Seite 184 Internationale Sammler -Zeitung. riummer 12 sind teuer, ihre Anschaffung würde millionen erfordern. Klag aber dies alles noch hingehen; ich fürchte nur, derjenige Teil der Brief schreiber, der keinen Apparat besiljt — und dies tuerden immer hin 95 u. H. sein — wird die Unbequemlichkeit bald satt be kommen, denn diese Teufe mürden jedesmal erst ein Wirtshaus, eine Poststelle, auf dem Tande den Gemeindeuorsteher oder das Schulhaus aufsuchen müssen. Und mie uiele Briefe werden spät abends oder nachts geschrieben, die mit den Mhzügen abgehen sollen? Dann müfjte doch in der llacht einer dieser glücklichen Stempelbesiker behelligt oder gar aus dem Schlafe gerueckt coerden. Auch diese roenigen ITlitmenschen würden wohl mit der neuen Ginrichfung unzufrieden werden! Aber wir könnten oielleicht automatisch kassierende öffent liche Briefkasten einführen, die nur dann einen Brief aufnehmen, wenn zugleich auch an dem Ginwurfe die für die frankierung nötige münze eingelegt wird. Diese Briefkasten könnten auch die eingelegten Briefe abstempeln. Dies hört sich alles so einfach an, dafj es den Haien, die sich über das weitere Wie und Wo kein Kopfzerbrechen machen, wohl einleuchfen könnte, wenn man an solchen Wunderapparaten die Gnfbehrlichkeit der Briefmarken zu beweisen sucht. Aber ein solcher Briefkastenautomat ist doch immer ein unuernünftiges Wesen und wird kaum imstande sein, zwischen einfachen und doppelten, zwischen Orts, Tandes- und Ausländs briefen zu unterscheiden, und wie er sich zu den uerschiedenen lllünzen und falschmünzen uerhalten sollte, würde wohl noch ein angestrengtes llachdenken unserer ITlechaniker erfordern, für unfrankierte und portofreie Briefe, wie für dicke umfangreiche Briefe, Drucksachen und Warenproben müßten ja immer noch andere Briefkasten uorhanden sein, wenn es dann noch Briefmarken geben sollte; anderenfalls müßten sie erst freigestempelt werden. Brief kasten mit Geldinhalt würden willkommene Angriffsgegenstände für Diebe sein, und da die Post nicht neben jeden Kasten eine Schildwache stellen kann, wären Beraubungen an der Tagesordnung. Überhaupt wird bei allen bekannt gewordenen Vorschlägen auf die Schattenseite der menschlichen Gemütsart, auf die lleigung, dem Reichssäckelmeister gelegentlich eins auszuwischen, zu wenig Rücksicht genommen. Und doch würden frankostempel und auto matische Briefkästen zu Betrügereien Anlafj und Gelegenheit geben, gegen die die Post in oielen fällen wehrlos dastünde. Die in großer Anzahl bei Prioaten im Verkehr befindlichen Stempel könnten nachgeahmt, oder aus den echten Apparaten könnte die Sperr- uorrichfung, die nur eine beschränkte Zahl oon Stempeln zuläfjt, gelöst werden, und es wäre dann eine Tust, frankoabstempelungen oorzunehmen, für die die Post niemals Bezahlung erhielte. Und wenn die Briefkasfeneinrichtung plötjlich uersagfe? Kurz, überall ein Heer Don Zweifel und möglichkeifen, und das Unbehagen, keine ausreichende Kontrolle führen zu können, Jeljt übersieht der geübte Beamte mit einem kurzen Blick auf die marke und ihre färbe, ob das oerwendete frankierungszeichen echt und die fran kierung richtig ist. Wir haben es ja auch im Weltpostoerkehr so weit gebracht, dafj die Hauptmarken in den meisten Tändern grün, rot und blau ausgegeben werden, so dafj man schon an der färbe den Wert der Hlarke erkennt. Wie bei der Barfrankierung die Prüfung der Gchtheit und Gültigkeit der frankostempel auch geschieht, so einfach und sicher wie bei Briefmarken können sie nicht sein. Worin sollen nun die Vorteile der Barfrankierung liegen, die die Briefauflieferung zu einer solchen Haupt- und Staatsaktion macht? Die Post hätte nur niehrkosten, unnütze Weiterungen und Unsicherheiten zu erwarten. Wenn es in oereinzelten fällen, wenn etwa gerade der markenoorrat ausgegangen ist, auch bequem wäre, den Brief ohne marke mit dem Geldstück in den Kasten legen zu können: für gewöhnlich wird der Absender seinen Brief lieber zu Hause mit der freimarke postfertig machen; er kann dann jedes Kind damit zum Briefkasten schicken. Das einzige, was an den krausen Plänen der Barfrankierung erwägenswert erscheint, ist die frankierung oon JTlassenauflieferungen durch Postbeamte mit Stempelapparaten, wie die Bayern es jetjt oer- suchen. Solche Stempelapparate könnten oielleicht bei grofjen Postämtern mit starkem Drucksachenoerkehr, bei Totteriebriefen usw. gute Dienste tun. ITlan sollte aber die Vorteile dieses Verfahrens nicht überschätzen: jedenfalls sind die in anderen Tändern damit gemachten Grfahrungen nicht gerade ermutigend, Gewifj ist für Geschäftsleute, die Hunderte und Tausende oon Briefen oder Druck sachen auf einmal aufliefern, eine Grleichterung darin zu erblicken, wenn ihnen die Stempelmaschine die Arbeit des ITlarkenklebens abnimmt. Aber das Ordnen und Zählen und das Warten auf dem Postamfe bei den fesfstellungen erfordert annähernd ebensooiel Zeit, wie bei frankierung mit marken. Die Sendungen nach dem Auslande müßten oorher ausgeschieden werden, weil im Weltpost oerkehr die frankierung mit marken oorgeschrieben ist. Dafj die Post aber durch die Barfrankierung mehr Arbeit erhielte, kann nicht zweifelhaft sein. Die Kontrolle ist umständlich und zeitraubend. Jeder Brief ist ein Zahlungsgegenstand; der Beamle mufj die oom Absender angegebene Stückzahl nachprüfen, ein anderer die Kon trolle führen, überhaupt müfjte der ganze Hergang bis zur Ab sendung unter strenge Aufsicht gestellt werden; denn nachher hört jede Prüfung auf. Gs wird jetjt allgemein dahin gedrängt, die Post solle ihren Betrieb oereinfachen und, mie es die Gngländer und Amerikaner machen, die Teufe mehr zur ITtitarbeit heranziehen. Um mit dem ungeheuren ITlassenoerkehr fertig zu werden, hat die Post in der lefjten Zeit ihren Betriebsdienst geradezu radikal oereinfachen und auf Hachweise oerzichten müssen, ohne die man oor zehn oder zwanzig Jahren geglaubt hätte, es würde alles drunter und drüber gehen, ln diese Bewegung würde meines Crachtens das Barfrankierungsoerfahren schlecht passen. Wir können ja die Grfahrungen der bayrischen Posfoermaltung abwarten; aber etwas einfacheres und Sichereres als die Briefmarke kann ich mir für die frankouerrechnung wirklich nicht gut denken. G. IT * Zu den Versuchen, die jetjt in Bayern gemacht werden, die Briefmarken abzuschaffen und Stempelapparate einzuführen, ist zu bemerken: Die österreichische Posfoermaltung ist nicht geneigt, sich diesen Versuchen anzuschliefjen. Dagegen hat Öster reich sich nach Heuseeland gewendet um sich oon diesem Staate einige der dort schon seit zwei Jahren in Gebrauch stehenden Abstempelungs-Automaten kommen zu lassen. Cine Beschreibung dieser Apparate, die sich sehr bewähren sollen, haben mir bereits in der Hummer 15 des oorigen Jahrganges gegeben. Die oan der Post leihweise an grofje Geschäftshäuser abgegebenen Apparate enthalten eine Vorrichtung, in die man die Briefe hineinwirft. Der Briefträger hebt sie nach Übereinkommen aus, nachdem sie sich im Apparate selbst gespempelt haben; ein Zähler nach Art der Gas- oder Wassermesser zeigt an, welchen Betrag der Absender bei Aushebung zu entrichten hat. Dieser Apparat macht die marken nicht überflüssig. Hach mie oor werden sie auch in Österreich in Geltung bleiben, da diese Abstempelung nur für ITlassenscndungeii über 500 Stück berechnet ist. OSII