Rümmer 18 Internationale Sammler-Zeitung. Seite 275 sie dem Uleister seine künstlerischen Gedanken roie eine Improuisation auf die Platte zu werfen und sie in frischer Unmittelbarkeit zu offenbaren. Rembrandf, der gröfjte aller Alalerradierer hat gezeigt, bis zu roelcher packender Wirkung diese Kunst zu steigern ist. Seine Blätter werden mit Gold aufgemogen. für seine Radierung „Heilung der Kranken“, besser unter dem Flamen „Hundertguldenblatt“ bekannt, sind schon mehr als 1200 Pfund Sterling bezahlt worden. 3a, eine seiner allerseltensten Radierungen, das Bildnis des Adriaen oan Toll, hat sogar einen Piebhaber- preis non 1540 Pfund erzielt. Die Technik der Radierung ist erheblich einfacher und daher weniger zeitraubend als die des Kupferstiches, Das mühsame Arbeiten mit dem Grabstichel fällt fort, denn die Radierung wird in die Kupferplatte geäfft. Zunächst wird die Kupferplatte erhitzt und mit einem aus Wachs, FRastix, Kolophonium und Asphalt bestehenden firnis dünn überzogen. Das ist der sogenannte Abgrund, der nach seiner Erhärtung über der Kerzenflamme geschwärzt wird. Ist das geschehen, so zeichnet der Radierer seine Dar stellung mit einer Stahlnadel wie mit einem Bleistift in den Afjgrund, indem er mit der Stahlspitje bis zur Platte oordringt, ohne diese zu oerletjen. Rach Vollendung der Zeichnung umgibt er die Platte mit einem Rande non Wachs und giefjt auf die Fläche Scheidewasser oder oer dünnte Salpetersäure. Überall, wo die Kupferplatte durch die Pinien und Punkte der Zeichnung blofjgelegt ist, wird sie oom Abwasser angegriffen, und in entsprechenden Pinien und Punkten oertieft. Ist die hellste Partie der Platte genug geätjt, so wird das Abwasser abgegossen, die Platte gewaschen und die Partie, welche fernerhin oan der Wirkung des Abwassers geschützt bleiben soll, mit neuem ?irnis gedeckt; diese Prozedur des Aufgiefjens, Ab waschens und des Deekens wird so oft wiederholt, bis alle zur schönen Gesamtwirkung der Radierung notwen digen Tonabstufungen erreicht sind. FRehrfache Probe abzüge während des Atjens geben dem Radierer über das fortschreiten seiner Arbeit Aufschlufj. Sammlern sind solche J Probedrucke erstrebenswertestes Gut. Das Drucken oon der fertig radierten Platte unter scheidet sich oon dem der gestochenen nur dadurch, dafj sich das Ginfärben mit größerer freiheit oornehmen läfjt; der Drucker kann durch Stehenlassen des Tones in gewissen flächen, scharfes Wegwischen der färbe in den Pichfern und pastoses Aufträgen in den Schatten den Effekt des Blattes erheblich steigern. Rembrandf, selbst Drucker seiner Radierungen, hat alle diese finessen gekannt und geübt. Jn der modernen Zeit uerfährf man ähnlich. Ins besondere haben die Engländer mit den tauigen Drucken prächtige Wirkung erzielt. Jetjt ringen mit ihnen um die Palme Amerikaner, franzosen und Deutsche. Wie beim Kupferstich, so gibt es bei der Radierung auch drei Arten oon frühdrucken. Englische Radierer pflegen gern den Brauch, oon der Platte nur ein- oder zweihundert Abzüge zu nehmen und auf diese subskribieren zu lassen. Jeder Subskribent erhält mit dem Abzüge, der zehn oder zwanzig Pfund kosten mag, ein Stück der Kupferplatte — als ein Zeichen, dafj diese zerschnitten ist und zu weiteren Abzügen nicht mehr benütjf werden kann. So darf es nicht wundernehmen, dafj die Wert- schätjung der Radierung unter den modernen Kunstfreunden sehr erheblich gewachsen ist und die Zahl der Radierer eine starke Zunahme erfahren hat. Ein fTlüstersrhreiber aus dem Jahre 16Z7. Vom kaiserlichen Rat Johann Schtuerdfner (Wien). ■ ie Kalligraphie oder Schönschreibekunst ist in unserer Zeit, sage seif 40 Jahren, arg oernach- lässigf morden, ln der Hälfte des oorigen Jahr hunderts waren Kalligraphen und Kupferstecher in Wien, welche sich um ihre Kunst bemühten und sie in Vorschriftwerken allgemein zugänglich machten, freilich bemühten sich auch die Schul lehrer damals noch, diese Kunst ihren Schülern beizubringen. Bei Errichtung der Ober-Real schulen wurden für die Erlernung der Schönschrift Kalligraphen ersten Ranges angesfellf. Heroorragende Peisfungen auf diesem Gebiete lieferten die Kalligraphen Kurka, Greiner und Klaps, welche die Vorlagen der Engländer Tomkins und Champion (1771 bis 1790) in ihrer unerreichten Schönheit nachzuahmen strebten. Kurka war selbst Kupferstecher und hat in mindestens zweihundert Blättern Vorlagen aller Schrift gattungen geliefert. Er beschränkte sich nicht darauf, blolj Schriftarten in schönen Alphabeten zu schreiben und zu stechen, sondern er lieferte autjer den formen, Winke, wie man Buchstaben mit Ornamenten oerzieren könne, ohne der Deutlichkeit Eintrag zu tun. Ja, er ging noch weiter und zeigte, wie man Schriften oerschiedener Gattung zu einem Tableau oereinigen könne. Geradezu unerschöpflich war er im Erfinden neuer Kombinationen und Schattierungen der Buchstaben und des Untergrundes. Von den beiden anderen Kalligraphen Greiner und Klaps sind nur einige Vorschriften erschienen; die oon dem heroarragenden Kupferstecher Wiedemann gestochen wurden. Auch Wiede mann ging in seiner Visitkarfenschrift dem Engländer Tomkins in seinen schönen formen der englischen Schrift nach. Ihm folgte der Kupferstecher friedf. Beide haben den Stich der Schrift auf den Banknoten geleistet. Pitho- graphen und Kalligraphen haben in dieser Zeit sich gegen seitig in der Schönschrift überboten und manches Titelblatt eines Piedes oder Walzers gibt Zeugnis oon dem Geschmacke der Zeit. Der Weg des Phantastischen hat jedoch zu Aus artungen geführt, welche die Kalligraphie in IRifjkredif ge bracht haben, merkwürdig war, dafj beinahe alle kalli graphischen Arbeiten nicht mehr oon Berufskalligraphen, sondern oon angestellten Beamten gemacht wurden, die einen Rebenermerb suchten. Einige oon ihnen haben sich einen Ramen erworben. Damals wie heute noch, werden kalligraphische Arbeiten gesucht und ausgeführt bei der Erzeugung oon Wappenbriefen, Adressen und Jubiläumsgeschenken, für|Dip- lome oon Gemeinden und Vereine, für Ehrenmitglieder usw. Es können sich also Berufs-Schönschreiber noch immer durch ihre Kunst erhalten. Es gibt aber nur wenig Rachwuchs, nur wenige, die die Pust und die Geduld schon in der Schule lernen, sich mit Schönschreiben zu befassen. Die Pehrer in den heutigen Volks- und Bürger schulen sind längst keine Schönschreiber mehr, und scheuen meist auch die IRühe, die Kinder zum Schönschreiben an-