Rahmen zu finden. Die liegt manch mal ganz roo anders, als man oon oornherein annimmt. Ich habe das z. B. mit einer Reproduktion oon Thomas Gralsburg ausprobiert. Gs roar ein Kohledruck in Blau, und ich nahm zunächst einen einfachen, nicht sehr breiten Gichenrahmen, der in dem dunkelsten blauen Ton des * Wir entnehmen diesen interessanten flufsafj dem 6. Hefte des „Kunstgeroerbeblattes“, Bildes gebeizt roar, um so den Ton, roie ich meinte, am besten fortzuseljen. Gs sah nicht schlecht aus und roar dennoch ein Irrtum; ein breiterer schwarzer Rahmen wirkte oiel besser. Warum? Vielleicht roeil das Blau der Repro duktion selber nur Rotbehelf und nicht ein Ausdruck der bildnerischen Idee selber roar. Deshalb durfte diese färbe nicht betont, sondern mufjte gedämpft roerden, um das geheimnisoolle, das sie an sich gut roiedergibt, rein heroor- treten zu lassen. Solche Grfahrungen kann man zu hun derten machen und jedesmal kann die Cösung des Problems im gegebenen fall eine andere sein, immer aber eine mit den feinsten Reaktionen künstlerischen Schaffens und Ge- nieijens zusammenhängende. Die Idee eines Bildes durch den Rahmen fortzusefjen, ist also unter allen Umständen ein Unding. Gs kann sich nur darum handeln, den bild nerischen Gindruck durch den Rahmen zu heben, impressio nistisch das fortzuset3en, roas das Bild an 5chauwerten der form und färbe — nicht der Idee gibt. Gleiche künstlerische Sätje gelten für das Problem des Bühnenrahmens — und deshalb seien ein paar Betrach tungen darüber hier angefügt. Das Objekt oerlangt natür lich ein paar ITlodifikationen, aber im wesentlichen gelten keine anderen Gesetje. Schon roenn der dramatische Dichter einen geeigneten Rahmen für seine dramatische Idee sucht, so braucht er oftmals nicht einen solchen, der gerade dieser Idee adäquat ist, oielmehr einen, der in gewissem Kontrast zu ihr steht, damit die Idee sich umso reiner und kräftiger abheben könne. Insbesondere aber, roenn er form und färbe, das schauspielhafte Gewand der Idee gefunden hat, mufj der Bühnenrahmen ganz diesem Geroande des Kunst werkes, dieser form und färbe, diesem Stil angepafjt roerden, ohne irgendeine unmittelbare Beziehung zur Idee des Dramas. Das ist auch der tiefere Grund des Problems einer Shakespearebühne, der frage nämlich, wie weit für gewisse Werke eine dekorationsarme Bühne, eine nur andeutende Reliefbühne am Platte ist. Diese an zwei so oerschiedenartigen Punkten künstlerischer Technik zutage tretende Grkenntnis ist für kunstgeroerbliches Schaffen nicht ohne Bedeutung. Den inneren Stil eines Kunstwerkes, sei es Dichtung, sei es Bild, zu betonen, ist geraifj nicht leicht, aber es ist ein wesentliches Glied künstlerischer, das heiljt harmonischer Wirkung. Warum Shakespeares Dramen, die für eine einfachere Bühne oerfafjt sind, eine solche immer wieder oerlangen, das liegt in ihrem Stil, ihrer dramatischen Technik begründet, während die Idee oft genug — etroa im Hamlet, ITlacbeth — die denkbar modernste ist und ebensowohl oon glänzendstem szenischem Prunk eingerahmt roerden könnte, ohne unharmonisch zu wirken. Diese Grkenntnis, dafj es auf den oerschiedensten künstlerischen Gebieten einheitliche Gesetje selbst dort gibt, roo man sie nie oermutete, ist nicht uninteressant. Dafj man einen Garten einrahmt nicht nach seiner „Idee“, sondern nach seinem Stil, seiner form und Gestaltung, ist nichts neues; aber bemerkensroert ist es, dafj diese gleichen Gesetje auch dort gelten, roo die Idee scheinbar das über mächtig Herrschende ist. IRan ersieht daraus wieder, wie in bildnerischen Dingen eben die Schauroerte über die fein sinnigsten ideellen Beziehungen triumphieren.