Seife 274 Inf er nationale Sammler-Zeitung. schuh“ eine chalkographische Uleisterleistung ersten Ranges geliefert hat. Der' Dresdener Friedrich PRiiller brachte mit seinem Stiche der Sixtinischen ITladonna, den er leider nur nach der ungenügenden Zeichnung einer mittelmäßigen ]Tlalerin ausführen konnte, sein halbes leben zu. ebenso haben Josef oan Keller dem prächtigen Stiche nach Raffaels „Dispufä“, Professor louis Jacaby, lllandels Schüler, dem schönen Stiche nach Raffaels „Schule non Athen“, Professor Güstau Cilers dem uorzüglichen Stiche nach Tizians „Zins groschen“ und Johann Burger den trefflichen Stichen nach Guido Renis „Aurora“, dem berühmten Deckengemälde im Palazzo Rospigliosi zu Rom, und nach Raffaels „Uladanna della Sedia“ Diele Jahre geopfert. Dieser kolossale Auf wand non Zeit erklärt zur Genüge, warum Kupferstiche so teuer sind und nur in zahlungskräftigen Kreisen des Volkes Verbreitung finden, Von der llJühsamkeit der Technik oermögen Worte kaum ein anschauliches Bild zu geben. Des Kupferstechers Arbeitsfeld ist die Kupferplatte, früher wurden solche Platten in gleichmäßiger Struktur durch Walzen und Häm mern hergestellt, seit einigen Jahrzehnten noch besser durch galoanischen Riederschlag. Sorglich überträgt da der Stecher die oon dem Gemälde genommene Zeichnung auf die glatt geschliffene fläche der Kupferplatte, um alsdann diese Über tragung mit der kalten Radel leicht einzurißen oder mittels eines Aßwassers zu fixieren. Rach Vollendung dieser Vor arbeit greift er zum stählernen Grabstichel, Und nun gräbt er mit freier Hand in das Kupfer seine Taillen, parallele Pinien, Punkte und Kreuzschattierungen, wobei sich «or der Schneide des Stichels die ausgehobene Kupfermasse aufrollt. Die nun als Grat oder Bart bezeichnete Rauhigkeit an den Rändern der Taille entfernt er uorsichtig mit einem Schabeisen. So seßt selber Pinie für Pinie, gerade und gebogene, tiefe und flache, breite und schmale, zarte und kräftige, gleichmäßig «erlaufende und allmählich anschwel lende in engeren oder auch in weiteren Abständen hin, wie es ihm eben zur genauen Charakterisierung des Stoff lichen und der färbe notwendig erscheint. Verzichtet er auf Kreuzschraffierung, so begnügt er sich, um die Rundung der Gestalten heroorzubringen, mit dem Anschwellen der Cinien. Immer hält er bei seinem mühseligen Vorgehen daran fest, daß auf der Reßhaut des Beschauers eine Rlischung non Schwarz und Weiß stattfinden muß, jedoch nicht in dem RJaße, um zu uöllig gleichmäßigem Tone zu oerschmimmen und die figenart des Cinienstiches, die Cinien und Punkte, zu «erwischen. So erfordert die Arbeit des Stechers eine erstaun liche Sicherheit der Hand, zumal fehler aus der Platte schwer zu entfernen sind. Rur durch langjährige Übung läßt sich diese Sicherheit g.-winnen. Aber noch notwen diger ist, daß die Hand geleitet wird «an einem feinen künstlerischen Geiste. Cs muß der Stecher, falls etwas Großes entstehen soll, dem IRaler des Bildes nach empfinden können. Ist die Kupferplafte gestochen, so ge langt sie zur Druckerei, Hier wird sie mit schwarzer färbe, die durch zähes Öl eine gewisse Konsistenz erhalten hat, sorgfältig eingefärbt, alsdann sauber abgewischt, so daß die färbe nur in den «ertieften Cinien und Punkten stehen bleibt, ferner bis zu einem gewissen Grade erwärmt und nun mit dem angefeuchteten, stark gebürsteten weißen Kupferdruckbogen oder dem gelblich-braunen, sehr wider standsfähigen Chinabogen belegt, um sofort durch die Walzen der Handpresse geschickt zu werden. Rach dem Gange durch die Walzen wird der Bogen «orsichtig abge hoben, zwischen Pappen in der Trockenkammer getrocknet, zum Schluß geglättet, genau durchgesehen und, sofern er tadellos ist, für «erlagsmäßig erklärt. Was die Arbeit des Druckers ungemein erschwert, ist die Rotwendigkeit, die Platte für jeden Abzug neu einzufärben. Rümmer 18 Cs leuchtet ein, daß die Platte um so mehr abnüßt, je häufiger sie durch die Walzen gesandt wird, also je mehr Abzüge «on ihr genommen werden. Daher die Kupfer- platte, um sie zu schonen, auf galoanischem Wege mit einer sehr dünnen Stahlschicht überzogen, mithin „oer stählt“ wird. Aber mehr noch: «on der Originalkupfer platte werden auf galoanischem Wege kupferne Platten kopien hergestellt, so daß sich mit ihnen an Stehle der Originalplatte «iele tausende Blätter abdrucken und in den Handel bringen lassen. natürlich erweisen sich die frühdrucke «on der noch im besten Zustande befindlichen Originalplatte als die besten, mögen auch die ersten Abzüge noch etwas rauh sein. Sammler seßen in den Besiß «on friihdrucken ihren Stolz, wie sie denn auch den Stich materiell für um so mertooller halten, je weniger Abdrücke oon ihm existieren. Die Zahl der frühdrucke ist nach einem oom Deutschen Kunstoerleger-Verein schon «or anderthalb Jahrzehnten festgeseßten Übereinkommen auf fünfhundert bemessen. Zu diesen friihdrucken gehören fünfundzwanzig con der unuerstählten Originalplatte genommene Remarquedrucke und dann die sogenannten künstlerdrucke oder e'preuoes d’artiste und die als „Aoant la lettre“ bezeichneten Drucke oor der Schrift, für die Remarquedrucke pflegt der Kupfer stecher auf dem Rande der Kupferplatte eine hübsch ersonnene Rtarke zu stechen, die nach dem Abzüge der fünfundzwanzig Drucke abgeschliffen wird. Künstlerdrucke sind ebenfalls in irgend einer Weise gekennzeichnet, oft dadurch, daß ein Knopf, ein Ring, eine Perle oder über haupt ein kleiner, wenig auffälliger Gegenstand im Sujet weiß gelassen oder nur leicht schattiert ist. Dieses ITlerk- zeichen weisen Drucke «or der Schrift nicht mehr auf, weil es der Stecher beseitigt hat; sie sind einfach dadurch legitimiert, daß sie noch keine Unterschrift besißen. Cine weitere Pegitimation für alle fünfhundert frühdrucke besteht noch darin, daß sie nach ihrer Reihenfolge durch den Deutschen Kunstuerleger-Verein abgestempelt werden. Sind die drei Gattungen der frühdrucke abgezogen, so sticht der Stecher in den Plattenrand die Unterschrift. Cs lassen sich dann in beliebiger Zahl die Drucke mit Schrift ab- ziehen. Da diese naturgemäß erheblich billiger als die frühdrucke sind, so wenden sie sich weniger an die begü terten Piebhaber, als an jene breite lllasse des Publikums, die ihrer Kunstfreudigkeit nur beschränktere Opfer darzu bringen oermag. Der Pinienstich trägt, sofern ein bewährter Kleister den Grabstichel geführt hat, ein edles, großes, monumen tales Gepräge. Seit Dürers Zeit bis auf unsere Tage ist Großes in ihm geleistet morden, für Werke klassischer Kunst, deren Bedeutung nicht ausschließlich in einem nuancen reichen Kolorit, sondern ebensosehr in der Zeichnung liegt, ist er ein adäquates künstlerisches Überseßungsmittel, wie es schöner nicht gedacht werden kann. Cs ist jammer schade, daß sich die Teilnahme des Publikums «on ihm abwendet und hiemit seine Pflege unter den Vertretern der graphischen Kunst nachläßt. Die allgemeine Gunst hat sich der Radierung zuge wandt. Die Radierung entspricht dem modernen kolo ristischen empfinden. Sie oermag sich freier, ungezwungener und malerischer zu ergehen, den mystischen Kampf zwischen Picht und Dunkel trefflich zu schildern, den strahlenden Glanz des Sonnenlichtes und das Gewoge der Schatten massen mit «ollem bestrickenden Reiz unserem empfinden zu übermitteln, die unzähligen feinheiten des Kolorits, die Cigenart der Pinselführung, das Intime des Gemäldes wieder zugeben und dabei die subjektioe Auffassung und künst lerische fähigkeif des Rleisters, welcher die Radiernadel führt, zum Ausdruck kommen zu lassen, lind noch mehr: in der form der Original- oder RJalerradierung gestatte